Werden Radon-Messwerte öffentlich?
19.03.2021 Baselbiet, PolitikDas Edelgas Radon spaltet Regierung und Landratskommission
Die Grünen-Landrätin Rahel Bänziger forderte 2017 per Vorstoss die Veröffentlichung von Radon-Messwerten in öffentlichen Gebäuden wie Schulen und Kindergärten. Der Regierungsrat lehnt das aus gesetzlichen Gründen ab. Die ...
Das Edelgas Radon spaltet Regierung und Landratskommission
Die Grünen-Landrätin Rahel Bänziger forderte 2017 per Vorstoss die Veröffentlichung von Radon-Messwerten in öffentlichen Gebäuden wie Schulen und Kindergärten. Der Regierungsrat lehnt das aus gesetzlichen Gründen ab. Die zuständige Landratskommission lässt dies nicht gelten.
Tobias Gfeller
In jedem Baumaterial aus natürlichem Gestein ist – abhängig von seiner geologischen Herkunft – ein natürlicher Anteil an Uran und Radium enthalten. Zerfallen Uran und Radium, entstehen Radon und seine Folgeprodukte und werden aus dem Baumaterial ins Gebäude freigesetzt. Aus dem Untergrund von Gebäuden gelangt Radon auch in Innenräume von Häusern, wo es sich anreichern kann. Insbesondere bei seltenem Lüften kann das zu hohen Radon-Konzentrationen führen, die gesundheitsgefährdend sind. So beschreibt es das Bundesamt für Strahlenschutz.
Über die Atemluft gelange Radon in die menschliche Lunge und könne Lungenkrebs verursachen. Daran erinnerte auch Rahel Bänziger 2017 in ihrer Motion, die vom Landrat mit grossem Mehr an den Regierungsrat überwiesen wurde. Darin forderte sie analog zu anderen Kantonen die Veröffentlichung der Radon-Messwerte.
Bei zwei Messreihen an Schulen, Kindergärten und Tagesheimen wurde zwischen 2013 und 2015 festgestellt, dass in 18 Prozent der gemessenen Räume der Richtwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter überschritten wurde. In 4 Prozent der kommunalen Schulgebäude wurden sogar die Grenzwerte von 1000 Becquerel pro Kubikmeter überschritten.
Die Bevölkerung wird über die genauen Messdaten allerdings im Dunkeln gelassen. Mit folgender Begründung lehnte der Regierungsrat das Begehren nach einer Publikation der Daten ab: «Eine Publikation der einzelnen Messwerte im Rahmen der vorliegenden Beantwortung oder die Herausgabe der vorhandenen Unterlagen ist aufgrund der Sensibilität des Themas Radon nicht sinnvoll. Eine mögliche Fehlinterpretation der Werte durch Laien soll vermieden werden.»
«Auf jeden Fall» ernst nehmen
Trotz des klaren Votums des Landrats und der überwiesenen Motion bleibt der Regierungsrat auch jetzt bei seiner Haltung, die Radon-Messwerte nicht zu veröffentlichen. Er gab bei der Juristischen Fakultät der Universität Basel ein Gutachten in Auftrag, das zum Schluss kam, dass die Publikation einer gesetzlichen Grundlage bedürfe, da parzellengenaue Radon-Daten datenschutzrelevant seien. Eine gesetzliche Regelung auf Bundesebene existiere nicht, es sei im Gegenteil sogar geregelt, dass die Zugangsberechtigung zu den Daten nur beschränkt öffentlich ist.
Die Veröffentlichung von Daten der kantonseigenen Gebäude wiederum wäre zwar statthaft, ergebe aber kaum den gewünschten Nutzen und tangiere zudem die informelle Selbstbestimmung von Personen, die unter Umständen jahrzehntelang in diesen Räumen gearbeitet haben. Der Volkswirtschafts- und Gesundheitskommission des Landrats reichen diese Erklärungen nicht. Mit 13 zu 0 Stimmen beantragt sie, die Motion weiter stehenzulassen und sagt damit klar, dass sie weiterhin für die Veröffentlichung der Radon-Messwerte einsteht.
Mit ein Grund für dieses deutliche Votum ist eine kürzlich gegenüber einem Magazin vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) getätigte Information, dass es Kantonen gemäss Bundesrecht möglich ist, Radon-Messwerte zu veröffentlichen. Diese Information hatte der Regierungsrat bei seiner Beurteilung der Motion noch nicht, erklärt Rolf Wirz, Sprecher der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion. Die Direktion werde die Sachlage auch aufgrund des klaren Votums der Landratskommission nochmals prüfen, so Wirz, der klarstellt, dass man Radon «auf jeden Fall» ernst nehmen muss. «Die betroffenen Räumlichkeiten sind erfahrungsgemäss im Keller von Gebäuden. Die Kinder halten sich in diesen Räumen normalerweise nicht über Monate für mehrere Stunden auf, sodass eine Gefährdung der Kinder eher unwahrscheinlich ist.»
Regierung soll Vorschläge machen
Auf die Gefährlichkeit von Radon weist auch die Liestaler Grünen-Landrätin und Kommissionsmitglied Erika Eichenberger hin. «Das geruchund geschmacklose Gas ist alles andere als harmlos und kann leider unbemerkt in Innenräumen und über die Atemwege in die Lungen gelangen. Radon ist die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs, direkt nach dem Rauchen.» Der Kanton sei für den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung zuständig und die Bevölkerung solle wissen, wie es um die Radon-Werte steht.
Dass der Regierungsrat nur gesagt hat, dass das Gesetz eine Veröffentlichung der Messwerte nicht zulasse, aber keine Vorschläge macht, wie dies geändert werden könnte, reicht sowohl der Kommission wie auch Erika Eichenberger nicht. Für die Grünen-Landrätin ist klar: Personen, die womöglich jahrelang in von Radon belasteten Gebäuden gearbeitet haben, haben das Recht, dies auch zu erfahren.