Die erste Kirchgemeinde ohne Pfarrhaus?
11.08.2020 Kirche, RothenfluhGemeinde zieht Rückgabe an Stiftung in Erwägung
Die Kirchgemeinde Rothenfluh hat als erste Kirchgemeinde im Baselbiet den Antrag gestellt, ihr Pfarrhaus an die Stiftung Kirchengut zurückzugeben. Grund dafür sind die stetig sinkenden personellen und finanziellen ...
Gemeinde zieht Rückgabe an Stiftung in Erwägung
Die Kirchgemeinde Rothenfluh hat als erste Kirchgemeinde im Baselbiet den Antrag gestellt, ihr Pfarrhaus an die Stiftung Kirchengut zurückzugeben. Grund dafür sind die stetig sinkenden personellen und finanziellen Ressourcen.
Michèle Degen
Seit Anfang dieses Jahres haben die evangelisch-reformierten Kirchgemeinden im Baselbiet, deren Kirchen und Pfarrhäuser der Stiftung Kirchengut gehören, die Möglichkeit, ungenutzte Gebäude an die Stiftung zurückzugeben. Als erste Kirchgemeinde hat Rothenfluh einen Antrag gestellt, um diese Möglichkeit in Anspruch zu nehmen. Sie zieht also in Erwägung, das frisch renovierte Pfarrhaus am Dorfeingang, das sie gegen ein Entgelt nutzen darf, an die Stiftung zurückzugeben. An der Kirchgemeindeversammlung vom Donnerstag hat Stiftungsverwalter Martin Innerbichler über den Ablauf und die Konsequenzen einer Rückgabe informiert.
Denn das Vorhaben benötigt einiges an Vorbereitung. Nachdem der Antrag der Kirchgemeinde bei der Stiftung Kirchengut eingegangen ist, haben die beiden Parteien bestimmt, welche Objekte im nach 1534 erbauten Pfarrhaus der Kirchgemeinde gehören und welche der Stiftung. Ein externer Experte hat ausserdem geschätzt, in welchem Zustand die Bausubstanz und die Inneneinrichtung sind. Damit wird berechnet, wie viel Geld man derzeit in eine Sanierung stecken müsste. An der Differenz dieser Summe von jener des Gebäudeversicherungswerts muss sich die Kirchgemeinde grundsätzlich hälftig beteiligen.
Damit soll verhindert werden, dass eine Kirchgemeinde ihr Pfarrhaus nutzt, bis eine grosse Renovation ansteht und es dann an die Stiftung zurückgibt. Diese müsste dann die gesamten Kosten alleine tragen, und Geld aufwenden, das sie in die Renovation noch genutzter Pfarrhäuser stecken könnte, wie Innerbichler erklärt. In der Rechnung berücksichtigt werden auch Investitionen, welche die Gemeinde selbst finanziert hat.
Zwei Jahre Zeit für Beschluss
In Rothenfluh bleibt so ein Betrag von 35 000 Franken bestehen, den die Gemeinde an die Stiftung bezahlen müsste. «So günstig wird es für Rothenfluh nie mehr sein», sagt Martin Innerbichler in seinen Erläuterungen. Denn dadurch, dass das Pfarrhaus frisch renoviert worden ist, fallen dort so gut wie keine Kosten an. Je länger die Kirchgemeinde jedoch wartet, desto älter wird das Haus und desto mehr muss wieder instand gesetzt werden.
Bis Ende September muss die Kirchgemeinde nun entscheiden, ob sie sich mit diesen Rückgabe-Konditionen einverstanden erklärt. Ist das der Fall, wird der Bericht durch eine Verfügung rechtskräftig. Danach hat die Kirchgemeinde zwei Jahre Zeit, um die Rückgabe des Pfarrhauses zu beschliessen. Ein positiver Beschluss würde für die Kirchgemeinde bedeuten, dass sie nicht mehr über das Pfarrhaus verfügen und es nutzen kann. Im Gegenzug würden alle finanziellen Verpflichtungen wegfallen.
Der öffentlich-rechtlichen Stiftung Kirchengut gehört eine Vielzahl der Kirchen und Pfarrhäuser der evangelisch-reformierten Kirchgemeinden im Baselbiet. Ihre Aufgabe ist es, die Gebäude instand zu halten und sie den Kirchgemeinden gegen ein Entgelt zur Verfügung zu stellen. An den Kosten für den Unterhalt der Gebäude beteiligen sich Kirchgemeinde und die Stiftung grundsätzlich hälftig. Trotzdem liegen die Kosten für die Kirchgemeinden für eine Sanierung schnell im sechsstelligen Bereich.
Da die Kirchgemeinden stetig an Mitglieder verlieren, haben sie je länger, je weniger finanzielle Mittel zur Verfügung. Auch personelle Ressourcen fehlen je länger, je mehr. Die Pfarrhäuser und Kirchen werden deshalb für viele Kirchgemeinden eine grosse finanzielle Belastung.
Erny und Straumann verabschiedet
md. Die Rothenflüher Kirchgemeindemitglieder haben an der Versammlung vom Donnerstag Erich Straumann verabschiedet. Er war Anfang 2019 als Sachwalter eingesetzt worden, weil die Kirchenpflege nicht mehr beschlussfähig war. Grund dafür waren Streitigkeiten wegen des damaligen Pfarrers, die mehrere Kirchenpflegemitglieder zum Rücktritt bewegten. Nun sind vier der fünf Sitze wieder besetzt. Straumann bezeichnete es denn auch als einzigen Wermutstropfen, dass er den letzten Platz im Gremium nicht vergeben konnte. Nun sei das Gremium jedoch mit vier sehr fähigen Frauen besetzt, die alles schaffen könnten, so Straumann. Kirchenpflegepräsidentin Heidi Bader-Bitterlin dankte auch Erich Erny für seinen Einsatz. Er war während 47 Jahren als Organist für die Kirchgemeinde tätig.