Politik mit Lust und Mut
11.03.2021 Basel, Porträt, Politik, RegionBiografie gibt Einblick in das politische Leben der ehemaligen Basler Ständerätin Anita Fetz
Der Basler Journalist Markus Sutter hat eine fesselnde Biografie über die frühere Basler Ständerätin Anita Fetz geschrieben.
Robert Bösiger
Wer – wie ich in ...
Biografie gibt Einblick in das politische Leben der ehemaligen Basler Ständerätin Anita Fetz
Der Basler Journalist Markus Sutter hat eine fesselnde Biografie über die frühere Basler Ständerätin Anita Fetz geschrieben.
Robert Bösiger
Wer – wie ich in letzter Zeit – jeweils im Zug nach Basel statt aufs Handy ins Buch «Anita Fetz – Politik mit Lust und Mut» blickt und liest, der erntet ab und zu interessierte Blicke. Zu Recht: Die Biografie über die bekannte langjährige Basler Politikerin Anita Fetz (63) liest sich leicht und kurzweilig. Der Basler Journalist Markus Sutter hat dieses Werk aus eigenem Antrieb in Angriff genommen (siehe Interview) – durchaus auch mit Lust und Mut.
Mit Lust, weil er realisiert hat, dass gerade ein politisches Leben wie jenes von Anita Fetz wunderbar in die heutige Zeit passt, in der das 50-Jahre-Jubiläum des Frauenstimm- und Wahlrechts auf dem Tapet steht. Mit Mut, weil er zuerst die Bereitschaft hat einholen müssen, dass Fetz ihm offen Rede und Antwort steht und auch über schwierige Kapitel Auskunft erteilt.
Schon das Vorwort des Baselbieter Amts- und Parteikollegen Claude Janiak zeigt ein Stück weit, welch spannende Frau Anita Fetz ist. Er zieht den Hut vor der ersten Basler Ständerätin als einflussreiche politische Stimme während 35 Jahren. Und er skizziert sie als frech («Auch mir stockte bei ihren Voten bisweilen der Atem»), als engagiert («Bei Themen ausserhalb ihrer Kerngeschäfte übertrieb sie es aus meiner Sicht bisweilen») und authentisch.
«Meitschi aus Basel»
Anita Fetz, schreibt Janiak, schwimme nicht unbesehen im Strom mit: «Starres Beharren auf politischen Positionen ungeachtet gesellschaftlicher Entwicklungen sind ihr ein Graus.» Das habe bei Frauenanliegen auch hartgesottene Feministinnen auf die Palme bringen können. Mit zunehmendem Alter, so Janiak, sei sie «zwar gelassener geworden, aber nicht minder bissig – zum Ärger ihrer Kritiker».
Wollte ich an dieser Stelle rapportieren, welche Ereignisse in Zusammenhang mit Fetz erwähnenswert, welche Zitate von ihr unbedingt lesenswert sind, dann würde diese Rezension die Möglichkeiten der «Volksstimme» buchstäblich sprengen. Deshalb sei dieses unterhaltsame und zugleich lehrreiche Buch von einem, der Fetz über viele Jahre als Medienschaffender verfolgt hat, schlicht und ergreifend zur Lektüre empfohlen. Man wird nicht nur viel über Anita Fetz als Mensch erfahren, sondern auch, was ihr im Verlauf ihrer aktiven Politkarriere alles widerfahren ist und mit welch zuweilen unkonventionellen Methoden sie ihre Erfolge hat einfahren können. Der spätere SVP-Bundesrat Adolf Ogi hat sie – frisch gewählt in den Nationalrat – 1984 mit den Worten begrüsst: «Du bist nun also das linke Meitschi aus Basel …»
Anita Fetz war als Politikerin weit mehr als das.
«Anita Fetz – Politik mit Lust und Mut»,
Markus Sutter
Verlag Zytglogge,
Basel 2020.
«Sie stand zu ihrem Wort»
Herr Sutter, Sie haben ein Buch über Anita Fetz geschrieben. Ist sie auf Sie zugekommen mit dem Wunsch, dies zu tun oder war es umgekehrt?
Markus Sutter: Es war meine Idee. Ich habe 2019 in der NZZ eine Besprechung über die Biografie der ersten Ständerätin von Zürich, Emilie Lieberherr, gelesen, eine Pionierin der Schweizer Frauenpolitik. Da hat es bei mir klick gemacht. Ich wollte schon immer ein Buch schreiben. Das scheint ein Bedürfnis von vielen Journalisten zu sein. Die Produktion von Kurzfutter befriedigt irgendwann nicht mehr. Und vielleicht will man auch der Nachwelt etwas überlassen. Zeitungspapier wird schnell(er) entsorgt …
Wie war das Arbeiten mit Frau Fetz? Eher ein Kinderspiel oder ein Herkulesjob?
Es war ein grösseres «Kinderspiel», als ich dachte. Ich habe im Vorfeld gewisse Schwierigkeiten einkalkuliert, die aber nicht eintrafen. Ich wollte ja unbedingt eine autorisierte Biografie schreiben. Das erhöht die Glaubwürdigkeit, hat aber den Nachteil, dass sie den ganzen Text vorher lesen und korrigieren durfte. Meine Befürchtung, dass sie den Text «verschlimmbessert» und Kritisches eliminiert, hat sich zum Glück überhaupt nicht bewahrheitet. Sie stand zu ihrem Wort und betrachtete sich durchaus auch selbstkritisch.
Gab es im Entstehungsprozess auch schwierige Phasen?
Eigentlich nur eine. Das war das Kapitel über «Pro Facile» vor rund 15 Jahren. Dieser Spendenskandal scheint ihr auch heute noch ein wenig nachzugehen. Emotional waren die Gespräche über dieses Thema manchmal ein bisschen belastend. Hinzu kam, dass es just in dieser Zeit ihrer Mutter gesundheitlich sehr schlecht ging.
Hat die Arbeit an diesem Buch Ihr Bild von Frau Fetz verändert?
Nicht wirklich, aber ich kannte sie persönlich auch nicht so gut. Wir sind zwar fast gleich alt, und ich war zur selben Zeit im Journalismus wie sie in der Politik tätig. Dennoch haben sich unsere Wege nur selten gekreuzt. Ich empfinde das aber nicht als Nachteil, um über eine Person ein Buch zu schreiben. Wenn man dick befreundet ist und rege privat verkehrt, fehlt eher der nötige Abstand.
Gab es so etwas wie ein Aha-Erlebnis?
Vor allem eines. Es heisst, um Erfolg zu haben, müsse man zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein. Für Anita Fetz trifft das nicht unbedingt zu, wenn ich an das Jahr 1999 und die Nationalratswahlen denke. Die Basler SP hatte damals genügend Bisherige, die es nochmals versuchen wollten. Aber sie drängte sich vor und kandidierte ebenfalls, um die Wahlchancen für die Partei zu erhöhen. Das sorgte teilweise für böses Blut in den eigenen Reihen. Man kann dieses Verhalten als unverschämt, aber auch als mutig taxieren. An ihrer Stelle wäre ich wohl weder unverschämt noch mutig gewesen.
50 Jahre Frauenstimm- und Wahlrecht: Ihr Buch kommt zur passenden Zeit …
Zuerst wurde in der Tat in Erwägung gezogen, das Buch auf diesen Zeitpunkt herauszugeben. Der Verlag versprach sich dann aber doch mehr davon, die Biografie nach Möglichkeit noch vor Weihnachten in den Verkauf zu bringen.