Es gehört zu den übelsten Kapiteln der Schweizer Geschichte, dass jahrzehnteund jahrhundertelang Kinder im Namen des Staates misshandelt, eingesperrt und verdingt wurden. Erst in den 1980er-Jahren hatte das alles ein Ende. Das ist nicht vollständig wiedergutmachbar. Wichtig ...
Es gehört zu den übelsten Kapiteln der Schweizer Geschichte, dass jahrzehnteund jahrhundertelang Kinder im Namen des Staates misshandelt, eingesperrt und verdingt wurden. Erst in den 1980er-Jahren hatte das alles ein Ende. Das ist nicht vollständig wiedergutmachbar. Wichtig ist, dass alles versucht wird, was möglich ist: Mit einem Fonds, aus dem Entschädigungszahlungen an die Betroffenen geleistet werden. Mit wissenschaftlicher Aufarbeitung. Mit Erinnerungsorten, wie das Baselbiet dieses Jahr mehrere erstellt. Das ist alles ein Anfang.
Ich weiss, dass Fasnacht viel darf, und das ist auch gut so. Als ich den Text auf Seite 12 der diesjährigen Fasnachtsbeilage gelesen habe, wurde mir allerdings richtig schlecht. Da macht man sich lustig über die Geschichte der Verdingkinder. Über den ehemaligen Gemeindepräsidenten, der als Kind jahrelang in der gleichen Gemeinde verdingt wurde. Man macht sich lustig, indem das Erlebte nicht ernst genommen wird. Es als mimosenhaft darstellt. Das trifft nicht nur diesen Betroffenen, sondern gleichzeitig auch all jene anderen Buben und Mädchen, die so viel Grässliches erleiden mussten. Das ist nicht lustig, sondern schiesst gegen Opfer. Ist das wirklich fasnächtlich?
Unzählige Menschen haben sehr gelitten. Wir, die das nicht erleben mussten, haben die wichtige Aufgabe, zuzuhören und mitzuhelfen, dass so etwas nie wieder passieren kann. Sich darüber lustig zu machen, ist einfach nur daneben.
Adil Koller, Landrat SP, Münchenstein