Baurecht ja, Verkauf nein
17.09.2020 BaselbietPaul Aenishänslin
Es war das vierte Traktandum der Ziefner Gemeindeversammlung, das die – trotz Corona-Schutzmassnahmen – zahlreich erschienenen Stimmbürger von Ziefen am Dienstagabend am meisten beschäftigte: Der Antrag des Gemeinderats auf Verkauf der Parzelle 303 ...
Paul Aenishänslin
Es war das vierte Traktandum der Ziefner Gemeindeversammlung, das die – trotz Corona-Schutzmassnahmen – zahlreich erschienenen Stimmbürger von Ziefen am Dienstagabend am meisten beschäftigte: Der Antrag des Gemeinderats auf Verkauf der Parzelle 303 an die Genossenschaft für SeniorInnenwohnungen, welche in der Hintermatt ein Projekt für betreutes Wohnen im Alter realisieren möchte. Die Genossenschaft wäre bereit 400 Franken pro Quadratmeter zu zahlen, was für die Gemeinde Ziefen einen Verkaufserlös von 868 400 Franken bringen würde. Geld, das für anstehende Schulhausrenovationen gut zu gebrauchen wäre, wie die zuständige Gemeinderätin Sandra Eichenberger in der Diskussion erläuterte. Anders als wohl vom Gemeinderat erwartet, erwuchs dem beantragten Verkauf starke Opposition seitens einzelner Stimmberechtigter. Diese machten vor allem geltend, dass die Genossenschaft mit der Gemeinde Ziefen bereits seit 2014 über einen Baurechtsvertrag mit einer Laufzeit von 99 Jahren verfügt. Warum sollte die Parzelle also jetzt gekauft werden, wenn der vorliegende Baurechtsvertrag erfahrungsgemäss für gute Finanzierungsbedingungen bei den kreditgebenden Banken sorgt?
Thomas Rudin, Präsident der Genossenschaft, war in der episch geführten Diskussion bereit, den Sinneswandel seiner Institution zu erklären: Laut Baurechtsvertrag von 2014 beträgt der an die Gemeinde Ziefen zu zahlende Baurechtszins über 2 Prozent im Jahr, was über 99 Jahre summiert eine erkleckliche Summe ergibt, die bei einem Kauf der Parzelle gespart werden könnte. Oder anders gesagt: Kauft die Genossenschaft die Parzelle, kann sie im heutigen Tiefzinsumfeld eine günstigere Finanzierung ihres Projekts bei ihren Kreditgebern erzielen.
Dieses Argument wurde mit dem Hinweis gekontert, die Genossenschaft solle jetzt versuchen, mit der Gemeinde Ziefen einen wesentlich tieferen Baurechtszins von unter 2 Prozent pro Jahr herauszuholen. Dies, weil der Baurechtsvertrag erst zu laufen beginnt, sobald ein baureifes Projekt vorliegt.
Auch wurde moniert, dass die Gemeinde kein Interesse haben sollte, ihre gemeindeeigenen Baulandreserven noch weiter zu verringern. In der Folge liess Gemeindepräsidentin Cornelia Rudin über das Traktandum abstimmen. Mit 28 Ja- zu 34 Nein-Stimmen wurde der Verkauf der Parzelle an die Genossenschaft für SeniorInnenwohnungen Hintermatt Ziefen vom Stimmvolk abgelehnt.
Günstigere Varianten verworfen
Hingegen steht es der Genossenschaft weiterhin frei, mit der Gemeinde das Gespräch zu suchen und eine mögliche Reduktion des Baurechtszinses zu verhandeln. Dies auch im Einklang mit den 2020 geltenden Zinsbedingungen, die sich von denen im Jahr 2014 doch merklich unterscheiden – sprich wesentlich tiefer sind.
Vor dem Traktandum zum Landverkauf gab auch jenes zur Renovation der Friedhofmauer Anlass für reichlich Diskussionen. Dabei wurde vor allem bemängelt, dass weitaus günstigere Sanierungsvarianten unter Einsatz von Ziefner Handwerkern verworfen worden seien. Am Ende wurde der Beitrag der Gemeinde von 115 000 Franken – einem Drittel der Gesamtkosten – mit 27 Ja- gegen 23 Nein-Stimmen knapp genehmigt.
Dagegen wenig überraschend einstimmig gutgeheissen wurde die Rechnung 2019. Sie schliesst mit einem Gesamtgewinn von nahezu einer Million Franken ab – über viermal mehr als budgetiert.
Die weiteren Traktanden der «Gmäini» passierten oppositionslos, so die Änderung der Statuten des Zweckverbands Musikschule beider Frenkentäler, die Änderung des Vertrags über den Schulrat eben dieser Musikschule und die Neubestellung der Kommissionen. Zusätzlich informierte der Gemeinderat über die Vorarbeiten zum Umbau der Schulanlage Eien, wobei ein Budgetrahmen von 5 Millionen Franken eingehalten werden soll. Die Verabschiedungen von Rats- und Kommissionsmitgliedern bildete den Abschluss der reichbefrachteten «Gmäini».