«Wir Landwirte sind keine Giftspritzer»
13.04.2021 Baselbiet, Maisprach, Politik, LandwirtschaftLandrat Markus Graf will die Ressourcen schonen
Mit einem feinen Netz von Wetterstationen liesse sich der Einsatz von Pestiziden reduzieren. Via Vorstoss erwartet Landrat und Bauer Markus Graf vom Kanton, dass er den Ball aufnimmt.
Ueli Frei
Die beiden ...
Landrat Markus Graf will die Ressourcen schonen
Mit einem feinen Netz von Wetterstationen liesse sich der Einsatz von Pestiziden reduzieren. Via Vorstoss erwartet Landrat und Bauer Markus Graf vom Kanton, dass er den Ball aufnimmt.
Ueli Frei
Die beiden Agrarinitiativen werfen auch in der regionalen Politik ihre Schatten voraus. Mit seinem Vorstoss «Ressourcenschonende digitale Landwirtschaft» will der Maispracher Landrat (SVP) und Bauer Markus Graf Regierung und Öffentlichkeit für neue Möglichkeiten bei Bewässerung und Pflanzenschutz sensibilisieren. In seinem Fokus steht ein feines Netz von Wetterstationen, mit denen sich Kulturen standortgerecht und in Echtzeit überwachen lassen.
Mit seinem Vorstoss will Graf den beiden Agrarinitiativen den Wind aus den Segeln nehmen. Neu ist diese Idee nicht. Über die Plattform «Agrometeo» lassen sich Wetterdaten im Zehnminutentakt abrufen. Doch die heute vorhandenen Stationen stehen zur Beobachtung der Mikroklimata zu weit voneinander entfernt. Mit je einer Wetterstation pro Lage liessen sich Niederschlag, Lufttemperatur, Windgeschwindigkeit und -richtung, Luft- und Bodenfeuchtigkeit standortspezifisch ermitteln und den besten Zeitpunkt für die Behandlung der Kulturen bestimmen.
Vor allem im Obst- und Weinbau spielt dies eine zentrale Rolle. Markus Graf nennt ein Beispiel: «Die Reife von Pilzsporen bedingt eine gewisse Temperatur und Bodenfeuchtigkeit.» Im Rebberg nördlich seines Hofs treten öfter Krankheiten auf als anderswo. «Der ‹Lochacher› ist ein Mehltaugebiet», sagt Graf. Die Feuchtigkeit bleibt wegen der schwachwindigen Lage liegen. In seinem Rebberg im «Eich» auf der Nordostseite von Maisprach hat er dagegen weniger Probleme mit Pilzkrankheiten.
Statt vorsorglich Fungizid zu spritzen, könnte er dank aktueller Wetterdaten zuwarten und so mehrere Behandlungen einsparen. Nicht nur beim Pflanzenschutz spielen Wetterdaten eine Rolle. Auch eine gezielte und wassersparende Bewässerung nimmt angesichts der immer trockeneren Sommer an Bedeutung zu. Mehrere Wetterstationen, verteilt über jedes Dorf, die miteinander vernetzt sind, würden erlauben, Pflanzenschutzmittel sehr gezielt pro Lage anzuwenden und dann zu bewässern, wenn es nötig ist.
Weniger spritzen, tiefere Kosten
«Wir sind keine unüberlegten Giftspritzer», stellt Graf klar. Die Bauern seien Unternehmer, die sich gut überlegen würden, welche Mittel und Ressourcen sie einsetzten. «Und wir bleiben auch nicht stehen.» Der Nutzen von Wetterdaten in Echtzeit ist deshalb für die Landwirte nicht zu unterschätzen. Jede eingesparte Spritzung reduziert die Kosten markant. Pflanzenschutzmittel und Dünger sind teuer, auch die Arbeitszeit und die Maschinen kosten Geld.
Allerdings kosten auch die Wetterstationen gutes Geld: Rund 2500 Franken veranschlagt Graf pro Wetterstation. Die batteriebetriebenen Geräte lassen sich auch an abgelegenen Standorten installieren. Ohne fundierte Kenntnisse der Standorte und der Anbauflächen geht es allerdings nicht. Die Messdaten dienen lediglich als Entscheidungshilfen. Dem Landwirt obliegt deren Interpretation. Hier sieht Graf die Möglichkeit staatlicher Unterstützung: «Der Ausbildungsbedarf ist nicht zu unterschätzen.» Von der Volkswirtschaftsdirektion erwartet er, dass sie den Ball aufnimmt. Als Region mit vielen Spezialkulturen könnte das Baselbiet eine Vorreiterrolle übernehmen.
Als Fachstelle hat sich das Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung mit dem Vorstoss zu befassen. Eine Stellungnahme steht noch aus. «Bevor das Thema im Landrat behandelt ist, darf ich mich nicht dazu äussern», hält Ebenrain-Leiter Lukas Kilcher fest.