«Softer Lockdown» trifft Sportgeschäfte hart
12.02.2021 Baselbiet, Wirtschaft, SportSander van Riemsdijk
Im Moment ist Wintersaison und in den Bergen liegt reichlich Schnee. Eigentlich ideale Voraussetzungen, um Wintersport zu treiben. Freude herrscht, könnte man meinen. Aber nicht überall. Die Schweizer Sportartikelbranche zeichnet ein düsteres Bild, ...
Sander van Riemsdijk
Im Moment ist Wintersaison und in den Bergen liegt reichlich Schnee. Eigentlich ideale Voraussetzungen, um Wintersport zu treiben. Freude herrscht, könnte man meinen. Aber nicht überall. Die Schweizer Sportartikelbranche zeichnet ein düsteres Bild, wobei sogar die Rede ist von einem Totalschaden beim Wintersportverkauf.
Die Corona-Pandemie, die sich täglich in unser gesellschaftliches Leben frisst, sorgt für viele geschlossene Pisten. Schon dieser Umstand trifft viele Sportgeschäfte hart. Obendrein mussten sie wegen des Soft-Lockdowns des Bundesrats ihre Geschäfte mitten in der ertragreichen Wintersaison schliessen. «Im vergangenen Winter hatten wir bereits einen Verlust von 33 Prozent des durchschnittlichen Umsatzes erlitten», sagt Marianne Fahli von Walti’s Sport-Shop in Zunzgen und schiebt seufzend nach, dass «das Geschäft dieses Jahr nicht anders läuft».
Dank des professionellen Servicebetriebs hält sich der wirtschaftliche Schaden in ihrem Geschäft trotzdem im Rahmen. Notgedrungen satteln die meisten Sportgeschäfte auf eine Online-Kundenbetreuung um und bedienen nach telefonischer Vorbestellung und nach Terminplan vor Ort. Diese Verschiebung vom stationären Sportfachhandel zum Online-Handel könnte durchaus an Nachhaltigkeit gewinnen, sobald die Pandemie überstanden ist.
Unsicherheit bei der Kundschaft
Primär ist der Bereich des Alpinsports betroffen. Die Sportläden spüren die unklare Situation mit der Schliessung von Skigebieten. Die Kundschaft ist dadurch verunsichert und hält sich mit Einkäufen oder dem Service am Ski bis zum letzten Moment zurück. Dazu Iris Moosmann von Schaffner Sport in Zunzgen: «Bestellungen via Telefon oder per E-Mail, auch für den Service am Ski, werden sehr kurzfristig getätigt. Donnerstag den Laden anrufen und Samstag auf die Piste, das ist aktuell die Haltung bei einem Grossteil der Kundschaft.»
Diese Einwicklung kann neben Marianne Fahli auch Regula Blättler vom Sportshop Karrer AG in Laufen feststellen: «Der Kunde ist vorsichtiger geworden und mietet eher eine Ausrüstung für eine Woche als für eine ganze Saison.» Als Folge dieser unsicheren Entwicklung hat unter anderem der Langlauf, der bereits im Trend lag, einen richtigen Schub erhalten.
Die Gefahr, angesteckt zu werden, ist auf den Skipisten mit dem Lift- und Gondelbetrieb, trotz Schliessung der Bergrestaurants, nicht unerheblich. Deshalb sind viele Wintersportbegeisterte auf der Suche nach einer sichereren Alternative. Momentan ist das Interesse für nordische Skiprodukte, für Schlitten und für Skitourenausrüstungen relativ gross, wie die angefragten Sportgeschäfte ausnahmslos bestätigen. «Die Leute möchten während der Pandemie einfach draussen sein. Und jetzt, wo es auch in der Region viel Schnee hat, läuft der Verkauf trotz Lockdown übers Internet zufriedenstellend», sagt Regula Blättler.
Dramatischer klingt es bei Visam Sport in Liestal. Hier beklagt der Geschäftsführer Vincenzo Leanza einen Umsatzrückgang in dieser Wintersaison von nicht weniger als 80 Prozent. «Wir bieten jetzt, wo wir geschlossen haben, keinen Online-Verkauf an.» Der Service und die Vermietung von Skiern würden zwar aufrechterhalten, trotzdem hat das Geschäft unter den vielen Stornierungen zu leiden. Lichtblick am düsteren Geschäftshorizont war immerhin der Verkauf und die Vermietung von Schneeschuhen in der Vorsaison. Dazu Leanza: «Dieses Geschäft lief vor dem Lockdown vorzüglich. Im Nu hatten wir alles verkauft oder vermietet. Die Leute wollten in den Schnee, aber kein Risiko eingehen. So hielten sie sich beim Kauf von Skiern zurück», sagt er. Auch Leanza stellt in den vergangenen Jahren einen klaren Trend in Richtung nordische Sportarten fest.
Wiedereröffnung gefordert
Die Branchenverbände Asmas (Sportfachhandel Schweiz) und Spaf (Verband Schweizer Sportartikel-Lieferanten) befürchten, dass ein Fünftel aller Jobs in der Sportbranche gefährdet ist und einigen Sportgeschäften das endgültige Aus droht, wenn die behördlichen Massnahmen den ganzen Winter aufrechterhalten bleiben.
Der Rückgang im Umsatz hat konsequenterweise zur Folge, dass die liquiden Mittel schwinden. Diese fehlen dann im schlimmsten Fall für den Einkauf der Sommersportartikel. Die Verbände fordern den Bundesrat in einer Mitteilung vom Mittwoch entsprechend auf, die Sportgeschäfte per 1. März wieder öffnen zu lassen.