Barbara Saladin

Es war eine Sensation: Während Arbeiten am Wasserleitungsnetz wurde im Jahr 2016 vor dem Restaurant Salmeck mitten in Augst ein Bleisarg aus der Römerzeit gefunden. Denn dort befindet sich ein Gräberfeld, wo unzählige Bürger Augusta Rauricas einst die letzte Ruhe fanden.

In der Zwischenzeit haben zahlreiche Wissenschaftlerinnen den Sarg mit Leiche eingehend untersucht und eine Fülle von Informationen zusammengetragen – neben dem ungefähren Alter der Römerin auch deren Ernährung (proteinreich), den sozialen Status (gehoben) und den vermuteten Grund, weshalb sie starb (Karies).

Seit Ende März präsentiert die Sonderausstellung «Unter der Lupe. Einer römischen Lebensgeschichte auf der Spur» im Römermuseum von Augusta Raurica nicht nur den Sarg mit Knochen und Grabbeigaben, sondern sie zeigt auch die Fülle von Arbeiten auf, die für die vielen mittlerweile gewonnenen Erkenntnisse nötig waren. Da ist einerseits die aufwendige Bergung aus der Erde, in welche die Dame der römischen High Society vor rund 1700 Jahren in ihrem Bleisarg gelegt worden war.

Um die Erneuerungen am Wasserleitungsnetz im Hier und Heute nicht länger als unbedingt nötig zu unterbrechen, wurde eine sogenannte Blockbergung getätigt. Das heisst, es wurde eine Holzkiste um den Bleisarg herum gebaut und diese dann zwischen den neuzeitlichen Leitungsgräben und Häuserfundamenten sorgfältig hochgehoben und abtransportiert.

Eine Leiche, viele Fachleute
An den umfassenden Untersuchungen waren zahlreiche Forscherinnen und Wissenschaftler involviert. Nach der Freilegung reisten verschiedene Fundstücke in Labors im In- und Ausland, wo sich Spezialisten an die Detektivarbeit machten: Anthropologen untersuchten das Skelett, Geoarchäologen gingen der Leichenverwesung und den Sedimenten nach, Paläoparasitologen erforschten die Parasiten im Sarg und vieles mehr. Alles wurde untersucht – von den Textilfragmenten über die Insektenreste im Sarg bis zu den Mikroorganismen im Zahnstein. Was die Experten fanden, war eine Unmenge an Puzzleteilchen, die ein relativ exaktes Bild jener wohlhabenden, 44- bis 50-jährigen, kränklichen Römerin abgeben, die um 300 n. Chr. westlich von Augusta Raurica bestattet wurde.

«Es war uns ein Bedürfnis zu zeigen, wie viele Leute an einer solchen Sache arbeiten und was sie dabei tun», sagt Lilian Raselli, Leiterin des Museums Augusta Raurica. So kann man in der Ausstellung neben den Artefakten nicht nur Fotos ansehen und Informationen lesen, sondern den Beteiligten mittels Audiostation zuhören, welche Aufgaben erledigt werden mussten und was man wie herausfinden konnte. Eine kurzweilige Reise also in die Welt der Wissenschaft – und dank der fachübergreifenden Zusammenarbeit auch eine Zeitreise direkt in die Römerzeit. Faszinierend, wie sich ein Leben mittels kleinster Farbtöne, Fasern und DNA Jahrtausende später rekonstruieren lässt.

So lebt die reiche Römerin von der Augster Hauptstrasse irgendwie auch heute noch ein bisschen in dieser Ausstellung – und auch dies wieder dank verschiedener Fachleute, von der Grafikerin über den Techniker bis zur Kulturvermittlerin. Diese nämlich konzipierten und gestalteten die spannende Ausstellung, die zeigt, dass überall, aber auch wirklich überall Information drinsteckt. Man muss nur wissen, wie man sie suchen und deuten muss.

«Unter der Lupe. Einer römischen Lebensgeschichte auf der Spur.» Museum Augusta Raurica, Giebenacherstrasse 7, Augst. Die Sonderausstellung dauert bis Dezember kommenden Jahres. www.augustaraurica.ch

Wie man ein Skelett zum Reden bringt

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