Sommer in Berlin

Lange Nächte, kurze Tage. Genau so hatte ich mir Berlin vorgestellt. Und genau so war es damals, im wunderbaren Sommer 2013. Drei Monate verbrachte ich in Deutschlands Hauptstadt. Intensiv wars, bereichernd. Und lehrreich.

Mein «Tag» begann, als es dunkel wurde, und er endete stets weit nach Sonnenaufgang. Auch wenn ich dann jeweils zerknittert und müde in der Strassenbahn sass, musste ich immer ein wenig schmunzeln. Während andere zur Arbeit fuhren, war ich auf dem Nachhauseweg. Eine richtig coole Zeit mit all den durchgemachten Nächten! Denn wozu sonst ist man einen Sommer lang in Berlin, wenn nicht für ein richtig cooles Praktikum beim ZDF-Morgenmagazin?

Der Arbeit wegen war ich nämlich in Berlin. Daher meine Schwärmerei für die langen Nächte. Im Gegensatz zur Schweiz – wir kennen so was ja nicht – hat das Frühstücksfernsehen in Deutschland Tradition. Und im Gegensatz zu meinen heutigen Arbeitstagen bei SRF Sport waren es beim ZDF Arbeitsnächte. In der Sendewoche dauerten sie von Mitternacht bis 10 Uhr morgens. Als Nachteule war ich voll in meinem Element.

Und auch je länger, desto vertrauter mit dem TV-Handwerk, zumindest in den Grundzügen. So kam es, dass sich mein Chef auf der Sportredaktion zum Abschluss einen Beitrag von mir wünschte, mit der Vorgabe, dass er einen Bezug zur Schweiz haben müsse. Das Resultat: ein Porträt des Fussballers Fabian Lustenberger, zu jener Zeit Captain bei Hertha Berlin. Die Zutaten: eine grosse Portion Ländlermusik (weil ein bisschen Klischee sein musste), eine Prise Dialekt (das fanden die deutschen Kollegen sehr witzig), der 120 Meter hohe Teufelsberg als Kulisse (von wegen Berg!) und meine Vertonung, die beim Wiederhören Jahre später, sagen wir: komisch anmutet. Fertig war mein allererster TV-Beitrag.

Doch wie das so ist mit dem ersten Mal, irgendwann holt es dich wieder ein und du wirst gnadenlos daran erinnert, welche Anfängerin du warst. Und du fragst dich: Was habe ich da eigentlich getan? So erging es mir, als ich mir vergangene Woche mein TV-Debüt anschaute, inklusive der Vertonung von dazumal. Denn: Am Sonntag war Fabian Lustenberger zu Gast in der Sendung «Sportpanorama», und so holte mich selbiger Beitrag wieder ein. Im Spass erzählte ich Produzent Elmar davon, der fand ihn witzig – und, schwupps, landete er in der Sendung.

«Mit dem Zweiten sieht man besser», lautet der Slogan des ZDF, der nun irgendwie auch zu meinem TV-Anfang passt: Denn auf den zweiten Blick ist dieser erste Beitrag genau so, wie es meine drei Monate Praktikum in Berlin waren: richtig cool.

Seraina Degen (33) ist in Niederdorf aufgewachsen. Als Torhüterin spielte sie lange leidenschaftlich Fussball, heute bleibt sie beruflich am Ball – als Redaktorin bei SRF Sport.

QUERPASS

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