«Ich rechne mir durchaus gute Chancen aus»
02.07.2020 Basel, BaselbietStephanie Eymann kandidiert nicht nur für einen Sitz in der Basler Regierung, sondern sie möchte der Bisherigen Elisabeth Ackermann gleich auch das Präsidium streitig machen. Dabei sass sie vor einem Jahr noch im Gemeinderat von Eptingen.
Jürg Gohl
In der ...
Stephanie Eymann kandidiert nicht nur für einen Sitz in der Basler Regierung, sondern sie möchte der Bisherigen Elisabeth Ackermann gleich auch das Präsidium streitig machen. Dabei sass sie vor einem Jahr noch im Gemeinderat von Eptingen.
Jürg Gohl
In der links-grünen Stadt Basel wollen die Bürgerlichen in der siebenköpfigen Regierung die Mehrheit erlangen. Ihre Hoffnungen ruhen auf zwei Pfeilern: Bei der SP treten gleich zwei langjährige Amtsträger, Hans-Peter Wessels und Christoph Brutschin, nicht mehr an. Zudem sind sie überzeugt, in der 40-jährigen Stephanie Eymann eine ideale Kandidatin gefunden zu haben, die für ihr Lager den begehrten vierten Sitz erobern könnte. Mehr noch: Sie soll der aktuellen Regierungspräsidentin, der Grünen Elisabeth Ackermann, auch noch den Vorsitz abjagen.
Das frühere FDP-Mitglied gehört neu den Basler Liberalen an und leitet im Rang einer Majorin und als erste Frau der Schweiz in dieser Funktion die Baselbieter Verkehrspolizei. Gewählt wird in Basel am 25. Oktober.
Frau Eymann, bis Ende Juni des vergangenen Jahres sassen Sie 8 Jahre lang im Gemeinderat von Eptingen und wagen nun nach Ihrem Wegzug ins Kleinbasel den Angriff aufs Stadtpräsidium. Trauen Sie sich diesen Sprung zu?
Stephanie Eymann: Das ist genau die Frage, die man sich stellen muss, wenn man angefragt wird. Man muss das für sich abwägen, und das habe ich für mich getan. Dieses Amt traue ich mir zu.
Ich sagte nicht: «Jetzt war ich Gemeinderätin in einem 500-Seelen-Dorf, juhui, jetzt werde ich Stadtpräsidentin.» Das wäre doch sehr vermessen. Doch von meinem sonstigen Werdegang als Juristin, Staatsanwältin und jetzt als Chefin der Baselbieter Verkehrspolizei traue ich mir die Herausforderung zu, zumal ich auch auf der politischen Bühne tätig war. In meinem jetzigen Beruf bei der Polizei gibt es regelmässig Berührungspunkte mit der Politik, und ich spüre, dass mir das durchaus liegt. Ich befinde mich gerne im Diskurs mit verschiedenen Anspruchsgruppen, und das muss man als Regierungsrätin auch sein.
In Eptingen hatten Sie theoretisch die gleiche Aufgabe inne, die Sie nun in Basel anstreben: Mitglied einer Gemeindebehörde. Hören hier die Parallelen bereits auf?
Die Zeit im Eptinger Gemeinderat war sehr lehrreich, und ich möchte sie nicht missen. In einem Dorf und an einer Gemeindeversammlung erlebt man die Bevölkerung ganz unmittelbar, die Kritik kommt sofort. Das zwingt einen, die Vorlagen möglichst durchdacht vorzubereiten. Doch was man in einem kleinen Dorf wie in einer grossen Stadt sofort merkt, ist, ob einem die Arbeit in der Exekutive liegt. Das habe ich in Eptingen gespürt: Ich fühle mich in der Exekutive wohl.
Dafür fehlt Ihnen umgekehrt jegliche parlamentarische Erfahrung.
