Die grossen Unterschiede
29.09.2020 BaselbietResultate der eidgenössischen Abstimmungen
Ein knappes Ja zur Beschaffung neuer Kampfjets, ein Nein zum Jagdgesetz und ein Nein zur Begrenzungsinitiative: Die Schweiz hat spannende Abstimmungen erlebt. Verworfen wurden zudem höhere Kinderabzüge, angenommen wurde der zweiwöchige ...
Resultate der eidgenössischen Abstimmungen
Ein knappes Ja zur Beschaffung neuer Kampfjets, ein Nein zum Jagdgesetz und ein Nein zur Begrenzungsinitiative: Die Schweiz hat spannende Abstimmungen erlebt. Verworfen wurden zudem höhere Kinderabzüge, angenommen wurde der zweiwöchige Vaterschaftsurlaub. Ein Blick auf die (Ober-)Baselbieter Resultate.
tho./sda. Mit 50,1 Prozent Ja-Stimmen hiessen die Schweizer Stimmenden den Kauf neuer Kampfflugzeuge hauchdünn gut, lediglich knapp 9000 Stimmen gaben den Ausschlag. Die Umfragen hatten ein deutlicheres Ja erwarten lassen.
Das Baselbiet insgesamt war mit 50,27 Prozent Nein-Stimmen im ablehnenden Lager, wobei die ländlichen Bezirke Sissach (51,2 Prozent Ja), Laufen (53,4 Prozent) und Waldenburg (55,3 Prozent) zumindest im Kanton überstimmt wurden. Ein einheitliches Bild ergibt sich im Oberbaselbiet allerdings nicht: So stimmte beispielsweise das kleine und ländliche Liedertswil den Jets fast schon euphorisch mit 71,4 Prozent zu, während das ebenfalls kleine und ländliche Kilchberg die Vorlage mit 57,8 Prozent deutlich verwarf. Sissach und Gelterkinden, die grössten Gemeinden im oberen Kantonsteil, wollten im Gleichschritt mit den vielen grösseren Schweizer Städten die Kampfflugzeuge nicht abheben lassen.
Spannend wurde es auch für das Jagdgesetz. Mit 51,9 Prozent der Stimmen sagte die Bevölkerung letztlich Nein zum gelockerten Schutz der Wölfe in der Schweiz. Gegner und Befürworter mussten am Sonntag auch bei dieser Vorlage den ganzen Nachmittag auf das Resultat warten, das einen Stadt-Land-Graben durch die Schweiz offenbarte.
Dieser Graben tat sich im Baselbiet zumindest auf Bezirksebene nicht auf – überall resultierte eine Ablehnung. Was allerdings nicht heisst, dass es im Detail nicht grössere Unterschiede gab. Während der Gesamtkanton mit 57,4 Prozent ablehnte, sagten immerhin 11 Oberbaselbieter Gemeinden aus den Bezirken Sissach und Waldenburg Ja, im Bezirk Liestal kam einzig aus Arisdorf Zustimmung. Die Differenzen zwischen einzelnen Gemeinden dürften eher schwer zu erklären sein. So stimmte Eptingen dem Jagdgesetz mit fast 63 Prozent zu, während das Dorf Lauwil, das in vergleichbarer Lage ebenfalls direkt am Juranordhang liegt, die Vorlage mit fast gleicher Wucht abschmetterte.
