Die zweite Welle und eine Explosion
08.01.2021 GesellschaftNovember und Dezember | Der Impfstoff lässt auf ein erfreulicheres neues Jahr hoffen
Christian Horisberger
Man hatte sie vorausgesagt, und im November spürten wir sie immer intensiver: die zweite Corona-Welle. Während die Zahlen der ...
November und Dezember | Der Impfstoff lässt auf ein erfreulicheres neues Jahr hoffen
Christian Horisberger
Man hatte sie vorausgesagt, und im November spürten wir sie immer intensiver: die zweite Corona-Welle. Während die Zahlen der Infizierten und der Todesopfer zunahmen, jagte eine Verschärfung der Gegenmassnahmen von Bund und Kanton die andere. Und das Baselbiet – während der ersten Welle noch ein Musterschüler – wies eine der höchsten Ansteckungsraten des Landes auf. Nach und nach wurden Vereinsleben, Kulturbetrieb und Freizeitangebote heruntergefahren, die allgemeine Maskenpflicht galt nun in allen öffentlich zugänglichen Gebäuden, am Arbeitsplatz und sogar in stark frequentierten Bereichen im Freien wie der Sissacher Begegnungszone. Restaurants mussten zunächst früher am Abend, dann ganz schliessen. Das Weihnachtsfest, so die dringende Empfehlung der Behörden, sollte mit höchstens zehn Personen aus möglichst wenigen Haushalten stattfinden. Eine schöne Bescherung!
Im Gegensatz dazu bestanden für Gemeindeversammlungen keine Beschränkungen. Die maximal zulässige Teilnehmerzahl hing von der Grösse des Versammlungsraums ab. Und der reichte in Seltisberg nicht aus: Eine siebenprozentige Steuererhöhung lockte mehr Stimmbürger an die «Gmäini», als in der Turnhalle Platz hatten, weshalb die Präsidentin sie kurzerhand abblasen musste. Die Diskussion über die Steuererhöhung wurde somit aufgeschoben – aber nicht aufgehoben.
Referendum gegen Tempo 30
Eine gut ge-, aber nicht überfüllte Sporthalle bescherte der Gelterkinder Gemeindeversammlung das Traktandum «Tempo 30 auf Gemeindestrassen». Der Widerstand war eher bescheiden, das Ergebnis sehr deutlich: Ja für mehr Sicherheit und Lebensqualität. «In den Wohnquartieren wird bereits vorsichtig genug gefahren», findet dagegen ein bürgerliches Komitee, das gegen den Beschluss der «Gmäini» Unterschriften für ein Referendum sammelte. Dieses Thema wird in Gelterkinden weiterhin für Diskussionen sorgen.
Endgültig vom Tisch ist dagegen ein kantonales Gesetz, wonach Gemeindeversammlungsgeschäfte wegen Corona ausnahmsweise an der Urne beschlossen werden dürfen. Es hatte im Landrat keine Chance.
Trotz Corona – oder erst recht – fand am Santichlaus-Tag der erste «Weihnachtsmarkt plus» im Zunzger Gewerbegebiet statt. Die Fortura-Eigentümer, zu deren wichtigsten Kunden die Markthändler gehören, reagieren damit auf die abgesagten Märkte – unter anderem in Sissach: Nach dem Frühlings- und dem Sommermarkt hatte der Gemeinderat auch den Herbstmarkt abgeblasen, um der Verbreitung des Virus nicht Vorschub zu leisten. Der lokale Gewerbeverein tat es dem Gemeinderat gleich und sagte den Sonntagsverkauf kurz vor Weihnachten ab. Der Gelterkinder «Winter-Gwärb-Sunntig» hingegen konnte noch durchgeführt werden.
Abgeblasen wird die kommende Fasnacht – und zwar komplett. Wie beim Zunzger Weihnachtsmarkt nach dem Motto «Jetzt erst recht» liess die Fasnachtsgesellschaft Sissach Plaketten prägen und brachte diese bereits vor Weihnachten in den Verkauf. Die Gelterkinder Fasnächtler sollten Anfang Januar nachziehen – mit einer wunderschönen Plakette in Tränenform. Den Schnitzelbänklern in Gelterkinden entgeht mit der abgesagten Fasnacht eine gute Pointe: Wegen Auflagen des Bauinspektorats und einer Einsprache aus der Nachbarschaft verzichtet ein Gelterkinder Klimaschützer darauf, auf seinem Dach ein Mini-Windkraftwerk zu installieren.
Auch die Gemeindefinanzen hätten die Verseschmiede wohl inspiriert: Gelterkinden budgetiert ein Defizit von 3,4 Millionen Franken. Mit 1,2 Millionen Franken Minus ziehen auch in Oberdorf dunkle Wolken auf. Die beiden Dörfer sind in guter Gesellschaft: Die meisten Oberbaselbieter Gemeinden budgetieren wegen geringerer Steuereinnahmen und einem tieferen Finanzausgleich in Rot.
Pechschwarz hat der Wintersinger Sigrist gesehen, als er am 8. Dezember die Kirche betrat. Das Gotteshaus war bis oben mit beissendem Rauch erfüllt. Als sich dieser verzogen hatte, zeigte sich, dass es beim Elektro-Schaltkasten zu einer Explosion gekommen war. Die Sanierung der wunderschönen historischen Kirche wird Hunderttausende Franken kosten.
Mehrere Tausend Franken erbeuteten zwei Räuber bei einem Überfall auf die Poststelle in Oberdorf. Die Täter setzten sich in einem gestohlenen Auto ab und zündeten es im Wald an. Nicht so spektakulär, aber ebenso unerfreulich war für die Betroffenen die Verunreinigung des Trinkwassers in Buus, Maisprach und Rickenbach mit Fäkalbakterien. Die Einwohner mussten während mehrerer Tage ihr Wasser vor dem Genuss abkochen.
«Zwöi vo öis» ins Basler Rathaus
Nun aber noch einige erfreuliche Meldungen der beiden letzten Monate im Jahr: Mit dem in Kilchberg aufgewachsenen Kaspar Sutter und der früheren Eptinger Gemeinderätin Stephanie Eymann wurden «zwöi vo öis» in die Basler Regierung gewählt. Die Gemeinde Niederdorf erhielt ihre erste Heimatkunde. 80 Autoren füllten 408 Seiten mit Texten über ihr Dorf. In der schmucken «Hofmet-Schüüre» wurde der neue Arboldswiler Dorfladen eröffnet. Das «Läufelfingerli» fuhr ab Fahrplanwechsel wieder, nachdem die SBB die Linie wegen Lokführermangels vorübergehend weitgehend stillgelegt hatten. Und: Der 1870 gegründete MV Gelterkinden feierte sein 150-jähriges Bestehen. Wobei feiern nicht ganz richtig ist: Wegen Corona musste das Jubiläumsfest verschoben werden. Corona. Schon wieder.
Und es geht weiter damit – aber mit einem Silberstreif am Horizont: Noch während das Massnahmen-Korsett zur Eindämmung der Ausbreitung des Virus immer enger geschnürt wird, ist der lang ersehnte Impfstoff verfügbar und wird noch vor Weihnachten den ersten Seniorinnen und Senioren verabreicht. Kurz nach Neujahr wird im Zentrum Feldreben in Muttenz im grossen Stil mit dem Impfen der Bevölkerung begonnen. Noch ist der Impfstoff knapp, doch wir hegen Hoffnung auf ein erfreulicheres neues Jahr.