Bio-Bauernhöfe im Aufwind
04.08.2020 Baselbiet, LandwirtschaftStatistisches Amt präsentiert neue Zahlen und Fakten
Die Zahl der Bio-Bauernhöfe im Baselbiet nimmt seit einigen Jahren zu, während die der konventionell bewirtschafteten Betriebe stagniert. Warum ist das so? Womit haben die Knospenbetriebe im Oberbaselbiet vor allem Erfolg? Auf ...
Statistisches Amt präsentiert neue Zahlen und Fakten
Die Zahl der Bio-Bauernhöfe im Baselbiet nimmt seit einigen Jahren zu, während die der konventionell bewirtschafteten Betriebe stagniert. Warum ist das so? Womit haben die Knospenbetriebe im Oberbaselbiet vor allem Erfolg? Auf Spurensuche in Bubendorf und Reigoldswil.
Peter C. Müller
Im Jahr 2019 waren im Baselbiet 907 Landwirtschaftsbetriebe registriert – ein Betrieb weniger als 2018. Damit bleibt die Anzahl der Höfe seit vier Jahren auf einem relativ konstanten Niveau von etwas über 900. Der langfristige Trend bleibt jedoch weiterhin rückläufig: Im vergangenen Jahr gab es im Baselbiet 360 Betriebe weniger als noch 1996.
Stetig zugenommen hat die Zahl der Bio-Bauernhöfe – von 87 Betrieben im Jahr 1996 auf 151 im 2019. Gegenüber 2018 sind weitere zehn Bio-Betriebe hinzugekommen. Der Anteil der biologisch bewirtschafteten Betriebe lag somit 2019 bei 16,6 Prozent, schweizweit mit 14,6 Prozent leicht tiefer als im Baselbiet.
Greta Thunberg lässt grüssen
Die Gründe für den Aufwärtstrend der Knospenbetriebe sind vielfältig. Insider nennen vor allem die seit ein paar Jahren anhaltenden oder zunehmenden Umweltbewegungen, aber auch die Ausrichtung der Betriebe auf Online-Marketing oder den Direktverkauf in Hofläden und auf lokalen Märkten. Oder wie es einer der Ökobauern ausdrückt: «Angesichts der momentanen, fast schon weltweiten Lebensmittelskandale isst man halt bewusster: Besser einige wenige, gut abgehangene Steaks und ökologisch angebautes Obst und Gemüse vom Biobauernhof statt billige Massenware vom Discounter». Ähnlich klingt es beim Verein Bio Nordwestschweiz: «Betriebe mit dem Knospen-Label produzieren ihre Lebensmittel nachhaltig und sie halten die Interessen von Mensch, Tier und Natur in einem Gleichgewicht.» Der Verein zählt in den Kantonen beider Basel und Solothurn rund 300 Mitglieder und bezweckt vor allem die Förderung des biologischen Landbaus. Er ist eine Mitgliedorganisation von Bio Suisse.
So vielfältig wie die topographischen Gegebenheiten der Nordwestschweiz sind, so breit ist auch die Palette der Landwirte, die im Verein vertreten sind: Sie reicht vom Bergbauern mit Milch- oder Fleischproduktion im Jura bis zu Acker-, Gemüse- und Obstbauern im Hügel- und Talgebiet. Viele Mitglieder des Vereins Bio Nordwestschweiz sind dabei seit vielen Jahren etablierte Biobetriebe, andere befinden sich erst noch in der Umstellungsphase.
Lieferung bis nach Hause
Schon seit vielen Jahren Mitglied des Vereins ist zum Beispiel der Biohof Bärhalde in Bubendorf: Die Brüder Balz und Beni Furter führen den Hof seit 1983 weitgehend zu zweit. Etwas Unterstützung bekommen sie bei Lieferaufträgen oder telefonischen Bestellungen. Seit vielen Jahren hilft Marianne Murmann im Nebenjob tatkräftig mit und betreut auch die dortige Imkerei.
