Ratspräsident mit einer gewissen Sturheit
25.06.2020 Bezirk Sissach, Buckten, PolitikZweimal «Aadie Breesi»: Peter Riebli tritt als Landrats- und Gemeindepräsident ab
Peter Riebli wird als der Landratspräsident in die Geschichte eingehen, der das Parlament exterritorial – auf Stadtbasler Boden – tagen liess. Heute leitet er seine letzte Sitzung. Abschied nimmt der ...
Zweimal «Aadie Breesi»: Peter Riebli tritt als Landrats- und Gemeindepräsident ab
Peter Riebli wird als der Landratspräsident in die Geschichte eingehen, der das Parlament exterritorial – auf Stadtbasler Boden – tagen liess. Heute leitet er seine letzte Sitzung. Abschied nimmt der 64-Jährige auch als Gemeindepräsident von Buckten.
Christian Horisberger
Das Coronavirus mit dem Lockdown hat das gesellschaftliche Leben gründlich durcheinandergewirbelt und den Politbetrieb kurzzeitig auf den Kopf gestellt. Von der einjährigen Präsidialzeit Peter Rieblis im Landrat werden denn auch vor allem die letzten vier Monate in Erinnerung bleiben: mit dem vorübergehenden Umzug des Parlaments nach Basel in die Messe – weil auf Baselbieter Boden keine geeigneten Räumlichkeiten zu finden waren.
Riebli war es, der «mit sehr grossem Druck» darauf gedrängt hatte, dass der Landrat trotz des Lockdowns möglichst rasch wieder tagt, um die Notmassnahmen der Regierung zu legitimieren. Und er war es auch, welcher der Regierung und dem Parlament «mit einer gewissen Sturheit» erklärte, dass dies wohl oder übel in Basel geschehen müsse. Baselland habe damit bewiesen, dass die demokratischen Mechanismen auch in Krisenzeiten funktionieren, sagt Riebli im Rückblick mit einer gewissen Genugtuung. Die Legislatur des SVP-Politikers bestand jedoch nicht primär aus Corona, sondern aus der Leitung des Ratsbetriebs und repräsentativen Aufgaben. Beides habe ihm sehr viel Freude bereitet, sagt er. «Ob an der ‹Fête des Vignerons› oder an einer Weihnachtsfeier mit Behinderten – die persönlichen Kontakte mit Menschen aus allen Schichten und die Möglichkeit, mit Institutionen in Berührung zu kommen, hinter deren Türen man sonst nicht blicken kann, wird mir in Erinnerung bleiben.»
Laden im Griff
Der Ratsbetrieb lief unter Rieblis Verantwortung speditiv. Wäre Corona nicht dazwischengekommen, hätte der Pendenzenberg des Parlaments per Ende der Amtszeit signifikant abgearbeitet werden können, sagt er. Der Buckter hatte den Laden im Griff. Sich ebenso: Freilich habe es ihn bei «hanebüchenen Voten» gejuckt, in eine Debatte einzugreifen, aber er habe sich voll und ganz auf seine Rolle als Zeremonienmeister eingestellt. «Statt mich vertieft mit den Voten der Redner auseinanderzusetzen, konzentrierte ich mich auf den korrekten Ablauf der Debatte und der richtigen Ausmehrung der Anträge.» Der «Maulkorb» habe ihm keine Mühe bereitet, da er als Ratspräsident eine andere Aufgabe habe.
Dennoch freue er sich darauf, ihn nach dem Präsidialjahr ablegen und wieder in die politische Debatte eingreifen zu können, sagt der Politiker. Er liebe den Wettstreit mit Argumenten, auch den harten. «Dann aber gerne über die Sache, über Inhalte und Zweckmässigkeiten und nicht moralisierend über Gut oder Böse.» Als Chef der SVP-Landratsfraktion dürfte er nun reichlich Gelegenheit erhalten, sich dem Schlagabtausch zu stellen.
Peter Riebli tritt am 30. Juni nicht nur als Landratspräsident ab, sondern auch als Gemeindepräsident von Buckten. «Nach 16 Jahren brauche ich mir deswegen kein schlechtes Gewissen zu machen», scherzt er. 2004 zog der gebürtige Obwaldner in den Gemeinderat ein, 2008 trat er die Nachfolge von Hector Luder als Präsident an. Dieser habe ihn «breitgeschlagen», den Job zu machen, sagte Riebli einmal. Die Aufgabe habe ihn weit mehr Arbeit und Zeit gekostet, als Luder ihm damals erzählt habe.
