«Die Baukultur im Baselbiet hat keine Lobby»
12.03.2021 Bauprojekte, Seltisberg, Gemeinden, Bezirk LiestalNachkriegsbaute gegen den Willen des Heimatschutzes abgerissen
Im Seltisberger Gebiet Rebhalde ist ein Bau aus der Nachkriegszeit dieser Tage abgerissen worden. Die Gemeinde sah keinen Grund, dies zu verhindern, der Baselbieter Heimatschutz hingegen schon. Er stiess mit seinen ...
Nachkriegsbaute gegen den Willen des Heimatschutzes abgerissen
Im Seltisberger Gebiet Rebhalde ist ein Bau aus der Nachkriegszeit dieser Tage abgerissen worden. Die Gemeinde sah keinen Grund, dies zu verhindern, der Baselbieter Heimatschutz hingegen schon. Er stiess mit seinen Argumenten bei der kommunalen Exekutive jedoch auf taube Ohren.
Willi Wenger
Die Parzelle an der Seltisberger Rebhaldenstrasse ist mit über 21 Aren Fläche eine nicht alltägliche. Sie ist heute leer, «befreit» von einem Haus aus den frühen 1960er-Jahren, erbaut vom Liestaler Architekten Rolf G. Otto. Der Rückbau begann bereits Mitte vergangenen Jahres mit der fachgerechten Entsorgung asbestbelasteten Materials, in den vergangenen Wochen wurde der Betonbau dem Erdboden gleichgemacht.
Die Villa aus der Nachkriegszeit ist nunmehr Geschichte, obwohl sich der Baselbieter Heimatschutz stark für den Erhalt des Baukörpers eingesetzt hatte, wie die BaZ schrieb. Ohne Erfolg. Dessen Präsident, Ruedi Riesen, Liestal, bedauert es deshalb sehr, dass das sogenannte «Haus Huber» nicht mehr steht. «Das Ganze ist sehr schade.»
Abrissbewilligung nicht nötig
Aber, so Riesen, der Rückbau sei rechtens gewesen. «In einer Wohnzone braucht es im Kanton keine Abrissbewilligung.» Dennoch gibt er gegenüber der «Volksstimme» seiner Enttäuschung Ausdruck. «Ich hätte mir sehr gewünscht, dass, auch durch den Erhalt des Hauses Huber, die bedeutende Zeit der Nachkriegsbauten wenigstens zu einem kleinen Teil sichtbar bleibt.»
Für Riesen ist deshalb eines klar: «Die Baukultur im Baselbiet hat absolut keine Lobby. Renditedenken und vermeintlich höhere Steuereinnahmen überschatten die Wertschätzung für eine gute Baukultur.» Die Diskussionen mit dem Seltisberger Gemeinderat seien nicht zielführend gewesen, so Riesen, «weil der sachliche Diskurs nie stattfand».
Seltisbergs Vizepräsidentin Miriam Hersche bestätigt diese Gespräche. «Die Argumente seitens Heimatschutz haben uns nicht überzeugt.» Dessen Empfehlungen habe der Gemeinderat zwar zur Kenntnis genommen. «Aber», so Hersche, «für uns war klar, dass wir in das Haus Huber keine weitere Energie investieren wollen und auch keinen Sinn darin sehen, für ein baufälliges Haus ein Expertengutachten erstellen zu lassen.»
«Richtige Ruine»
Das Haus sei «seit langer Zeit» unbewohnt gewesen, sagt Hersche und stellt auch klar, dass es sich um eine «richtige Ruine» gehandelt habe. Die Bausubstanz sei schlecht gewesen und eine Unterschutzstellung für den Gemeinderat deshalb kein Thema. «Die kommunale Schutzwürdigung war nicht gegeben.»
Das sieht Riesen anders. Er bestreitet, dass das Haus eine Ruine war. Vor einigen Jahren habe ein renommierter Architekt eine subtile Sanierung des Hauses geplant. «Eine Aufwertung des Hauses wäre durchaus realistisch und machbar gewesen.» Die neuen Investoren hätten diese Idee aber in den Wind geschlagen. Besitzerin des Baugrunds ist die Birs Handels AG in Zwingen.
Der Gemeinderat hat sich seinen Entscheid dennoch nicht leicht gemacht. Nach diversen Gesprächen mit dem Heimatschutz kam er schliesslich zur Überzeugung, dass es wenig sinnvoll sei, das Haus auf einem solch grossen Grundstück stehen zu lassen respektive zu schützen. Dem entgegnet Riesen trocken: «Die Seltisberger Behörde hat zu keiner Zeit die kommunale Schutzwürdigkeit durch eine unabhängige Expertise prüfen lassen. Der Gemeinderat hat ohne fachliche Begleitung entschieden.»
Der von Rolf G. Otto im Jahr 1962 an einem Südosthang erstellte Flachdachbau ist bereits abgerissen worden. Auf dem Terrain sollen gemäss Riesen mehrere Einfamilienhäuser entstehen. Wie ein Sprecher der Birs Handels AG auf Anfrage sagt, sei noch nicht entschieden, was für ein Projekt realisiert wird. Für Hersche entspricht eine Neuüberbauung der grossen Parzelle dem heutigen Trend des verdichteten Bauens und der Nachhaltigkeit. «Und es gibt auch etwas frischen Wind ins Quartier.»