Das stimmt. Ich kandidierte einst für den Landrat und belegte erfreulicherweise gleich den Platz als erste Nachrückende hinter Monica Gschwind. Aber ich kandidiere für eine Stelle in der Basler Verwaltung, und jetzt bekleide ich eine Kaderstelle in der Baselbieter Verwaltung. Und zu wissen, wie eine kantonale Verwaltung funktioniert, ist wertvoll. Wir können davon ausgehen, dass sie hüben und drüben, also im Baselbiet wie in Basel, sehr ähnlich abläuft. Deshalb, denke ich, bringe ich das nötige Rüstzeug mit.
Sie greifen eine Bisherige, erst noch aus dem rot-grünen Lager, an. Zudem möchte auch die Grünliberale Esther Keller Präsidentin werden. Wie stufen Sie, rein mathematisch, Ihre Chancen ein?
Mathematisch bin ich als Juristin nicht sehr veranlagt (lacht). Es ist zweifellos eine Herausforderung, eine Bisherige anzugreifen. Doch grundsätzlich ist es doch erfreulich, dass das Wahlvolk tatsächlich auswählen kann. Es gibt doch nichts Traurigeres, als eine Wahl mit gleich vielen Kandidaturen wie Sitze. Zudem handelt es sich bei mir um eine bürgerliche Kandidatur, die von drei Parteien getragen wird: von den Liberalen, also meiner Partei, von der CVP und von der FDP. Dank dieses gemeinsamen Vorgehens rechne ich mir durchaus gute Chancen aus.
Sie haben bei der Nomination der CVP sogar mehr Stimmen erhalten als der aktuelle Polizeidirektor, der freisinnige Baschi Dürr. Befeuert das Ihre Zuversicht?
Natürlich hat mich das gefreut und vor allem auch überrascht. Ich bin nach 20 Jahren in Eptingen erst wieder ein Jahr lang in der Stadt. Wohl verfolgte ich immer interessiert, was in Basel lief. Gleichwohl bin ich in der Stadt noch wenig bekannt und politisch ein unbeschriebenes Blatt. Aber das Resultat der CVP interpretiere ich so: Jawohl, wir trauen dieser Frau diese herausfordernde Aufgabe zu.
Mit dem Umzug nach Basel vollzogen Sie gleich noch einen Wechsel der Partei. Sie verliessen die Baselbieter FDP, bei der Sie sogar der Parteileitung angehörten, und schlossen sich der Basler LDP an. Weshalb?
Ich trat wegen meines Wegzugs bei den Baselbieter Freisinnigen aus, absolut ohne ungute Gefühle. Da man mich in der FDP eher dem linken Spektrum zuordnete, fühlte ich mich den Liberalen, die es im Baselbiet nicht gibt, eher zugehörig.
Apropos Liberale: Ihr Vater Felix sass 24 Jahre im Grossen Rat, Christoph, Ihr Onkel, war Basler Regierungsrat und ist nun Nationalrat. Zudem waren Sie die Partnerin des bekannten Baselbieter Sängers Florian Schneider. Als das die «Basellandschaftliche Zeitung» schrieb, wurde ihr vorgeworfen, eine Frau über die Männer zu definieren. Die ausgebootete SVP sprach von Familienclan. Wie sehen Sie das?
Ich habe meinen Weg gemacht. In mir schlummern natürlich die Familien-Gene, und ich kann nichts dafür, dass ich Eymann heisse. Am besagten Artikel habe ich nichts auszusetzen. Wir ziehen nicht als «Lego-Männli» in den Wahlkampf, sondern hinter uns steht eine Biografie, welche die Wähler kennen dürfen. Es wurde ja im gleichen Mass über meinen beruflichen Leistungsausweis berichtet.
Wie emanzipiert ist Stephanie Eymann also?
Ich bin sehr emanzipiert. Als ich kürzlich gefragt wurde, ob ich Feministin sei, verneinte ich dies. Ich zeige durch meine berufliche Leistung und die Selbstverständlichkeit, wie ich sie lebe, meine Vorstellung von Emanzipation. Ich unterstütze die Bewegung und rechne den Feministinnen das Erreichte hoch an; ich würde selber aber nie auf Gleise sitzen. Lieber möchte ich jungen Frauen vorleben, dass sie ihre Ziele auch mit einer Selbstverständlichkeit erreichen können. Wenn man will, kann man sehr viel erreichen als Frau.