Trotz Pandemie das Bein schwingen
23.02.2021 Baselbiet, Kultur, RegionTanzschulen setzen in der Krise auf hybriden Unterricht
Die Massnahmen gegen die Pandemie schlagen den Tanzschulen nicht nur finanziell auf den Magen, sondern auch in Sachen Gruppengeist. Um diesen aufrechtzuerhalten, lud «Fricktal tanzt» am Sonntag zum ersten virtuellen ...
Tanzschulen setzen in der Krise auf hybriden Unterricht
Die Massnahmen gegen die Pandemie schlagen den Tanzschulen nicht nur finanziell auf den Magen, sondern auch in Sachen Gruppengeist. Um diesen aufrechtzuerhalten, lud «Fricktal tanzt» am Sonntag zum ersten virtuellen «Fasnachts-Tanz-Flashmob».
Sara Keller
Die Fasnacht ganz ins Wasser fallen zu lassen, das kommt für Sabine und Däni Anderhub nicht infrage. Um trotz des offiziellen Verbots der Fasnacht deren Geist ein wenig zu versprühen, setzen sie die beiden kurzerhand in den Mittelpunkt des virtuellen «Flashmobs» ihres Vereins «Fricktal tanzt»: Am Sonntag veröffentlichten sie auf der Facebook-Seite des Vereins einen Link zu einem Youtube-Video, in dem über 50 Teilnehmende verkleidet eine Choreografie tanzen. Wie bei einem klassischen Flashmob sind zunächst nur wenige Tänzer zu sehen, bevor sich immer mehr Teilnehmende anschliessen, um am Ende eine grosse virtuelle Menschenmenge zu bilden.
Bei der virtuellen Verknüpfung ihrer beiden untersagten Leidenschaften Fasnacht und Tanz erhielten Sabine und Däni Anderhub Unterstützung der Tanzschule «Tanz Arena» aus Gelterkinden. Der langjährige Partner des Vereins gestaltete die Choreografie zum Lied «Besch ready für die Liebi vo mer?» der Schweizer Rockpopband Hecht. Bis vergangenen Donnerstag hatten Teilnehmende die Möglichkeit, ihre Version des Tanzes einzusenden.
Tanzen über das Internet
Die Tanzschulen setzen auch sonst auf das Internet: Da nur noch Tanzkurse für Kinder und Jugendliche physisch stattfinden dürfen, bieten die Tanzstudios «Studio1», «Studio Aktiv», «Ballett- und Bewegungsschule Liestal» und «Ballettschule Marina Amiet» Lektionen über Zoom für ihre Mitglieder über 16 Jahre an. Das «Studio1» aus Niederdorf und die Ballettschule von Marina Amiet aus Oberdorf stellen ihren Kunden zudem Videoaufnahmen zur Verfügung.
Ein Nebeneffekt der Massnahmen ist die Trennung von Klassen, wie Gilly Widmer von der «Ballett- und Bewegungsschule Liestal» erzählt: «Es ist sehr schade, zu beobachten, wie Schülerinnen nicht mehr miteinander trainieren können, da eine von ihnen im vergangenen Dezember 16 Jahre alt wurde.» Ähnlich verhält es sich mit dem Unterricht vor Ort, der in Kleingruppen stattfindet. «Wir mussten mehrere Klassen teilen, was zu Mehrkosten und einem grossen organisatorischen Aufwand führte», erzählt Amiet.
Trotz eines überwiegend positiven Echos auf die Digitalisierung des Unterrichts sind sich die Leitenden einig, dass diese keinen Ersatz darstellt. «Die Mitglieder schätzen es sehr, dass wir uns trotz der schwierigen Situation Mühe geben», so Michele Fricchione des «Studio Aktiv» aus Sissach, das Lektionen im Fitnessbereich online anbietet. Der Oberbaselbieter Tänzer betont aber, dass der persönliche Kontakt fehle: «Online-Trainings sind am Anfang vielleicht noch spannend, aber mit der Zeit wollen sich die Mitglieder wieder zum Trainieren im Studio treffen.» Noch schwieriger gestaltet es sich mit dem Unterrichten von Tanzlektionen. «Tanzstunden lassen sich nicht ersetzen», betont Vivian Bauen, Inhaberin des «Studio1». Zu sehr fehle die persönliche Betreuung, die gemeinsame Energie und auch der benötigte Platz.
Finanzielle Einbussen
Da die Tanzschulen teilweise geöffnet sind, kann im Vergleich zum ersten Lockdown keine finanzielle Hilfe beantragt werden. «Ausser in Form von Krediten, aber diese Verschuldung bringt uns nicht weiter», so Bauen. Sie schätzt die Umsatzeinbussen des «Studio1» auf mehr als 50 Prozent, obwohl die Miete zur Hälfte erlassen wurde. Amiet konnte ebenfalls mit dem Vermieter eine Lösung finden. «Wie gross der finanzielle Schaden sein wird, ist im Moment schwierig abzuschätzen, da wir es den Über- 16-Jährigen selbst überlassen, wie viel sie für den Fernunterricht zahlen wollen», so die Ballettlehrerin. «Aber einen Schaden werden wir ganz sicher haben.»
Auch bei der «Ballett- und Bewegungsschule Liestal» ist eine finanzielle Einschätzung schwierig: «Für uns war 2020 generell ein spezielles Jahr, da wir mitten in der Corona-Pandemie umgezogen sind und unsere neuen Studios im Schild-Areal eröffnet haben», blickt Widmer zurück. «Wir haben auf jeden Fall Einbussen, doch deren Grund ist schwer zu fassen.»
Noch sind die finanziellen Einschnitte zu stemmen, doch die Situation spitzt sich zu. «Wenn wir nach März noch nicht unterrichten dürfen, sehe ich nicht positiv für meine Schule», findet Bauen deutliche Worte. Amiet und Fricchione denken beide, dass sie mit dem aktuellen Konzept bis im Sommer weitermachen können, danach werden sie aufgrund der Situation neu entscheiden müssen, wie es weitergeht.
Grundsätzlich wünschen sich alle, wieder vor Ort unterrichten zu dürfen. «Die Massnahmen sind nicht mehr tragbar, insbesondere da die Situation sehr unplanbar ist», so Fricchione. «Die jetzige Situation, die sich immer wieder ändert, ist sehr anstrengend und kräfteraubend», pflichtet ihm Amiet bei. Ihre Ballettschule würde aber keine Lockerungen fordern, wenn es die epidemiologische Lage nicht erlaubt. Anders Fricchione und Bauen, die eine Öffnung von Tanzschulen und Fitnessstudios fordern: «Wir sollten wieder unter unseren gut ausgearbeiteten Sicherheitskonzepten unterrichten dürfen», positioniert sich Bauen. «Wir haben in unserer Schule keine einzige Ansteckung verzeichnet.»