Was ist gut für Bund und Kanton?
17.09.2020 BaselbietBriefe zu den Abstimmungen und Wahlen vom 27. September
Ausbau Hochleistungsstrassen
Waldenburgertal braucht bessere Verkehrsanbindung
Das Waldenburgertal hat in den vergangenen Jahren eine empfindliche Abwanderung von Firmen und damit von ...
Briefe zu den Abstimmungen und Wahlen vom 27. September
Ausbau Hochleistungsstrassen
Waldenburgertal braucht bessere Verkehrsanbindung
Das Waldenburgertal hat in den vergangenen Jahren eine empfindliche Abwanderung von Firmen und damit von Arbeitsplätzen erlebt. Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an den Wegzug der Firma Straumann nach Basel. In der Regel wird immer die mangelhafte Verkehrsinfrastruktur als Hauptgrund für die Verlegung eines Firmenstandorts ins Feld geführt. Unser Kanton kann es sich schlicht nicht leisten, sich infrastrukturell nur auf die Agglomeration und die grösseren Zentren zu konzentrieren. Als Flächenkanton müssen wir dafür sorgen, dass die verschiedenen Täler optimal verbunden und gerade verkehrstechnisch gut und rasch erreichbar sind. Andernfalls schaffen wir wirtschaftliche Randregionen und sorgen für Ungleichheiten in unserem schönen Kanton. Es braucht eine Optimierung der bestehenden Verkehrsanbindungen und einen kantonalen Mobilitätsplan, der nicht nur alle Verkehrsträger, sondern auch das Waldenburgertal angemessen berücksichtigt. Diese Absicht verfolgt auch die Initiative «zum Ausbau des Hochleistungsstrassennetzes» und darum sage ich als Waldenburgerin dazu am 27. September ein klares Ja.
Andrea Kaufmann, Gemeindepräsidentin und Landrätin FDP, Waldenburg
Die täglichen Staus schaden unserer Wirtschaft
Zum Abstimmungsartikel «Welchen Stellenwert soll das Auto haben?» in der «Volksstimme» vom 8. September, Seite 7
Mit unserem Malerbetrieb sind wir sehr viel in der Region unterwegs. Es ist jeden Tag eine Herausforderung, pünktlich zu unseren Kunden zu kommen. Staus und sonstige Verkehrsbehinderungen sind an der Tagesordnung. Übrigens nicht nur während der Stosszeiten. Unfälle auf der so oder so viel befahrenen A2 sorgen zusätzlich für ärgerliche Verzögerungen. Dank links-grüner Fundamentalopposition kommen wir verkehrspolitisch in unserer Region nicht vorwärts. Dies konnte man ja am 8. September einmal mehr im Beitrag von Bálint Csontos in dieser Zeitung lesen. Überfällige Entlastungen und sinnvolle Optimierungen unseres Strassennetzes finden nicht statt.
Ich habe nichts gegen Velowege oder die Förderung des Langsamverkehrs, doch damit lösen wir keinen Stau, von dem übrigens auch die ÖV-Busse betroffen sind. Der Wirtschaftsstandort Baselland und damit vor allem unsere KMU-Wirtschaft sind auf ein gutes Hochleistungsstrassennetz angewiesen. Staus verursachen einen höheren CO2-Ausstoss, führen zu lästigem Ausweichverkehr in unseren Dörfern und produzieren jeden Tag unnötige volkswirtschaftliche Kosten. Es muss nun endlich etwas gegen diese verkehrspolitische Misere getan werden. Mit einem Ja zur Initiative «zum Ausbau des Hochleistungsstrassennetzes» sorgen wir dafür.
Sandra Sollberger, eidg. dipl. Malermeisterin,
Nationalrätin SVP, Bubendorf
Begrenzungsinitiative
Ein Affront gegen unsere ausländischen Mitarbeiter
Von den Bilateralen Verträgen I, welche die Schweiz vor 20 Jahren mit der EU abgeschlossen hat, konnte unsere Nation und insbesondere die Schweizer Wirtschaft enorm profitieren. Ein wichtiger, wenn nicht der massgebliche Erfolgsfaktor war und ist die Regelung der grenzüberschreitenden Personenfreizügigkeit. Damit wird der Schweizer Arbeitsmarkt mit all jenen dringend benötigten ausländischen Arbeitskräften bedient, die er selbst nicht zur Verfügung hat. Dazu zählen gerade in der Region Basel speziell auch die Grenzgänger/-innen. Gleichzeitig schaffen qualifizierte ausländische Fachspezialisten durch ihre Arbeit zusätzliche Arbeitsplätze in der Schweiz.
Dem notorischen Fach- und Arbeitskräftemangel gerade im Bauhauptgewerbe konnte dank der Personenfreizügigkeit Einhalt geboten werden. Derzeit kommen im Bauhauptgewerbe auf 35 000 Schweizer Arbeiter 44 000 ausländische Bauarbeiter (56 Prozent). Im Kanton Basel-Stadt sind es 230 Schweizer und 620 ausländische Bauarbeiter (73 Prozent), im Kanton Basel-Landschaft 830 Schweizer und 1180 ausländische Bauarbeiter (59 Prozent).
