«Es war ein toller Job»
18.02.2021 Bezirk Waldenburg, DiegtenAm 1. April 1989 traten Andy und Astrid Erzer ihre Stellen auf dem Dietisberg an. Nach 32 Jahren ging das Paar als Teil der Institution Ende November 2020 in Pension.
Ueli Frei
Das Leben birgt zuweilen Überraschungen. Denn eigentlich wollte Andy Erzer der Baubranche ...
Am 1. April 1989 traten Andy und Astrid Erzer ihre Stellen auf dem Dietisberg an. Nach 32 Jahren ging das Paar als Teil der Institution Ende November 2020 in Pension.
Ueli Frei
Das Leben birgt zuweilen Überraschungen. Denn eigentlich wollte Andy Erzer der Baubranche treu bleiben. 1988 war der gelernte Maurer und Hochbauzeichner mit einem Umbau auf dem Dietisberg beauftragt. «Ich verbrachte ein halbes Jahr auf dem Berg», erzählt er. Zum Auftrag gehörte auch, Männer vom Dietisberg auf der Baustelle zu beschäftigen.
Zur selben Zeit war Res Thomet, der damalige Verwalter des Wohnund Werkheims für Männer, auf der Suche nach einem versierten Werkstattchef, der den Betrieb mit seinen stetig steigenden Aufgaben am Laufen hielt. Von Erzers Umgang mit «seinen» Mannen war Thomet beeindruckt. Ein Wort gab das andere. «Ich bekam eine Chance, und die habe ich gepackt», blickt Andy Erzer zurück.
Bei der ersten Betriebsbesichtigung war auch seine Ehefrau Astrid dabei. «Wir wohnten in Tenniken, ich kannte den Dietisberg nicht», erzählt sie. Auch dass zur neuen Stelle ein kleines Haus gehörte, wusste sie noch nicht. Als Thomet ihnen ihr neues Heim zeigte, war sie überrumpelt. «Ich war geschockt», so Astrid Erzer. Doch schon auf dem Nachhauseweg begann sie, ihr neues Heim gedanklich einzurichten.
Seine neue Stelle trat Andy Erzer am 1. April 1989 an. «Damals hatten wir eine Schreinerei, eine Schlosserei und eine Reparaturwerkstatt für Holzpaletten», erzählt er. Sein Job war geprägt durch die stetige Suche nach einfacher Arbeit für die Männer. Der Betrieb wuchs in den vergangenen 30 Jahren kontinuierlich. Eine Druckerei kam hinzu, die Produktion von Wäscheklammern, ein Gartenservice, die Metzgerei.
Durch den Kauf des Grieder-Hauses mit dem Bergladen an der Hauptstrasse in Sissach brachte der Dietisberg die Produkte aus der Landwirtschaft und den Werkstätten ins Tal. Damit begann auch die Suche nach weiteren Produkten, die über den Laden vertrieben werden konnten. Kinderbänkli aus der Schreinerei wurden zum Verkaufsrenner. Kundenwünsche beflügelten das Geschäft. «Wir hatten immer volle Auftragsbücher, ohne gross Werbung zu machen», berichtet Andy Erzer stolz. Die Mund-zu-Mund-Propaganda reichte aus. Die abwechslungsreiche Arbeit förderte auch die Mannen. «Sie brachten Ideen ein und wurden zufriedener», erzählt Andy Erzer. Astrid Erzer wurde von Beginn weg ins Geschehen auf dem Dietisberg involviert. Sie reinigte Büros, half im Garten oder in der Küche, rüstete Medikamente und übernahm Krankentransporte. Seit 2004 das neue Begegnungszentrum eingeweiht wurde, half sie zudem im Service aus. Vor zehn Jahren musste sie ihr Pensum krankheitshalber reduzieren.
Zum Job gehörte auch der Wochendienst. «Alle drei Wochen waren wir an der Reihe», erzählt Andy Erzer. Der Dienst dauerte jeweils von Freitag bis Freitag. Für Notfälle mussten sie während 24 Stunden auf Pikett sein. «Das war zuweilen anstrengend», erinnert er sich. Die Wohnlage auf dem Berg hatte ihre Vor- und Nachteile. Auf dem Dietisberg standen ein Schwimmbad, ein Fussballplatz, eine Werkstatt und viel Freiraum zur Verfügung.
Aufwendiger waren die steten Fahrdienste von und zur Schule und ins Fussballtraining. Denn alle drei Kinder, zwei Söhne und eine Tochter, waren fussballbegeistert. Beim FC Diegten-Eptingen wirkten sowohl Andy als auch Astrid Erzer im Vorstand mit. «Ich war 13 Jahre Präsidentin», erzählt Astrid Erzer. Beide engagierten sich zudem als Jugendtrainer.
Mit dem Wohnwagen unterwegs
Von ihrem Haus aus sahen sie über den ganzen Betrieb. Das hatte auch Nachteile, räumt Astrid Erzer ein. Vom Stubenfenster aus sah ihr Mann direkt in die Werkstatt. Dennoch hatte die Familie ihre Privatsphäre. «Wir waren bei uns zu Hause, das haben alle respektiert», erzählt Andy Erzer. Um den Alltag hinter sich zu lassen, verbrachten sie die Ferien wenn immer möglich auswärts. Durch ihr Wirken wurden Andy und Astrid Erzer zu einem Teil der Institution auf dem Berg. «Es war ein toller Job», schwärmt er. «Wir haben gewusst, dass wir mit der Pensionierung den Dietisberg verlassen müssen», sagt Astrid Erzer. Im Alter wollte das Paar keine Kompromisse mehr eingehen. Altersgerecht sollte die Wohnung sein, in der Nähe des öffentlichen Verkehrs und von Einkaufsmöglichkeiten. Fündig wurden sie in Egerkingen.
Langweilig wird es den Erzers auch in Zukunft nicht. «Seit drei Jahren haben wir einen Wohnwagen», erzählt Astrid Erzer. Dieses Jahr steht eine längere Reise nach Italien auf dem Plan. «Sofern es die Pandemie erlaubt», schränkt sie ein. Den Dietisberg werden die beiden fortan als Besucher erleben. «Ich freue mich auf das Dietisberg-Fest – als Gast, ohne arbeiten zu müssen», meint Astrid Erzer und lacht.