Gemeindefinanzen saniert
Das Präsidium habe zu ihm gepasst, sagt er: «Ich führe, gestalte und entscheide gerne, liebe es, Projekte voranzutreiben und scheue mich auch nicht, Verantwortung zu übernehmen.» So, wie er es bis zu seiner Pensionierung als Leiter der Syngentawerke in der Nordwestschweiz getan hatte. Er scheue sich auch nicht, hinzustehen, wenn es ungemütlich werde.
Andererseits habe er den Austausch mit der Bevölkerung und deren Rückmeldungen immer sehr geschätzt. «Beanstandungen», aber auch positive Feedbacks kämen in einem Dorf, wo man direkt miteinander spricht, fast täglich. Anlass zur Klage gab der Gemeinderat unter der Führung Rieblis insbesondere mit Blick auf die Gemeindefinanzen nicht: Peter Riebli übernahm das Präsidium, als die Kasse einen Bilanzfehlbetrag von 100 000 Franken aufwies. Der Kanton hatte das Dorf deswegen bereits abgemahnt.
Der Macher führte Buckten wieder in die schwarzen Zahlen: «Heute haben wir ein Eigenkapital von knapp 3 Millionen Franken», sagt er, «und das haben wir nicht etwa einer Neubewertung von Liegenschaften zu verdanken.» Auch keiner Steuererhöhung, sondern einem konsequenten Sparkurs, der von der Bevölkerung mitgetragen worden sei. Dank des Ersparten konnte Buckten auch wieder längst überfällige Investitionen in die Infrastruktur tätigen. Und: «Wir sind so weit, dass man ernsthaft über eine Steuerfusssenkung diskutieren kann.»
Stimme für Gemeindeautonomie
Während Rieblis Amtszeit erfolgte die Fusion mit sechs beteiligten Gemeinden zur Feuerwehr Homburg und die Gründung der Kreisschule Homburg, an der fünf Dörfer angeschlossen sind. Selbst als vehementer Verfechter der Gemeindeautonomie bewertet der abtretende Präsident diese Kooperationen, die trotz allem mit einem Verlust an Selbstbestimmung verbunden sind, als positiv, da die Qualität stimme. Wenig hält er dagegen von der sogenannten Professionalisierung und Zentralisierung bisheriger Gemeindeaufgaben wie zum Beispiel der Kesb oder dem Verein Region Oberbaselbiet, dem sein Dorf unter seiner Führung bislang die kalte Schulter zeigte.
Ob es dabei bleibt, nachdem der langjährige Präsident aus dem Rat ausgeschieden ist? Und wenn es sich der Gemeinderat anders überlegt, würde Peter Riebli Opposition machen? Gegen einen Beitritt oder sonst eine Vorlage? Er relativiert: «Ich werde mich nicht in die Tagespolitik einmischen.» Er werde die Gemeindeversammlungen besuchen und bei bestimmten Themen wohl auch seine Meinung äussern, aber kein «Schattenminister» sein. «Der neue Gemeinderat wird nicht alles gleich machen, aber – davon bin ich überzeugt – sich immer nach bestem Wissen und Gewissen fürs Wohl von Buckten engagieren.»
Den neuen Landratspräsidenten Heinz Lerf stellen wir auf Seite 8 vor.
Brief zum Abschied vs. Zum Ende der Amtszeiten Peter Rieblis hat die «Volksstimme» Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter auf kantonaler und kommunaler Ebene gebeten, eine kleine Würdigung seines Wirkens in Form eines Briefs zum Abschied zu verfassen. Die Reaktion hat uns überwältigt: Alle angefragten Politikerinnen und Politiker haben spontan zur Feder gegriffen.
ABSCHIEDSBRIEFE AN DEN LANDRATS - UND GEMEINDEPRÄSIDENTEN
Lieber Peter
Als Du Dein Landratspräsidium angetreten hast, wusstest Du so wenig wie ich, was auf uns zukommen wird. Dieses Amtsjahr war für alle eine noch nie dagewesene Herausforderung, die Du sehr souverän gemeistert hast. Du hast entscheidend dazu beigetragen, dass unser Kanton rasch und entschlossen auf die Coronakrise reagieren konnte.