Was für das Bauhauptgewerbe gilt, gilt gleichermassen auch für viele andere Wirtschaftsbereiche. Ein jeder/Eine jede sollte einmal darauf achten, wer ihn/sie an der Ladenkasse bedient, ihn/sie im Krankenhaus oder im Altersheim pflegt, ihm/ihr im Restaurant oder Café die Verpflegung serviert, ihm/ihr im Hotel die Zimmer reinigt und die Betten macht, ihm/ ihr als Handwerker die Reparaturen erledigt, ihm/ihr als Bauarbeiter das Haus und die Strasse erstellt, ihm/ ihr die Strassen reinigt und den Müll beseitigt, ihm/ ihr den Blinddarm entfernt oder die Zähne richtet … und so weiter.
Ebenso wie unsere Schweizer Mitarbeiter/-innen verrichten auch unsere ausländischen Mitarbeitenden tagtäglich ausgezeichnete Arbeit und tragen so einen massgeblichen Anteil zum Wohlergehen und stetigen Fortkommen der Schweiz bei.
Für mich als Präsident des regionalen Baumeisterverbands, dessen Verbandsmitglieder sehr stark auf die Dienste ihrer ausländischen Mitarbeiter/-innen angewiesen sind, ist es daher eine Selbstverständlichkeit, mich für den Erhalt der Personenfreizügigkeit mit der EU stark zu machen und mich gleichzeitig klar gegen die Begrenzungsinitiative sowie deren destruktive Absichten auszusprechen. Alles andere wäre eine Geringschätzung und ein unverzeihlicher Affront unseren ausländischen Mitarbeitern/-innen gegenüber.
Rolf Graf, Präsident Bauunternehmer Region Basel, Pratteln
Wieso denn nicht «aus der Reihe tanzen»?
Zum Artikel «Schlüsselfrage für die Wirtschaft» in der «Volksstimme» vom 8. September, Seite 3
Hut ab vor dem Baselbieter Regierungsrat Thomas Weber! Er macht nicht mit bei der Empfehlung der fünf Nordwestschweizer Regierungen, die Begrenzungsinitiative der SVP abzulehnen. Und zu Recht macht er nicht mit, ist er doch von seiner Partei portiert und vom Baselbieter Stimmvolk als ihr Regierungsrat gewählt worden. Ein Mann mit Prinzipien. Ich finde es sowieso deplatziert, dass kantonale Regierungen sich in eine nationale Abstimmung einmischen und dem Souverän nicht zumuten, eigenständig seinen Entscheid zu fällen.
Nach den Medienkonferenzen von Bundesrätin Karin Keller-Sutter und jetzt bei jener der Nordwestschweizer Regierungsräte will mir ein Begriff nicht mehr aus dem Kopf: Angstmacherei! Die langfristigen Folgeschäden bei einer weiterhin unkontrollierten Zuwanderung (wie überlastete Verkehrsinfrastruktur, überhitzter Wohnungsmarkt, Belastung der Sozialwerke, sinkendes Bildungsniveau in den Schulen) werden einfach ausgeblendet und den uns nachfolgenden Generationen überlassen. Ich halte diese Folgeschäden für schlimmer als kurzfristige Turbulenzen mit Brüssel.
Zudem: Wo keine gut qualifizierten Fachkräfte auf dem Schweizer Arbeitsmarkt zu finden sind, steht einer Anstellung von Personen aus dem Ausland auch inskünftig nichts im Weg. Nur werden die kantonalen Arbeitsämter als Vollzugsorgane zur eigenständigen Zuwanderungsregelung dazwischengeschaltet. Das war schon vor 2002 so. Als Rektor einer grösseren Baselbieter Schule habe ich immer wieder ausländische Lehrpersonen angestellt, nachdem ich dem Arbeitsamt belegen konnte, im Inland keine entsprechend qualifizierte Person gefunden zu haben. Als Schikane empfand ich diese Beweisführung nicht.
Man könnte meinen, der Schweiz sei es vor den Bilateralen I schlechter ergangen. Eine Rezession wie jene in den Jahren 1990 bis 1997 hat unser Land auch ohne diese Verträge überstanden, die ja erst 2002 in Kraft traten. Ich bekunde hohe Achtung vor dem Entscheid des Vereinigten Königreichs, aus der EU auszutreten. Angstmacherei hatte dort keine Chance. Nehmen wir doch das Bonmot der Regierungschefin unseres nördlichen Nachbarlandes: «Wir schaffen das!» – auch wenn sie das damals zu einem anderen heiss diskutierten Thema sagte.
Josua Oehler, Arboldswil
Zuckersüss statt pfefferscharf
Im Mai 2018 reisten Hooligans aus Zürich mit schwerem Geschütz nach Basel, um dort FCB-Fans anzugreifen. Rund um das «Joggeli» ergab sich eine wüste Strassenschlacht. An vorderster Front dabei war ein in Zürich lebender Syrer, der für seine brutale Gewalt drei Jahre unbedingt Gefängnis kassierte. Das bisherige Strafregister des 25-jährigen Syrers ist lang. Er hat nie eine Berufsausbildung in Angriff genommen und ist daher «wirtschaftlich nicht integriert». Anders formuliert: Er lebt seit Jahr und Tag auf Kosten von uns Steuerzahlern.
