Ein Tennisplatz direkt neben der Kirche – unvorstellbar
22.04.2021 RegionDer erste Tennisplatz in Gelterkinden wurde eigentlich für die «besseren Töchter aus dem Welschland» gebaut, die im Internat Tanneck zur Schule gingen. Der Internatsleiter Alfred Lenk fand, ein Internat mit eigenem Tennisplatz würde sich gut machen und initiierte den Bau ...
Der erste Tennisplatz in Gelterkinden wurde eigentlich für die «besseren Töchter aus dem Welschland» gebaut, die im Internat Tanneck zur Schule gingen. Der Internatsleiter Alfred Lenk fand, ein Internat mit eigenem Tennisplatz würde sich gut machen und initiierte den Bau eines Platzes neben der heutigen katholischen Kirche. Doch auch im Dorf wuchs bald das Interesse am Tennis. Die Geschichte des TC Gelterkinden.
Im August 1926 wurde im ehemaligen Restaurant Hofmatt der Tennisclub Gelterkinden gegründet. Eingeladen zur Gründungsversammlung wurden wichtige Damen und Herren aus dem Dorf, darunter auch Kunstmaler Fritz Pümpin und Paul Hofer, damaliger Direktor der Schuhfabrik Bally Gelterkinden. Vor der Gründungsversammlung wurde um Diskretion gebeten. Hofer wurde bald auch Präsident des Clubs und blieb das vier Jahre lang. Die Firma Bally fand schon damals, dass Bewegung wichtig ist.
Am Anfang zählte der Club nur ein Dutzend Mitglieder. Nicht jeder wurde aufgenommen und nicht jeder konnte es sich leisten. Wie Protokollen aus dem Jahr 1931 zu entnehmen ist, kostete der Eintritt in den Club 25 Franken, der Monatsbeitrag lag bei drei Franken. Mit diesen Beiträgen konnte die Platzmiete bezahlt werden. Tennis gespielt wurde vor allem am Wochenende. Bereits wenige Jahre nach der Gründung wurden Freundschaftsspiele gegen Sissach und Schönenwerd (Hauptsitz Bally) gespielt und Interclub-Spiele durchgeführt.
Gedichtete Jahresberichte und gesellige Anlässe
Schon früh entwickelten sich die Mitgliederversammlungen zu fröhlichen Anlässen, die vom jungen «Bobby» Falconnier als Aktuar in unterhaltsamer Versform protokolliert wurden.
Auch gesellige Anlässe fanden regelmässig statt, wie beispielsweise der Tennis-Ball, eine Tanzveranstaltung, mit welcher der Club auch Geld erwirtschaften konnte. Eine Musikkapelle konnte man sich nicht leisten, deshalb kam die Musik vom Plattenspieler. Die Stimmung war trotzdem gut. Bis 1939 der Krieg begann und alles andere in den Hintergrund rückte. Hier enden auch die sorgfältig geführten Protokolle der Anfangszeit des TCG.
Nach dem Krieg erwachte der Tennisclub zu neuem Leben und der mit Unkraut überwucherte Platz wurde wieder instand gestellt. 1949 wurden unter Präsident Heinz «Huschi» Handschin neue Mitglieder angeworben und der Club wurde grösser. Ein Clubhaus gab es noch nicht. «Die Garderobe war ein Holunderbusch», erinnern sich die ältesten Mitglieder.
Grosse Investitionen und Umzug in die «Bleichi»
Zwei Jahre später machte der Tennisclub eine grosse Investition von 30 000 Franken. Er kaufte Internatsleiter Alfred Lenk den Tennisplatz ab und zusätzlich noch Land, um einen zweiten Platz zu bauen. Auch ein Clubhaus wurde gebaut und eine Tenniswand. Bei den Bauarbeiten halfen die Clubmitglieder tatkräftig mit und die Gemeinde spendete zwei Tannen für den Bau des Clubhauses. Im Winter wurde der Tennisplatz in ein Eishockeyfeld verwandelt und der EHC Gelterkinden trug dort Spiele aus, die stets zahlreiche Zuschauer anlockten.