Für den Regierungsrat warst Du stets ein wichtiger und verlässlicher Partner. Bereits am 2. April hielt der Landrat seine erste Sitzung während der Notlage ab – als zweites Parlament in der Schweiz. Ich finde, wir dürfen richtig stolz sein, dass unser Parlament so rasch wieder handlungsfähig war.
Du hast aber nicht nur in den Corona-Zeiten Aussergewöhnliches geleistet. Unter Deiner Leitung gelang es zum ersten Mal seit langer Zeit, die Mittwochabend-Sitzung im Dezember, die «Budgetsitzung», abzusagen – der Pendenzenberg war abgetragen, die Sitzung überflüssig.
Lieber Peter, ich wünsche Dir alles Gute für Deine Zukunft und bedanke mich für Dein Engagement und die partnerschaftliche Zusammenarbeit.
Isaac Reber, Regierungspräsident, Grüne, Sissach
Lieber Peter
Noch eine letzte Landratssitzung und Dein Amtsjahr als höchster Baselbieter endet im fernen Basel. Coronabedingt ist es Dir vergönnt, den Rat im altehrwürdigen Landratssaal in Liestal zu verabschieden. Und ich gehe davon aus, dass ich als Dein Nachfolger ebenfalls «extra muros» in der Messe Basel in das hohe Amt gewählt werde. Lieber Peter, Du siehst: geteiltes Leid ist halbes Leid.
Wir haben zusammen an vielen Sitzungen teilgenommen und uns dabei immer gut verstanden. Die Zusammenarbeit mit Dir war stets sehr angenehm. Deine Gradlinigkeit und deine klaren Voten habe ich immer geschätzt. Auch haben wir uns immer wieder an offiziellen Anlässen getroffen. Dabei bleibt mir Dein unkomplizierter Umgang mit den verschiedensten Personen in positiver Erinnerung.
Ich freue mich, dass Du als Fraktionspräsident der Geschäftsleitung des Landrats erhalten bleibst. So haben wir – zumindest während meines Präsidialjahrs – immer wieder Gelegenheit, uns auszutauschen. Ich wünsche Dir eine weiterhin spannende Zeit mit bereichernden Begegnungen.
Heinz Lerf, 1. Landratsvizepräsident, FDP, Liestal
Lieber Peter
Gross war meine Freude, als wir Dich 2015 für die SVP-Landratsliste gewinnen konnten. Schon bald stand fest, dass Du mit Deinem fundierten Wissen, Deiner Erfahrung und Deiner Gewissenhaftigkeit der nächste SVP-Landratspräsident wirst.
Dein Landratspräsidenten-Fest ist unvergesslich und nach rund 100 Tagen im Amt folgte das Feuerspektakel von Hansjörg Rickenbacher und seinen Kollegen zu Deinen Ehren. An beiden Festen habe ich Deine Verankerung und Deinen Rückhalt in der Bevölkerung gespürt. Mit Deinem «speziellen» Dialekt und Deinem Charme hast du das Baselbiet weit über die Kantonsgrenze hinaus bestens vertreten. Die Landratssitzungen wurden von Dir kompetent und speditiv geführt.
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge sehe ich dem Ende Deines Präsidialjahrs entgegen. Ich freue mich auf Dich als unseren neuen Fraktionspräsidenten und bin überzeugt, dass Du unseren Landratsbetrieb wieder bereichern wirst.
Für die Zukunft wünsche ich Dir viele erholsame Stunden mit der Familie und für die politische Zukunft im Landrat viel Kraft und Durchsetzungsvermögen.
Susanne Strub, Landrätin SVP, Häfelfingen
Lieber Peter
Als Landratspräsident hast Du sicher einen sehr guten Job gemacht und – soweit möglich – die Sitzungen klar und speditiv geleitet. Im Landrat habe ich sonst eher wenig zu tun mit Dir. Wir sind nicht in derselben Kommission, wo man am ehesten mit Vertretern anderer Parteien in Kontakt kommt. Politisch sind wir nicht «in derselben Ecke» anzutreffen und deshalb haben wir auch noch nie parteiübergreifendzusammengearbeitet, obwohl wir aus demselben Wahlkreis stammen.