Die gesetzliche Lage ist an sich klar: Nach Verbüssung der Haftstrafe müsste der Syrer schnellstmöglich unser Land verlassen. Wie so oft setzte das Gericht aber eine obligatorische Ausschaffung ausser Kraft, ungeachtet der Tatsache, dass er über all die Jahre nicht den geringsten Eindruck von Besserung gemacht hat. Die Gefängnisstrafe solle nun aber eine Warnung sein und zu einem Umdenken führen, so das Gericht. Wer’s glaubt!
Der Fall steht beispielhaft für all die «Härtefälle», die geltend gemacht werden, damit ausländische Täter bei uns weiterhin munter Straftaten begehen können. Gerade mal 20 Prozent der Delinquenten landen tatsächlich in Ausschaffungshaft, wobei von diesen die Hälfte aus unterschiedlichen Gründen dann doch nicht ins Heimatland überführt wird.
Es war die FDP, die damals vor der Durchsetzungsinitiative betonte, dass die Ausschaffung aus der Schweiz «pfefferscharf» durchgesetzt würde. Derselben Partei gehört Bundesrätin Karin Keller Sutter an, die für eine Annahme der Begrenzungsinitiative nichts weniger voraussagt als den Untergang der Schweiz. Solche Aussagen – kaum hinterfragt von den Schweizer Medien – dürfen ähnlich ernst genommen werden wie jene von den «pfefferscharfen» Ausschaffungen.
Rund ein Viertel unserer Bevölkerung hat heute keinen Schweizer Pass. In immer mehr städtischen Quartieren gibt es Schulklassen ohne ein einziges Kind mit Muttersprache Deutsch. Auch wenn wir die Einwanderung endlich wieder in unsere eigenen Hände nehmen, kann die Wirtschaft weiterhin auf Fachkräfte zurückgreifen. Wobei es selbstverständlich sein sollte, dass die in der Schweiz ausgebildeten Arbeitskräfte bis ins Pensionsalter einen Vorrang haben müssen vor vermeintlich günstigeren von «drüben».
Sagen Sie darum Ja zur Begrenzungsinitiative und sorgen Sie dafür, dass wir entscheiden und nicht Brüssel bestimmt, wer zuwandern darf oder nicht.
Matthias Ritter, Landrat SVP, Diegten
Keine Partnerschaft, sondern Knechtschaft
«Kündigungsinitiative» nennen sie die Gegner. Richtig heisst sie Begrenzungsinitiative! Es geht um die Begrenzung der Zuwanderung in unsere kleine, begrenzte Schweiz. Bei einem Ja zu dieser Initiative haben die EU und unser Bundesrat ein Jahr Zeit, um die Personenfreizügigkeit neu zu verhandeln. Schaffen sie es nicht, muss die Personenfreizügigkeit gekündet werden. Dank der famosen «Guillotine-Klausel» (ein Mordinstrument in einem internationalen Vertrag!) würden die restlichen sechs Verträge der Bilateralen I dahinfallen. Nur, Frau Merkel meinte im Frühling dieses Jahres, sie (sie meinte die EU) wären ja dumm, die Verträge zu künden. Und selbst wenn sie gekündigt würden, ein Weltuntergang für die Schweiz wäre dies nicht, wie es die Gegner gerne prophezeien.
Der freie Warenverkehr mit der EU ist seit 1972 in einem Abkommen geregelt. Die Bilateralen I enthalten sieben Verträge, von denen hauptsächlich die EU profitiert. Mit der EU soll selbstbewusst verhandelt werden, wir sind nicht Teil von ihr und wollen uns nicht abhängig machen von jenen, die in einer Krise (Corona) nicht mehr wissen, wie man, vertraglich geregelt, zusammenarbeitet und die für die Schweiz bestimmtes medizinisches Material zurückgehalten haben. Das ist keine Partnerschaft, das nenne ich Knechtschaft. Der Grenzschutz wurde durch die jeweiligen Länder wieder selber durchgeführt. Es ist sich in der Krise eben jeder gerne selber der Nächste, will autonom sein und schaut für sich selbst.
Deshalb ein beherztes Ja zur Begrenzungsinitiative!
Nicole Roth, Sissach
Sind immer die anderen schuld?
Betonieren wirklich die Ausländer unser Land zu und brauchen immer mehr Wohnfläche? Verstopfen sie unsere Strassen? Ich bezweifle dies und beobachte anderes. Aber es ist einfach, die Schuld bei anderen zu suchen als bei uns selbst, dies läuft des Öfteren so.
Wir holen die Ausländer, weil wir sie in diversen Branchen brauchen, und ich bin dankbar, dass sie kommen. Denn systemrelevante Berufszweige würden ohne sie nicht funktionieren. Die Schweiz hat ihre Aufgaben in diversen Bereichen noch nicht gemacht. Doch es ist einiges in Bewegung. Diese Initiative ist keine Lösung.
Martina Waldner, Gelterkinden