Auf Konflikt um Lärm folgt ein Kompromiss
20.08.2020 Bezirk Waldenburg, WaldenburgGemeinderat kommt Anwohnern der Schiessanlage Sennmatt entgegen
Nachdem die Schiesstätigkeit auf der Schiessanlage Sennmatt in Waldenburg seit 2018 erhöht wurde, störten sich Anwohner an dem vermehrten Lärm. Nun darf der Schiessverein Castle Rock Shooting Club nur noch an jedem zweiten ...
Gemeinderat kommt Anwohnern der Schiessanlage Sennmatt entgegen
Nachdem die Schiesstätigkeit auf der Schiessanlage Sennmatt in Waldenburg seit 2018 erhöht wurde, störten sich Anwohner an dem vermehrten Lärm. Nun darf der Schiessverein Castle Rock Shooting Club nur noch an jedem zweiten Samstag schiessen.
Tobias Gfeller
Der Artikel am Montag in der «Basler Zeitung» warf hohe Wellen. Darin beklagt sich Anwohnerin Ursula Schäublin über die Lärmbelastung durch die rund 300 Meter vom Siedlungsgebiet entfernte Schiessanlage Sennmatt in Waldenburg. Dort trainieren seit gut zwei Jahren die Mitglieder des Schiessvereins Castle Rock Shooting Club (CRSC).
Bei ihrer Sportart geht es nicht um statisches Liegend- oder Stehendschiessen, sondern um aktive Dynamik. Die Schützen sind fast permanent in Bewegung und geben dabei im Vergleich zum statischen Schiessen ein Vielfaches der Schüsse aus meist kürzeren Distanzen ab. Dafür wurde die zuvor stillgelegte 50-Meter-Schiessanlage gegen Bewilligung reaktiviert. Dementsprechend hat durch die Schiessanlage seit 2018 die Lärmbelastung zugenommen.
Schäublin wirft dem Gemeinderat vor, dass er für Abwanderung aus Waldenburg sorge, weil er «1785 Prozent mehr Lärm» auf der Anlage zulasse. Sie hält die Behörden seither gemäss BaZ mit umfangreichen Lärmberechnungen und Einsprachen auf Trab.
Vor der Erweiterung des Betriebs wurde auf der Anlage von zwei Vereinen an wenigen Halbtagen im Jahr geschossen. Dann haben der Gemeinderat, das Amt für Umwelt und Energie sowie ein eidgenössischer Schiessoffizier im Januar 2018 grünes Licht gegeben, damit der Verein CRSC die Anlage für sogenanntes dynamisches Schiessen nutzen kann. Damit kamen zu den bisher jährlich 2800 Schüssen 50 000 Schüsse hinzu.
Kürzung für Schützen in Ordnung
«Durch das dynamische Schiessen hat sich betreffend Lärmimmissionen der Gesamtbeurteilungspegel um rund zehn Dezibel erhöht, bleibt jedoch unverändert unter den Planungswerten», erklärt Andrea Bürki von der Baselbieter Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD). Dies werde vom Mensch lärmtechnisch als Verdoppelung wahrgenommen. Obwohl der Schiessverein sämtliche Auflagen eingehalten hat und die Lärmgrenzwerte nicht übertroffen wurden – das zeigten Lärmmessungen vom kantonalen Bauinspektorat im vergangenen März und dies bestätigt auch die BUD gegenüber der «Volksstimme» –, kürzt nun der Gemeinderat den Schützen die Schiesszeiten. Maximal darf vom CRSC noch während sechs Stunden pro Woche geschossen werden. Statt wie bis anhin montags, donnerstags und am Samstagmorgen dürfen die CRSC-Schützen nur noch jeden zweiten Samstag trainieren.
«Wird am Samstag geschossen, darf am Donnerstag zuvor nicht trainiert werden», erklärt Gemeindepräsidentin Andrea Kaufmann. Damit trage der Gemeinderat dem Wunsch von Anwohnerinnen und Anwohnern Rechnung, dass nicht jeden Samstag geschossen wird. Die Schützen können mit der neuen Regelung leben, auch wenn sie «nicht ganz optimal» sei, so Vorstandsmitglied Tom Wenger. «Uns war klar, dass wir den Anwohnern entgegenkommen müssen. Uns ist bewusst, dass unser Hobby eine Belastung darstellt.»
An einem seitens der Behörden vor längerer Zeit einberufenen Runden Tisch machten Anwohnerinnen und Anwohner den Vorschlag, den Schiessbetrieb auf 12 bis 14 Schiesshalbtage pro Jahr zu reduzieren. Das wurde von den Schützen als «unrealistisch» abgelehnt. «Mitglieder des CRSC gehören dem Kader der Schweizer Nationalmannschaft an und nehmen regelmässig an internationalen Wettkämpfen teil. Um die Qualität aufrechtzuerhalten, ist eine gewisse Trainingsintensität notwendig. Es liegt auf der Hand, dass dies nicht mit nur einem Training pro Monat erreicht werden kann», betont Wenger.
Gemeinderätin trat in Ausstand
Mit Vehemenz wehrt sich Gemeindepräsidentin Kaufmann gegen den von Ursula Schäublin in der BaZ geäusserten Vorwurf, der Gemeinderat sei in der Sache parteiisch gewesen, da der Sohn der ehemaligen Gemeinderätin Margrit Aebi Mitglied bei den CRSC-Schützen ist. «Jedes Mal, wenn es um dieses Thema ging, trat sie konsequent in den Ausstand», stellt Kaufmann klar.
Auch den Vorwurf, der Gemeinderat sei schuld am Rückgang der Einwohnerzahl Waldenburgs, weist die Präsidentin zurück. Im Gegensatz zum Schiessverein hätten sich am Runden Tisch nicht alle Anwohnerinnen und Anwohner kompromissbereit gezeigt. «Die Emotionen gingen hoch», berichtet auch Tom Wenger. Insbesondere ein Paar – Kaufmann will keine Namen nennen – habe auf stur gestellt, während sich andere gesprächsbereit zeigten. «Die Lärmbefindlichkeiten sind scheinbar sehr unterschiedlich», meint die Gemeindepräsidentin vielsagend und deutet seit Jahren eingehende Beschwerden an.
Auch Tom Wenger kann das Vorgehen von Teilen der Anwohnerschaft nicht nachvollziehen. «Noch bevor Anfang 2018 der erste Schuss fiel, hat der Vorstand die Anwohner über sein Vorhaben informiert und Bereitschaft signalisiert, über allfällige Fragen oder Befindlichkeiten zu diskutieren. Von diesem Angebot wurde bis dato kein Gebrauch gemacht. Keiner der Anwohner hat sich jemals direkt beim Vorstand betreffend Lärmemissionen gemeldet.»
Trotz der Reduktion der Schiesszeiten ist das Thema noch nicht beendet. Eine Anwohnerpartei hat bei der Baurekurskommission Beschwerde gegen die Bewilligung für die Umnutzung der Anlage eingereicht. Wenger ist deshalb noch immer besorgt. Der letzte Schuss ist noch nicht gefallen.