Das undurchsichtige «System Wirtschaftskammer» und der HEV
10.06.2021 RegionDas Gericht hat gesprochen, das Urteil ist gefällt. Regierungsrat Thomas Weber und Kiga-Chef Thomas Keller sind freigesprochen. Gut so! Offen bleiben aber die eher heiklen Fragen bezüglich der Rolle des «Systems Wirtschaftskammer». War es nicht gerade jene ...
Das Gericht hat gesprochen, das Urteil ist gefällt. Regierungsrat Thomas Weber und Kiga-Chef Thomas Keller sind freigesprochen. Gut so! Offen bleiben aber die eher heiklen Fragen bezüglich der Rolle des «Systems Wirtschaftskammer». War es nicht gerade jene Dachorganisation, die durch zu hohe Geldforderungen an den Kanton das «Chaos» angerichtet und den ganzen Prozess überhaupt ins Rollen gebracht hat?
Doch wer kennt das System Wirtschaftskammer? Wer hat bei dieser Ansammlung von Firmen, Aktiengesellschaften, Tochterfirmen, Stiftungen, Kassen, Verbänden und so weiter den Überblick über die ganzen Geschäftstätigkeiten, Querverbindungen und Finanzströme dieses Konglomerats? Die Antwort ist einfach: Schlicht niemand – ausser des fast im «Adelsstand» agierenden Direktors. Das «System» ist ja keineswegs neu, sondern wird seit Jahrzehnten so praktiziert! Interventionen zur Verbesserung einer durchschaubaren Rechnungsführung innerhalb des Hauseigentümerverbands Baselland (HEV BL) wurden in den Wind ge- schlagen … Wer will sich schon mit einer Organisation anlegen, deren Direktor seit Jahren als sechster Regierungsrat bezeichnet und fast wie ein «Papst» als unfehlbar behandelt wird?
Wenn ein Zeuge vor Gericht aussagt, dass er für die Baustellenkontrollen wohl von einer Tochter der Wirtschaftskammer angestellt ist, seine dazu benötigte Infrastruktur ihm aber von einer anderen Tochterfirma zur Verfügung gestellt wird, so zeigt dies auf, wie undurchsichtig und verschachtelt die ganze Angelegenheit ist.
Auch der HEV BL ist Teil des «Systems Wirtschaftskammer». Kantonalpräsident ist der Direktor. Wieso werden in unserem kantonalen Dachverband HEV BL unter einem Dach zwei Geschäftsstellen, zwei Rechnungen und zwei Revisionsstellen geführt? Den einen Teil der Geschäfte wickelt man über die ordentliche, von den Delegierten kontrollierte Rechnung ab und einen nicht unbedeutenden anderen Teil über die sogenannte Sonderrechnung. Über die mit separaten Beiträgen alimentierte Sonderrechnung kann der nach dem Gusto des Präsidiums eingesetzte Verwaltungsrat (auf Antrag des Kantonalvorstands und fernab jeglicher Einsicht durch die Delegierten) praktisch im Alleingang verfügen! Dabei geht es nicht bloss um wenige Franken, sondern um sechsstellige Summen.
Diesem wohldurchdachten und undurchsichtigen Zustand haben nun die Mitglieder des HEV Waldenburg anlässlich der Generalversammlung bereits im Mai – also vor der Gerichtsverhandlung – einen Riegel geschoben und diese «Sonderrechnung des HEV BL» mit grosser Mehrheit aus den Statuten der Sektion gekippt. Die Begründung, dass diese Intransparenz der finanziellen Kompetenzen des HEV BL endlich beendet werden muss, hat zumindest die Mitglieder des HEV Waldenburg überzeugt. Man kann gespannt sein, wie die anderen HEV-Sektionen im Kanton Baselland darauf reagieren werden. Offenbar hat eine grosse Sektion den Austritt aus der kantonalen Dachorganisation bereits vollzogen. Ob dies der Grund war? Der Schaden ist nun angerichtet. Zurück bleiben ein freigesprochener, «angeschlagener» Regierungsrat und ein ebenfalls kurz vor der Pension stehender «angeschlagener» Chefbeamter. Derjenige, der oder diejenigen, die wegen zu hoher Forderungen an den Kanton die Angelegenheit letztlich ins Rollen brachten, werden in ihren Organisation(en) weiter agieren und die ganze Angelegenheit mit einem Lächeln wegstecken. Kontrolliert werden können diese ja ohnehin praktisch nicht, weil niemand den Durchblick, die Kompetenz, das Interesse, den Mut und den Willen hat, dieses für Aussenstehende wohl undurchschaubare Gebilde zu ändern.
Wird dies so bleiben? Oder bewahrheitet sich das alte Sprichwort «Wenn’s lange genug regnet, werden auch mehrere nass.»?
Besorgte Hauseigentümer und Mitglieder des HEV Waldenburg: Ruedi Bolliger (Ziefen), Paul Hug (Ziefen), Ueli Moser (Ziefen), Kurt Vogt (Hölstein), René Vogt (Waldenburg)