Kirschenernte
04.08.2020 GesellschaftHochstämme – weder abgedroschen noch lächerlich
Zum Artikel «Gross, glänzend und knackig sollen sie sein» in der «Volksstimme» vom 14. Juli, Seite 3
Dass der moderne Tafelkirschenanbau ohne Witterungsschutz und kleinkronige ...
Hochstämme – weder abgedroschen noch lächerlich
Zum Artikel «Gross, glänzend und knackig sollen sie sein» in der «Volksstimme» vom 14. Juli, Seite 3
Dass der moderne Tafelkirschenanbau ohne Witterungsschutz und kleinkronige Bäume nicht mehr möglich sei, erklärt Hansruedi Wirz vom Schweizer Obstverband (SOV) und von Swisscofel im oben genannten Artikel. Diese Aussage ist richtig und wird von uns nicht infrage gestellt. Dass die von Hansruedi Wirz beschriebene Bereinigung des Sortiments an Kirschensorten nicht zu einer Verarmung führt, sehen wir jedoch etwas anders.
Die modernen Sorten befriedigen weitgehend die Anforderungen der grossen Vermarkter: gross, glänzend, knackig, transportfähig, gute Lagerfähigkeit und gutes Shelf-Life. Geschmacklich allerdings reden wir bei vielen modernen Sorten von einem eher faden Einheitsbrei. Trotzdem gilt auch bei dieser Entwicklung: Aus Sicht der Tafelkirschenproduktion ist das verständlich und wir kritisieren diese Entwicklung nicht. Dass ein SOV-Vertreter sich allerdings dazu hinreissen lässt, die Themen Hochstammbäume und alte Sorten als «abgedroschen» und «lächerlich» darzustellen, ist ein Affront gegenüber all jenen Organisationen und Produzenten, die sich mit viel Herzblut für genau diese Themen einsetzen. Und bei allen Problemen, mit denen der Hochstamm-Kirschenanbau derzeit zu kämpfen hat: Er bietet nach wie vor Chancen.
Neben dem im Artikel erwähnten Nischenmarkt (der notabene nicht zu unterschätzen ist), sind auch die Konserven- und Brennindustrie auf Hochstammkirschen angewiesen. Dieser Markt ist seit Jahren unterversorgt und bietet längerfristig ein attraktives Potenzial – vorausgesetzt, das Problem Kirschessigfliege wird gelöst. Dabei geht es nicht darum, mit Altem den Fortschritt zu verhindern, wie Hansruedi Wirz dies impliziert. Im Gegenteil: Der moderne und der traditionelle Kirschenanbau können und sollen koexistieren und voneinander profitieren. Geht es um das romantische Bild in der Werbung, dann ist der Hochstammbaum nämlich auch bei den grossen Verbänden ein beliebtes Sujet.
Kaspar Hunziker, Fructus – Vereinigung zur Förderung alter Obstsorten, Wädenswil, und Stephan Durrer, Hochstamm Suisse, Ormalingen