Verbotenes Chlorothalonil im Wasser
19.06.2020 Baselbiet, Buus, Gemeinden, LausenMesswerte belegen eine Grenzwertüberschreitung
Bei Messungen durch den Kanton im März und April wurde im Wasser von Buus der
Grenzwert für das seit 1. Januar verbotene Chlorothalonil übertroffen. In mehreren anderen Oberbaselbieter Gemeinden sind die Werte leicht erhöht, liegen ...
Messwerte belegen eine Grenzwertüberschreitung
Bei Messungen durch den Kanton im März und April wurde im Wasser von Buus der
Grenzwert für das seit 1. Januar verbotene Chlorothalonil übertroffen. In mehreren anderen Oberbaselbieter Gemeinden sind die Werte leicht erhöht, liegen aber unterhalb des Grenzwerts.
Tobias Gfeller
«Die Bevölkerung muss sich wirklich keine Sorgen machen. Am Ende zählt, was aus dem Netz kommt. Und das ist sauber und sorglos trinkbar.» Der Buusner Gemeindevizepräsident Christian Kaufmann, zuständig für das Ressort Wasserversorgung, gibt Entwarnung. Der Kanton hat bei Messungen im Frühling einen erhöhten, den Grenzwert überschreitenden Chlorothalonil-Spiegel im Wasser festgestellt.
Der Wirkstoff ist seit dem 1. Januar verboten und wird vom Bund als «wahrscheinlich krebserregend» eingestuft. Der Höchstwert sei jedoch «nur» beim Grundwasser überschritten. Und weil dieses, bis es im Leitungsnetz ist, noch mit Quellwasser verdünnt wird, sei das Wasser, das aus dem Hahn kommt, problemlos geniessbar. So könne nur in Phasen von Trockenheit der Grenzwert auch im Netzwasser übertroffen werden, erklärt auch der Baselbieter Kantonschemiker Peter Brodmann.
Chlorothalonil ist ein Wirkstoff, der in Pflanzenschutzmitteln seit den 1970er-Jahren gegen Pilzbefall als sogenanntes Fungizid zugelassen ist. Er wird im Getreide-, Gemüse-, Wein- und Zierpflanzenbau eingesetzt. Beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln können Abbauprodukte, die sogenannten Metaboliten, entstehen. Diese können ins Grundwasser und somit ins Trinkwasser gelangen.
Sowohl die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (Efsa) als auch das Schweizer Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) haben in ihrer Risikobewertung festgehalten, dass für gewisse Abbauprodukte von Chlorothalonil eine Gesundheitsgefährdung nicht ausgeschlossen werden kann. Es wird als «wahrscheinlich krebserregend» eingestuft. Da die Anforderungen für die Zulassung von chlorothalonilhaltigen Pflanzenschutzmitteln nicht mehr erfüllt sind, hat das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) den Einsatz von Chlorothalonil im Dezember 2019 mit Wirkung auf den 1. Januar 2020 verboten.
Da sich Grundwasser relativ langsam erneuert und die Metaboliten von Chlorothalonil ausgesprochen langlebig sind, sei davon auszugehen, dass diese Verunreinigungen die Grundwasserqualität noch während Jahren in grösserem Ausmass beeinträchtigen werden, meldete das BLW.
Der Grenzwert für die Abbauprodukte von Chlorothalonil beträgt heute 0,1 Mikrogramm pro Liter. In Buus wurde im Rohwasser an einer Messstelle beim Pumpwerk im Tal ein Wert von 0,23 Mikrogramm festgestellt. Die Gemeinde werde in den kommenden Monaten in Zusammenarbeit mit dem Kanton abklären, woher die Belastung kommt und regelmässig Messungen durchführen, betont Gemeinderat Christian Kaufmann. Interessant sei dabei die Wechselwirkung zwischen dem Grundwasser und dem Quellwasser und welche Auswirkungen Niederschläge haben.
«Niemand handelte gesetzwidrig»
Dass gerade das Buusner Grundwasser den Höchstwert überschreitet, könnte wohl auch damit zusammenhängen, dass der mehrere 100 Hektaren grosse Zuströmbereich des Grundwassers grösstenteils landwirtschaftlich genutzt wird, erklärt Kaufmann. Den Schwarzen Peter will er der Landwirtschaft aber keinesfalls zuschieben. «Chlorothalonilhaltige Pflanzenschutzmittel waren bis zum 1. Januar noch erlaubt. Es handelte also niemand gesetzwidrig.»
Es müsse auch klar gesagt werden, dass der Bund den Grenzwert für die Abbauprodukte von Chlorothalonil im Rahmen einer Neubeurteilung der Datenlage vorsorglich auf Anfang 2020 gesenkt und somit die Gemeinden in gewissem Masse mit dem Problem auch alleine gelassen habe, klagt Kaufmann. Da keine Gesundheitsgefahr beim Trinkwasserkonsum besteht, seien jetzt «nachhaltige und durchdachte Lösungen» wichtig. Falls langfristig zu wenig Quellwasser zur Verdünnung zur Verfügung steht, wären gemäss Kaufmann die Verdünnung mit Rheinwasser oder weitere Aufbereitungsstufen Möglichkeiten zur Verbesserung der Situation.
Lausen informiert proaktiv
Chlorothalonil kommt im schweizweiten Vergleich am stärksten im Mittelland vor. Das Baselbiet sei verhältnismässig geringfügig davon betroffen, bestätigt das kantonale Amt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen. In Lausen, Itingen, Arisdorf, Diegten, Diepflingen, Niederdorf, Zwingen, Zunzgen und Rümlingen wurden leicht erhöhte Werte des Chlorothalonil-Metabolits festgestellt. Sie liegen aber unter dem Grenzwert.
Der Lausner Gemeinderat hat die Bevölkerung im Amtsanzeiger proaktiv darüber informiert. «Wir wollen der Bevölkerung zeigen, dass wir die Sache im Auge haben und sie seriös angehen. Trinkwasser ist das Lebensmittel Nummer eins und dazu müssen wir Sorge tragen», betont Gemeindepräsident Peter Aerni. Auch er sagt, dass sich die Bevölkerung aktuell keine Sorgen machen müsse.
Der Gemeinderat hat nun eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen und ein externes Büro damit beauftragt, regelmässig Messungen durchzuführen. «Die Frage stellt sich, ob es sich um eine Momentaufnahme handelt oder die Werte nachhaltig erhöht sind», so Aerni. Kantonschemiker Peter Brodmann sagt zwar, dass Rückstände von Chlorothalonil im Trinkwasser generell nicht erwünscht seien, stellt aber auch klar, dass das Trinkwasser mit diesen «tiefen Belastungen ohne Bedenken» getrunken werden könne.