Mattegumper, Chochlöffel, Moore und Schnägge
05.11.2020 Baselbiet, Gemeinden, Gesellschaft, RegionLaufental | Die Ortsnecknamen des jüngsten Baselbieter Bezirks
Die «Volksstimme» hat kürzlich auf einer Doppelseite an die alten Scherznamen der Baselbieter Dörfer erinnert. Im Beitrag noch nicht enthalten waren die Laufentaler Ortschaften – wir liefern diese heute ...
Laufental | Die Ortsnecknamen des jüngsten Baselbieter Bezirks
Die «Volksstimme» hat kürzlich auf einer Doppelseite an die alten Scherznamen der Baselbieter Dörfer erinnert. Im Beitrag noch nicht enthalten waren die Laufentaler Ortschaften – wir liefern diese heute samt einigen Spottversen nach.
Blauen: die Gleerte = die Gelehrten. Der Name wird darauf zurückgeführt, dass während der Zeit, als das Laufental noch zum Bezirk Delsberg gehörte (1815–1846), zweimal ein Blauner als Gerichtsstatthalter amtete.
Brislach: Hornvieh, Hoornvyych. Vielleicht Mehrzahl von Hornochse, im Sinne von «dummer Mensch». Der Neckname wird heute aber mit Stolz getragen: Der Gemeindeanzeiger ist die «Hornvieh-Poscht» und zweimal jährlich unterbreiten die Brislacher in der «Hornvieh-Rundi» ihre Anliegen dem Gemeinderat.
Burg: Chochlöffel. Vermutlich von «Löffel» für einen einfältigen Menschen. Ein grosser Löffel wäre dann ein Chochlöffel. Auch dieser Spottname wird heute verehrt: Die Gemeindemitteilungen erscheinen im «Burgtaler Chochlöffel».
Dittingen: Schnägge. Neckname für sehr langsame Menschen. Die Dittinger sind also in bester Gesellschaft mit den Oberwiler und den Pfeffinger Schnägge. Heute erfahren die Dittinger alles Wissenswerte in der «Schnägge-Poscht» – und diese kommt meist pünktlich. Ein Spottvers lautet:
D’ Dittiger Schnägge
Häi der Düüfel im Äcke,
Häi Gott vergässe,
Häi Rüebe gfrässe.
Duggingen: Gschwellti. Die Kartoffel gewann zuerst Bedeutung für die Vieh- und Schweinemast, Gschwellti galten somit als Speise der Armen. Der Beiname dürfte von reicheren, Brot essenden Nachbarn stammen.
Grellingen: Bräägleti, Bräggleti, früher auch Äärdbeeribuebe genannt. Für «Bräägleti» (Häärdöpfel) wird heute fast ausschliesslich das berndeutsche Fremdwort «Rösti» verwendet – die Grellinger assen also auch Kartoffeln, waren aber doch etwas wohlhabender als die Dugginger, denn sie konnten es sich leisten, die Knollen in Schmutz oder Anken zu brääglen. Hier ein Spottvers über die ärmlichen Grellinger Mädchen:
O wie si die Grälliger Mäitli so stolz, Häi numen es Chrutgäärtli und es Chlööfterli Holz. (1 Klafter Holz = 3 Ster)
Laufen: Moore. Moor oder Moore ist unser Dialektwort für Mutterschwein, Zuchtschwein. Die mittlerweile verschwundene Bezeichnung «Mohrenkopf» der Firma Richterich soll sich auf Moore bezogen haben. Den Necknamen, früher vor allem für Laufener Mädchen gebraucht, finden wir auch im Spottvers:
D’Laufener Moore
Häi Dräck in den Oore,
Häi Gott vergässe
Si em Düüfel uf em Chaare gsässe.
Liesberg: Hörnli. Die Liesberger wurden früher die Schääne oder Makeräänli genannt, weil sie im lokalen Dialekt das «Ö» wie ein «Ä» aussprachen. Aus Makeräänli – also den Maccaroni, nicht dem süssen Gebäck – wurden dann die unverfänglichen Hörnli, obwohl dieser Name wieder ein «Ö» enthält!
Heute erklären die Liesberger ihren Übernamen mit der höchsten Erhebung im Gemeindegebiet, dem Horniberg (836 m ü. M.). Zum Liesberger Dialekt ein weiterer Spottvers:
Uf em Lieschberg an der mäschige Rääre (möschigen, messingenen Röhre)
Wenn si aafönge drinke, so chönne si nüm hääre = (auf-)hören.
Nenzlingen (dialektisch «Änzlige»): Stiere. Noch heute sagt man einem eigensinnigen Menschen «Stieregrind». Möglicherweise waren in den Augen der Nachbarn «Änzliger Grinde» eben «Stieregrinde».
Roggenburg: Steibögg, Geissbögg, Schoofbögg. Nach dem Necknamen gefragt, erhält man oft als Antwort ein Achselzucken, verbunden mit der Bemerkung, welcher «Schafbock» sich für die Roggenburger so ein Sinnbild ausgedacht habe – denn die Roggenburger führen einen schwarzen Widder im Wappen. Das Wappentier hat aber durchaus seine Berechtigung, denn es widerspiegelt die traditionelle Zucht des jurassischen schwarzbraunen Bergschafs, und dieser Tierart kommt in der Geschichte des Dorfes eine wesentliche Bedeutung zu.
Röschenz: Mattegumper. Die Mattegumper = Heuschrecken könnten auf die ausgedehnten Magerwiesen und -weiden verweisen, auf welchen über 20 Arten von Heuschrecken leben. Die Laufentaler Magerweiden sind heute aus naturschützerischer Sicht von nationaler Bedeutung. 1918 schlug der Delsberger Archivar Abbé A. Daucourt gar die Heuschrecke als Wappentier vor – dies setzte sich aber nicht durch, da es ein in der Heraldik unübliches Tier zeigte.
Wahlen: Gschwellti (siehe Duggingen).
Zwingen: Chruttchöpf. Chruttchopf oder Chaabischopf bezeichnet einen Dummkopf.
Die Quellen
tho. Mit der Zusammenstellung der Laufentaler Ortsnecknamen hat uns Historiker Remigius Suter beliefert – vielen Dank! Die Namen wurden 1999 im Heft «Die Gemeindewappen des Bezirks Laufen» von Christina Borer-Huber – unter Mitarbeit des Kulturwissenschafters Dominik Wunderlin – publiziert. Eine weitere Quelle zum Thema ist der Aufsatz von A. Müller «Das Kinderlied im Laufental», erschienen 1919 in den «Blättern für bernische Geschichte, Kunst und Altertumskunde». Aus dieser Schrift stammen die beigefügten Spottverse.
Die Zusammenstellung mit den alten Scherznamen der Baselbieter Dörfer ohne das Laufental ist in der «Volksstimme» vom 30. Oktober unter dem Titel «Chatze, Güllerugger, Rossbolle und Öpfelschnitzer» erschienen. Grundlage dafür war eine Publikation in den «Baselbieter Heimatblättern» aus dem Jahr 1958.