Die Freude an der neuen Anlage währte jedoch nicht lange. 1952 wurde bekannt, dass gleich nebenan die katholische Kirche gebaut wird. Die Vorstellung, dass die Kirchgänger von nun an genau sehen, wer am Sonntag lieber Tennis spielt, anstatt in die Kirche zu gehen, gefiel den Mitgliedern nicht. Sie fassten den Beschluss, eine neue Anlage an einem neuen Ort zu bauen. Fündig wurde man schliesslich weit weg vom Dorf, in der «Bleichi».
Das Land der alten Anlage kaufte ein zuziehender Arzt für 65 000 Franken. Somit konnte der Club die neue Anlage in der «Bleichi» selber finanzieren. Sechs Franken kostete damals der Quadratmeter Land. Und obwohl man zuerst nur drei Plätze geplant hatte, baute man gleich noch einen vierten dazu.
Beim Bau des neuen Clubhauses standen die Mitglieder wieder im Einsatz. «Nur die Elektrik und Sanitäranlagen wurden fremdvergeben», erinnerte sich Hans «Johnson» Buess vor einigen Jahren und ergänzte: «Im strömenden Regen haben wir das Dach gedeckt, in den Badehosen.»
Ende 1954 war die neue Anlage fertiggestellt und im Mai 1955 wurden bereits die ersten Interclub-Spiele durchgeführt. Im Winter fanden auch hier anfänglich wieder Eishockeyspiele statt. Auch auf die Juniorenförderung wurde grosser Wert gelegt und es wurde ein fünfter Platz gebaut. Der legendäre Präsident Ernst Buser verpflichtete 1959 den ersten Clubtrainer namens Joe Emmenegger. Dieser blieb während zehn Jahren und verfeinerte die Technik von so manchen.
Tennis in Gelterkinden war populär. Der TCG hatte damals die weitaus grösste und schönste Anlage in der Region und zog Leute von weit her an.
Kosten für eine Halle zu hoch
Der Tennisclub wuchs kräftig weiter. 1973 zählte man über 200 aktive Mitglieder und 40 Schüler und Junioren. Schon damals träumte der Club von einer Halle, damit man auch im Winter Tennis spielen konnte. Es wurden erste Skizzen und Pläne gemacht. Eine Ballonhalle war im Gespräch. Die hohen Kosten sorgten aber dafür, dass der Traum ein Traum blieb.
Auch das nächste Jahrzehnt wurde von der Dynastie Buser geprägt. Unter Präsident Werner Buser ging der Tennis-Boom weiter, und in den 1980er-Jahren musste der Vorstand die Mitgliederzahl auf 250 Spielerinnen und Spieler beschränken. Der Vorstand führte eine «ominöse Warteliste» ein und einige mussten warten, bis sie in den Club aufgenommen wurden. Der Boom ging weiter: 1994 zählte der Club 280 aktive Mitglieder.
Mit dem Bau von weiteren Tennisanlagen in der Region und dem Aufkommen neuer Trendsportarten erwuchs dem Tennisclub aber Konkurrenz. Trotz Aushängeschildern wie Roger Federer oder Martina Hingis flachte schweizweit der Tennisboom ab. Auch beim TCG gingen die Mitgliederzahlen im neuen Jahrtausend zurück. Im Jahr 2014 zählte der Club nur noch 150 aktive Mitglieder. Der Vorstand reagierte. Neue Mitglieder wurden gesucht, um den Club wieder zu beleben. Denn nur mit genügend Mitgliedern konnte der jahrzehntelange Traum von der eigenen Tennishalle tatsächlich verwirklicht werden.
Nun ist es soweit. Mit der neuen Anlage sind die Voraussetzungen geschaffen, um die Erfolgsgeschichte des Tennisclubs Gelterkinden weiterzuführen. Und dank den modernen Garderoben muss sich heute auch niemand mehr hinter dem «Holunderbusch» umziehen.
Markus Hemmig,
Präsident TC Gelterkinden, und Ursi Friolet