Endlich können sie sich umarmen
24.11.2020 Bezirk Waldenburg, HölsteinCosta Rica | Die Auswanderer Maurer sind im Paradies angekommen
Volle sieben Monate mussten Gitti Maurer und ihre betagte Mutter wegen Corona warten, bis sie Mann und Schwiegersohn Peter von Hölstein in die neue Heimat in Costa Rica folgen konnten.
Elmar ...
Costa Rica | Die Auswanderer Maurer sind im Paradies angekommen
Volle sieben Monate mussten Gitti Maurer und ihre betagte Mutter wegen Corona warten, bis sie Mann und Schwiegersohn Peter von Hölstein in die neue Heimat in Costa Rica folgen konnten.
Elmar Gächter
Einsteigebereit wartet der Jet auf die Passagiere, die er an diesem frühen Morgen des 18. März nach San José bringen will. Dann, kurz vor dem Start, erfolgt die Durchsage: Der Flug ist abgesagt, Costa Rica hat seine Grenzen für Einreisende dicht gemacht – es ist Coronazeit. Und so zwingt ein unsichtbares Virus Gitti Maurer und ihre betagte Mutter, unverrichteter Dinge umzukehren. Vergeblich wartet Mann und Schwiegersohn Peter in Puerto Viejo an der karibischen Küste auf die beiden Nachzüglerinnen.
Wie wenn er es vorausgeahnt hätte, war der Hölsteiner bereits ein paar Wochen vorher in die für ihn und seine Frau endgültig neue Heimat im Südosten von Costa Rica aufgebrochen. Für die Zurückgebliebenen aber heisst es: Retour auf Feld Nummer eins. Die Auswanderer haben ihr Haus verkauft, Gitti ihre Herbst- und Winterkleider einer karitativen Organisation vermacht. Sie findet bei ihrem Sohn Unterschlupf, ihre Mutter wohnt wieder in ihrer Wohnung in Badisch-Rheinfelden. Es ist ja nur für kurze Zeit …
Der Lockdown legt nicht nur das Geschehen am Boden lahm, auch in der Luft bewegt sich kaum noch etwas. Und so verrinnen Tage und Wochen. Zwischendurch kleine Hoffnungsschimmer, die sich jedoch alle als Fata Morgana erweisen. Volle 7 Monate vergehen, bis am 31. Oktober um 11 Uhr die Maschine den Flughafen Basel-Mulhouse unwiderruflich verlässt. «Es war schon ein wenig langweilig», beschreibt Gitti Maurer die Warterei. «Ich habe Kuchen gebacken, immer ein bisschen die gleichen, und Zöpfe. Dabei habe ich früher überhaupt nie gebacken», schaut sie zurück.
Und immer dieselben Fragen, wenn sie unterwegs ist. «Weshalb bist du immer noch da, du hättest doch schon lange fliegen können.» Die Grenze nach Costa Rica ist zwar ab August offen, aber einen anderen Flieger zu finden viel zu kompliziert. Neue Schuhe hat sie sich gekauft, fünf Paar. «Peter wird keine Freude haben, wenn ich mit so viel Schuhwerk aufkreuze», sagt sie und lacht. Sie hat ihre Mutter oft besucht, ist ihr als Pflegefachfrau zur Seite gestanden, als sie an Gürtelrose erkrankt ist – laut ihrer Tochter vor lauter Stress wegen der vielen Flugstornierungen.
Fertig Junggesellenküche
Derweil nimmt es Peter Maurer etwas lockerer. «Für mich ging die Zeit relativ gut und schnell vorbei», hält er fest. Es galt, die letzten Arbeiten am Haus zu erledigen, die Umgebungsarbeiten auszuführen und sich um den neuen Pool zu kümmern. Seine Lehre als Metallbauschlosser kommt ihm dabei sehr zustatten. Zum Glück gibt es Whatsapp, und so bleibt er mit Gitti täglich verbunden. «Wir mussten uns dabei auch einige Male trösten, wenn wieder ein Flug storniert wurde.»
Obwohl er eine sehr gut eingerichtete Küche hat, ist es überschaubar, was er zubereitet: Risotto, Rösti, Grilladen und viel Kaltes. «Es macht ja auch nicht so viel Spass, alleine zu kochen und zu essen.» Den Führerschein hat er erworben und dabei neue Facetten von Costa Rica kennengelernt. 30 Jahre haben sie ihn auf dem Papier jünger gemacht. «Ich weiss ja, dass ich gut aussehe, aber übertreiben müssen sie nicht unbedingt», meint er und schmunzelt.
Und dann endlich die lang ersehnte Umarmung. Auch Peters Schwiegermutter gefällt es ausgezeichnet. Sie erfreut sich an der Natur, an der Tierwelt und natürlich am Pool, den sie schon ausgiebig getestet habe. «Sie konnte sich ja gar nicht vorstellen, wie wir hier leben. Sie meinte, wir würden im Dschungel wohnen», sagt Peter Maurer. Derweil hat Gitti im Haus das Kommando übernommen und die Küche von einer Junggesellenwohnung in eine Hausfrauenküche umorganisiert. «Ist auch gut so», meint Peter. Er und Gitti sind froh und stolz, dass sie diesen Schritt gewagt haben. Und wenn Mitte Dezember ihr Sohn Philipp zu ihnen stösst, ist das Glück vollkommen. Dann steht in Hone Creek, in ihrem Paradies, einem wunderbaren Weihnachtsfest nichts entgegen – trotz Covid-19.
Die «Volksstimme» hat am 23. Januar («Auswandern als Nach-Hause-Kommen» und am 3. April («Corona schreibt das Drehbuch um») über das Auswandererpaar Gitti und Peter Maurer aus Hölstein berichtet.