«Wenig, aber richtig gut»
29.09.2020 BaselbietAesch | Beim Weinjahrgang 2020 zählt Qualität vor Quantität
Fast alles ist im Tank: In nur zweieinhalb statt der üblichen fünf Wochen ging die diesjährige Traubenlese über die Bühne. Die Zuckerwerte versprechen einen sehr guten Jahrgang.
Ueli ...
Aesch | Beim Weinjahrgang 2020 zählt Qualität vor Quantität
Fast alles ist im Tank: In nur zweieinhalb statt der üblichen fünf Wochen ging die diesjährige Traubenlese über die Bühne. Die Zuckerwerte versprechen einen sehr guten Jahrgang.
Ueli Frei
Ende September, und die meiste Arbeit in den Baselbieter Rebbergen ist für dieses Jahr getan. «Am vergangenen Donnerstag haben wir die letzten Trauben gelesen», erzählte der Muttenzer Winzer und Kelterer Urs Jauslin. Früher habe er die Ernte noch nie beendet, so der Vizepräsident des Weinproduzentenverbands der Region Basel-Solothurn anlässlich der Medienorientierung von gestern Vormittag auf dem Weingut Tschäpperli in Aesch.
Vor dem Kälteeinbruch von vergangener Woche legten sich die Winzer ins Zeug. Bis auf ein paar Spezialitäten sind sämtliche Trauben im Fass. «Zuzuwarten hätte nichts mehr gebracht, im Gegenteil», hielt Jauslin fest. Angesichts der rekordverdächtigen Zuckerwerte – der Blauburgunder erreichte im Durchschnitt 101 Grad Öchsle, der Riesling x Silvaner 82,5 Grad Öchsle – erscheint dies nicht verwunderlich.
In nur zweieinhalb Wochen ging diesen Herbst die Traubenlese über die Bühne. Üblicherweise verteilt sich die Ernte über fünf bis sechs Wochen. Das enge Zeitfenster stellte Winzer und Kellermeister insbesondere vor logistische Herausforderungen. Durch die kurze Erntedauer, den Wespenfrass und die Schäden durch die Kirschessigfliege werde die Ernte zudem überproportional teuer. «Der Aufwand für die Sönderung stieg enorm», erklärte Jauslin.
Wespen frassen Tonnen Trauben
Von der Qualität her sind die Winzer jedoch sehr zufrieden. «Was wir im Keller haben, ist zwar wenig, aber richtig gut», hielt Thomas Engel fest. Die ersten Riesling x Silvaner-Trauben seien bereits vergoren, so der Kellermeister der Kellerei Siebe Dupf in Liestal. Bei der Menge müssten dieses Jahr allerdings Abstriche in Kauf genommen werden. Verantwortlich dafür ist unter anderem die Trockenheit. Ab Mitte August frassen ausserdem die Wespen etliche Tonnen Trauben.
Im September verursachte die Kirschessigfliege erstmals ernsthafte Schäden. Im unteren Baselbiet dezimierte zudem ein Hagelzug die Mengen. «Rund 35 Prozent gingen dabei verloren», gab Urs Jauslin zu Protokoll. Viel Aufwand betreiben die Baselbieter Kellereien mit der lagespezifischen Kelterung. Auch Hobbywinzer bekommen so den Wein aus ihrem Traubengut.
Kein einziger Frosttag
Damit erfüllen die Kelterer ein grosses Anliegen des Weinproduzentenverbands. «Das ist zwar aufwendig, aber jeder Winzer ist ein Botschafter für gute Qualität», hält Urs Jauslin fest. Von der Witterung her gleicht kein Jahr dem anderen. «Im vergangenen Winter erlebte die Region Basel keinen einzigen Frosttag», sagte Rebbaukommissär Urs Weingartner vom Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung in Sissach.
Dennoch fürchteten die Winzer Frostschäden, da zwischen Ende März und Anfang April die Nachttemperaturen etliche Male unter null Grad sanken. Doch die Reben hätten sich in dieser Zeit im sogenannten Wollestadium zwischen Knospenruhe und Austrieb befunden, erklärte Weingartner. «Die Reben kamen deshalb ohne nennenswerte Schäden davon.» Die Eisheiligen und die Schafskälte hätten ihrem Namen alle Ehre gemacht, führte Weingartner weiter aus.
Die Blüte zog sich in die Länge, was da und dort zu Verrieselung führte. Der fehlende Regen im Juli verursachte einen vorübergehenden Reifestopp. Wegen des fehlenden Regens rechnet Weingartner damit, dass die Vegetationsperiode des Jahres 2021 mit einem Wasserdefizit startet. Die Trockenheit hatte auch ihre Vorteile. So verzeichnete der Rebbaukommissär kaum Schäden infolge Pilzkrankheiten. «Die Qualität der Weine dieses Jahrgangs werden uns mit den Schwierigkeiten des Rebjahres 2020 versöhnen», zog Weingartner als Fazit.