Nein zur Begrenzungsinitiative
Deutlich, wie vorab erwartet, fiel auf eidgenössischer Ebene das Nein zur Begrenzungsinitiative der SVP aus. Diese scheiterte mit 61,7 Prozent Nein-Stimmen. Besonders hoch war der Nein-Anteil in den städtisch geprägten Kantonen, nur vier Kantone, nämlich das Tessin, Schwyz, Glarus und Appenzell Innerrhoden, stimmten zu. Das Baselbiet stimmte mit einem Nein-Anteil von 61,4 Prozent im Landesdurchschnitt. Zwar lehnten letztlich alle fünf Bezirke ab, die Unterschiede jedoch sind beträchtlich. Während die Nein-Mehrheit im städtisch geprägten Bezirk Arlesheim mit 65,3 Prozent erdrückend war, resultierte im Laufental und im Bezirk Waldenburg fast ein Patt: 49,89 Prozent Ja gegen 50,11 Nein lautete im kleinsten Oberbaselbieter Bezirk das knappe Resultat. Nicht weniger als 11 der 15 «Waldenburger» Gemeinden stimmten dem SVP-Begehren zu. Auch hier sticht wiederum Liedertswil mit einem Ja-Anteil von fast 73 Prozent hervor. Vor allem die grösseren Ortschaften Hölstein und Oberdorf «korrigierten» das Bezirksresultat. Im Bezirk Sissach waren es 10 der 29 Dörfer, die der Kündigung des Personenfreizügigkeitsabkommens zustimmten – hier am deutlichsten Hemmiken mit einem Ja-Anteil von rund 61 Prozent. Umgekehrt hat Sissach mit 64,5 Prozent Nein-Stimmen am wuchtigsten abgelehnt. Der Bezirkshauptort stimmte damit vergleichbar wie der Durchschnitt der Gemeinden im Bezirk Arlesheim. Mit einem Nein von 61,8 Prozent sprach sich auch Gelterkinden klar gegen das SVP-Anliegen aus.
Das deutlichste Nein im gesamten Kanton gab es übrigens in der Gemeinde Arlesheim: Hier lehnten gleich 75,9 Prozent der Stimmberechtigten die SVP-Begrenzungsinitiative ab.
Mit dem gesamtschweizerischen Resultat rückt nun das Rahmenabkommen mit der EU wieder in den Fokus. Ein solches Abkommen verlangt die EU, um die Rechtsentwicklung, die Überwachung, die Auslegung und die Streitbeilegung bei fünf Marktzugangsabkommen zu regeln.
Mit den beiden familienpolitischen Vorlagen gingen die Stimmenden auf eidgenössischer Ebene unterschiedlich um. Mit 63,2 Prozent der Stimmen wuchtig verworfen wurden höhere Kinderabzüge bei der Bundessteuer. Gegen diese Vorlage hatte vor allem die SP das Referendum ergriffen. In keinem der fünf Baselbieter Bezirke und in keiner einzigen Gemeinde wollten die Stimmberechtigten Eltern mit höheren Einkommen Steuererleichterungen gewähren. Mit fast 76 Prozent schickte der Bezirk Waldenburg die Vorlage bachab; in den Gemeinden Waldenburg und Liedertswil lag der Nein-Anteil bei mehr als 80 Prozent. Etwas mehr Verständnis für das Anliegen zeigte der Bezirk Arlesheim, wenngleich das Verdikt mit 66,4 Prozent Nein immer noch deutlich war.
Mehr Urlaub für Väter
Weit weniger homogen war im Baselbiet das Resultat zur Vorlage über den zweiwöchigen Urlaub für frischgebackene Väter. Schweizweit wurde die Vorlage mit 60,3 Prozent angenommen. Das Baselbiet stimmte mit 58,9 Prozent zu, wobei Waldenburg als einziger Bezirk nichts vom längeren Vaterschaftsurlaub wissen wollte. Acht der 15 Gemeinden und knapp 51 Prozent der Stimmberechtigten legten ein Nein ein, wobei die Ablehnung – einmal mehr – in Liedertswil mit 65 Prozent am deutlichsten war. In Arboldswil lag der Nein-Anteil in etwa gleich hoch. Im Bezirk Sissach kam die Vorlage mit 56,5 Prozent Ja zwar klar durch, doch auch hier ist die Vorlage in immerhin sieben Gemeinden verworfen worden. Ohnehin fällt anhand der Abstimmungsresultate auf, wie unterschiedlich die Gemeinden im Bezirk Sissach «ticken»: So stimmte beispielsweise Häfelfingen bei vier der fünf eidgenössischen Vorlagen gegen die Mehrheit in der Schweiz, während etwa Itingen bei allen fünf Vorlagen auf der «Siegerseite» stand.
Die Wahlbeteiligung im Baselbiet war am Sonntag mit rund 57,5 Prozent ausgesprochen hoch. Letztmals gingen im Kanton im März 2018 mehr als die Hälfte aller Stimmberechtigten an die Urne, als es um die Abschaffung der Billag-Gebühren ging (52,7 Prozent.) Rund 55 Prozent betrug die Beteiligung 2014 bei der Abstimmung über die Masseneinwanderungsinitiative der SVP.