«Aus dem kleinen elterlichen Bauernbetrieb unseren Lebensunterhalt zu bestreiten war und ist eine Herausforderung und manchmal schier ein kleines Wunder», sagt Beni Furter. Gross ist dabei die Vielfalt der Aktivitäten auf dem Hof: Neben Gemüse- und Ackerbau besitzen die Brüder Wiesen, Reben und Obstbäume, halten – neben Hofhund Luna – aber auch Milchschafe, Hühner oder Laufenten.
Balz, der gelernte Gärtner, ist mehrheitlich für den Bereich Gemüseanbau zuständig und Beni mehr bei der Milchverarbeitung anzutreffen. Die Zuständigkeiten sind aber nicht fix definiert, eine flexible Zusammenarbeit ist Grundbedingung für das Gelingen auf einem derart vielseitigen Betrieb. «Wir versuchen, möglichst Umwege zu vermeiden und unsere Produkte in der näheren Region direkt zu vermarkten. Unser Lieferdienst bringt deshalb die bestellte Ware auf Wunsch auch direkt zu den Kunden nach Hause», erklärt Beni Furter und ergänzt: «Wir führen diesen Betrieb nun seit über 30 Jahren, aber die Zeiten werden nicht einfacher – im Gegenteil. Es ist sehr schwierig geworden, rentabel zu wirtschaften.»
Direktverkauf als Erfolgsrezept
Ein weiteres Beispiel für einen Biobetrieb mit langer Tradition ist der Hof Hoggen von Thomas und Anette Rieder-Gysin in Reigoldswil, der sich auf die Zucht von Rindern spezialisiert hat: «Wir haben Aberdeen Angus Rinder und einen Bullen aus Schottland importiert», erklärt Thomas Rieder. «Wir sorgen täglich für die Tiere, schauen, dass es ihnen gut geht und es freut uns sehr, dass wir unsere Herde seit über zehn Jahren stetig aufbauen und mit Zuchttieren aus Schottland ergänzen und erweitern konnten.»
Aberdeen Angus sei eine Rinderrasse, die um 1870 in Ostschottland gezüchtet wurde. Sie bilde die Ursprungsrasse sämtlicher Angus-Populationen auch in Deutschland und der Schweiz. Die Tiere haben keine Hörner und tragen meist ein unifarbiges, schwarz oder rot glänzendes Fell, das ihr typisches Erscheinungsbild ausmacht. «Sie sind sehr raschwüchsig, frühreif und bilden ein Fleisch, welches das Herz vieler Gourmet-Köche höher schlagen lässt», weiss Annette Rieder und verweist auch gleich auf den Verkauf des Fleisches als «attraktives Mischpaket» im nahen Hofladen. «Wir versorgen aber auch verschiedene Läden im Dorf mit dem Fleisch unserer Rinder. Die Direktvermarktung läuft gut», zeigt sich die Biobäuerin zufrieden, «wir haben sehr viele Stammkunden.»
Rund zwei Drittel arbeiten Teilzeit
pcm. In den 907 Baselbieter Landwirtschaftsbetrieben waren 2019 insgesamt rund 2900 Personen beschäftigt. Dies entspricht knapp 2 Prozent der im Kanton beschäftigten Personen. 62 Prozent der in der Landwirtschaft Tätigen sind Männer, der Frauenanteil liegt entsprechend bei rund 38 Prozent.
Rund 60 Prozent der Beschäftigten in der Baselbieter Landwirtschaft arbeiteten 2019 in einem Teilzeitpensum (weniger als 75 Stellenprozent). Hier zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen Frauen und Männern: Gut 77 Prozent der Frauen arbeiteten 2019 in einem Teilzeit-Pensum, bei den Männern waren es «nur» rund 48 Prozent. Der Teilzeitanteil der Frauen ist seit 2001 relativ konstant geblieben. Bei den Männern ist dieser Anteil von 2001 bis 2019 von 41 auf 48 Prozent angestiegen. Der Anstieg der Teilzeitarbeit in der Baselbieter Landwirtschaft erklärt sich also primär durch die Verschiebung hin zu Teilzeit-Pensen bei den männlichen Beschäftigten.