«Mehr als drei Ampeln wird es nicht geben»
01.04.2021 Bauprojekte, Verkehr, Bezirk WaldenburgSebastian Schanzer
Durchschnittlich 6000 Menschen reisten vor der Pandemie täglich mit der Waldenburgerbahn (WB) das Tal aufund abwärts. Sie alle müssen – abgesehen von denen, die im Homeoffice arbeiten – für die kommenden eineinhalb Jahre in die ...
Sebastian Schanzer
Durchschnittlich 6000 Menschen reisten vor der Pandemie täglich mit der Waldenburgerbahn (WB) das Tal aufund abwärts. Sie alle müssen – abgesehen von denen, die im Homeoffice arbeiten – für die kommenden eineinhalb Jahre in die Gelenkbusse der Linie 19 steigen. Am 6. April um 0.55 Uhr verlässt die «Cremeschnitte» auf den in der Schweiz einzigartigen Schienen mit Spurweite 75 Zentimeter ein letztes Mal den Bahnhof Liestal in Richtung Waldenburg, danach starten die Bauarbeiten zum 350-Millionen-Franken-Projekt Erneuerung der WB.
In den ersten Wochen wird die alte Bahnanlage auf der gesamten Strecke zurückgebaut. Fahrleitungen und Masten, die Bahnübergangsbarrieren und Lichtsignalanlagen, die Schwellen, Weichen, Schienen und der Schotter − das alles kommt weg. In einem zweiten Schritt sollen Werkleitungen verlegt, Stützmauern neu erstellt und Vorbereitungsarbeiten für den eigentlichen Neubau des Bahntrassees entlang der Strecke erledigt werden. Anschliessend erfolgt der Bau der neuen Bahntrassees und der Bahntechnik. Läuft alles nach Plan, soll dies bereits ab Sommer dieses Jahres geschehen. Im Dezember 2022 soll die neue Waldenburgerbahn für die Bevölkerung bereitstehen.
Takt verdoppelt
Für die Passagiere bedeutet die Bauphase eine Verlängerung der Reisezeit. Die Arbeiten erfordern Umleitungen, Ampeln und Einspur-Betrieb auf einzelnen Streckenabschnitten. Für die gesamten 13 Kilometer zwischen Liestal und Waldenburg rechnet Fredi Schödler, stellvertretender Direktor der Baselland Transport AG (BLT), mit maximal zehn Minuten zusätzlicher Reisezeit während des Busbetriebs. Das hänge allerdings stark von der Bauphase, Tageszeit und der entsprechenden Situation im Strassenverkehr ab. Der Busbetrieb werde zwar auf die Bahnanschlüsse in Liestal abgestimmt, die BLT empfiehlt ihren Kunden aber, genügend Reisezeit einzuberechnen.
Um das Passagiervolumen stemmen zu können, hat die BLT ihren Takt im Busbetrieb kurzerhand verdoppelt und dazu neun neue Busse eingekauft. Zu den Hauptverkehrszeiten fährt alle 7½ Minuten, ansonsten alle 15 Minuten ein Bus.
Unterstützt wird die BLT auch von der Postauto-Linie 94, die ihren ordentlichen Kurs zwischen Balsthal, Langenbruck und Waldenburg als Linie 19 bis nach Liestal verlängert. Die Haltestelle in Liestal befindet sich direkt beim Kantonsgericht, an zentraler Lage. Maximal werden auf der WB-Strecke 12 Busse gleichzeitig unterwegs sein. «Das ist ein Angebot wie in der Stadt», betont Schödler, «man muss den Fahrplan eigentlich gar nicht mehr beachten.»
Sieben Haltestellen auf Fahrbahn
Freilich sind auch die Automobilisten im Waldenburgertal von verlängerten Fahrzeiten betroffen. Das betrifft vor allem Verkehrsteilnehmer in der oberen Talhälfte, wo aufgrund der Linienführung durch die Dörfer zusätzliche Bauten zum Hochwasserschutz erstellt werden müssen. In Niederdorf werden auf der Kantonsstrasse darüber hinaus aufwendige Kanalisationsarbeiten ausgeführt. Die drei Lichtsignalanlagen bei den vorübergehend einspurig geführten Fahrbahnen in Niederdorf und Hölstein führen jeweils zu einem Fahrzeitverlust von rund 1½ Minuten. Schödler versichert aber: «Mehr als drei Ampeln gleichzeitig wird es über die gesamte Bauzeit nicht geben. Das haben wir in unserem Verkehrskonzept festgelegt.»
Zwischen Bubendorf und Waldenburg befinden sich insgesamt sieben Bushaltestellen auf der Fahrbahn. Das würde punkto Fahrzeitverlängerung aber nur in geringem Mass ins Gewicht fallen, ist Schödler überzeugt. Kompensiert würde die verlängerte Fahrzeit des Indvidualverkehrs zudem teilweise durch den Wegfall von Bahnübergängen und Barrieren, weil die Bahn ja nicht verkehrt.
Und was geschieht mit den Lokführerinnen und Lokführern während der Bauzeit? Sie werden entsprechend ihren Fähigkeiten als Bus-Chauffeure auf den Bahnersatzbussen im Tal, als Tramführer auf anderen BLT-Strecken eingesetzt oder arbeiten im Fahrzeugoder Streckenunterhalt, bis sie sich im kommenden Jahr in die Führerkabine der neuen Waldenburgerbahn setzen können.
Geschichte der Waldenburgerbahn: Seite 4 und 5