Reise durch die Badeorte der Belle Epoque
Wer früher baden gehen wollte, hatte es nicht leicht. Die Wasserkostüme der Damen waren in der Mitte des 19. Jahrhunderts noch aus Flanell und legten im nassen Zustand einige Kilogramm zu.
Auf den Bildpostkarten von den ...
Reise durch die Badeorte der Belle Epoque
Wer früher baden gehen wollte, hatte es nicht leicht. Die Wasserkostüme der Damen waren in der Mitte des 19. Jahrhunderts noch aus Flanell und legten im nassen Zustand einige Kilogramm zu.
Auf den Bildpostkarten von den Seebädern dominieren zwar die reinen Ansichten mit oder ohne schmückende Umbebung. Doch darüber hinaus gibt es eine Fülle von Karten, die auch auf das Badeleben selbst verweisen, teils mit bestimmten Ortsbezügen, teils völlig losgelöst davon, sodass solche Karten in allen (See-) Bädern gleichermassen zu verkaufen waren.
Am amüsantesten sind heute jene Karten, auf denen sich etwa pikantverschämte Badenixen in gestreiften Badeanzügen präsentieren, bewundert von oberlippenbärtigen Herren, die um 1900 auf den Karten der Zeit jedoch vorauseilen, indem sie sich inmitten der Damen im Wasser tummeln.
Der Badeanzug der Damen in oft lustiger Farbigkeit gibt in jener Zeit zwar schon oft das Bein bis zum Knie frei, ist zwar rüschenbesetzt, doch ärmellos und figurbetont eng und anliegend mit gelegentlich grosszügigem Dekolleté. Doch konnten sich damals die Damen weder geschützt im Strandkorb noch am Strand den Herren zum Flirt anbieten, und ein Gang im Badeanzug auf der Promenade wäre gänzlich undenkbar gewesen. Der Weg ins Wasser wurde damals noch züchtig mit dem Badekarren hinter sich gelegt.
Damen- und Herrenbad waren noch getrennt. Erst ab 1902 kamen in Deutschland die ersten Familienbäder auf, in denen alle Familienangehörigen gemeinsam und die Herren bereits mit nur kurzer Badehose bekleidet baden konnten. Manchem Beobachter war das recht ungewohnt, und Karikaturisten nahmen sich dieses Treibens mit entsprechendem Hohn und Spott an.
Die australische Schwimmerin Annette Kellermann wurde 1907 wegen «Erregung öffentlichen Ärgernisses» in Boston verhaftet, weil sie einen der neuen einteiligen Badeanzüge im Wettkampf trug. So konnte das mit der Bademode auf gar keinen Fall weitergehen, meinten die deutschen Moralwächter und verordneten 1932 den sogenannten Zwickelerlass: Damit weniger nackte Haut zu sehen war, mussten Badeanzüge von Frauen und Männern in der Naht im Schritt durch ein zusätzliches, keilförmiges Stück Stoff – einen Zwickel – ergänzt werden. Männer durften in öffentlichen Bädern keine Badehosen, sondern nur noch Badeanzüge tragen und die Damenanzüge mussten züchtig geschlossen sein. Bei den Herren war damals der Matrosen-Look angesagt. Im Gegensatz zu heute, wo teilweise sehr