Dein Einsatz zum Wohl unserer Wohngemeinde war gross. Unsere politischen Differenzen kamen aber auch auf Gemeindeebene zum Vorschein. Dein Auftreten ist bestimmt nicht von Selbstzweifeln geprägt. Dein pragmatisches Angehen der verschiedensten Anliegen ist sicher positiv, Dein von mir zuweilen als dominant empfundenes Auftreten empfand ich eher als negativ.
Ich wünsche Dir alles Gute und viel Freude in der neu gewonnenen Freizeit.
Sandra Strüby, Landrätin SP, Buckten
Lieber Peter
Als ich 1994 nach Buckten gezogen bin, warst Du eine meiner ersten Bezugspersonen im Dorf – als Kommandant der Feuerwehr hast Du mich mit Deiner fachlichen und sozialen Kompetenz beeindruckt. Du hast nie mit Macht oder Druck geführt, sondern mit überzeugenden Argumenten. Entsprechend habe ich mich gefreut, als Du 2004 zu uns in den Gemeinderat gekommen bist und vier Jahre später auch das Präsidium übernommen hast.
Du hast dieses Amt sehr gewissenhaft und mit einer für mich erstaunlichen Leichtigkeit geführt. Was nicht heissen will, dass Du es locker genommen hast – im Gegenteil, manchmal haben Dein grosses Engagement, Dein Sinn für Gerechtigkeit und Deine Beharrlichkeit auch zu einer hohen Belastung geführt.
Ich gönne dir von Herzen, dass Du wieder mehr Zeit hast, diese Gespräche in Deinem Familien- und Freundeskreis zu führen. Und ich bin zuversichtlich, dass Du nun auch etwas mehr Gelassenheit an den Tag legen kannst (den Landrat blende ich da einmal aus …).
Dani Meier, Vizepräsident und designierter Gemeindepräsident, Buckten
Hoi Peter
Engagiert, hart im Ringen, kollegial im Umgang. So habe ich Dich in der interkommunalen Zusammenarbeit kennengelernt. In Diskussionen konntest Du Dich auf Deine Dossierkenntnisse verlassen und hast zwischen nüchternen Argumenten und prägnanten Bildern gewechselt. Du hast Deiner Meinung Gehör verliehen und mit deinem Streben nach Gemeindeautonomie viel für das Homburgertal geleistet.
Zuweilen ging Dir bei diesem Streben etwas das Gespür verloren, dass das Interkommunale davon lebt, dass man als Gemeinde aufeinander zugeht und nicht den eigenen, sondern den gemeinsamen Vorteil sucht. Mehrere Extrarunden mussten wir gerade in Geschäften der Kreisschule fahren, um auch Dich an Bord zu holen.
Du hast mich durch dieses Die-Stirn -Bieten aber auch gelehrt, in meiner Vorbereitung breiter, meiner Argumentation umfassender, meinem Zuhören aufmerksamer und meiner Kernaussage prägnanter zu werden. Dafür und für Deinen grossen Einsatz danke ich Dir und wünsche Dir, dass Du die gewonnene Freizeit nutzen und geniessen kannst.
Matthias Liechti, Gemeindepräsident Rümlingen, SVP
Lieber Peter
Der Landrat hatte in Dir einen Präsidenten, bei dem man wusste, woran man ist. Das durfte auch ich in unserer Zeit seit dem Aufbau der Kesb erleben. Wir waren an vorderster Front mit dabei und durften der Delegiertenversammlung als Präsidentin und Vizepräsident vorstehen. Es war für mich existenziell, dass ich mich in all den Jahren zu 100 Prozent auf Dich verlassen konnte. Deine Verlässlichkeit, Dein hohes Engagement und Dein Verantwortungsbewusstsein zeichnen Dich aus.
Wenn Du allerdings von etwas nicht überzeugt bist, dann kann es eng werden. So waren unsere Gespräche kontrovers, wenn es um unseren Verein Region Oberbaselbiet ging – all meine flammenden Voten für unseren Verein haben bei Dir nicht gefruchtet. Meistens schaffe ich das – Du bist standhaft geblieben. Das tut unserer Freundschaft aber keinen Abbruch – unsere Abmachung, dass wir uns ab und zu zum Kaffee treffen, ist in Stein gemeisselt.
Danke für Deine Unterstützung in all den Jahren und Dir und Deiner Familie von Herzen alles Gute.
Christine Mangold, Präsidentin Verein Oberbaselbiet, Gelterkinden