Hofladen-Boom flacht wieder ab
19.06.2020 Baselbiet, Wirtschaft, Gesellschaft, LandwirtschaftWährend des Lockdowns kam es sogar zu Hamsterkäufen
Die Hofläden genossen während der Coronakrise grosse Beliebtheit. Die Oberbaselbieter Bauern hoffen, dass der Boom nachhaltig anhält. Die Rückmeldungen darüber sind aber unterschiedlich, in der Mehrheit herrscht wieder so etwas wie ...
Während des Lockdowns kam es sogar zu Hamsterkäufen
Die Hofläden genossen während der Coronakrise grosse Beliebtheit. Die Oberbaselbieter Bauern hoffen, dass der Boom nachhaltig anhält. Die Rückmeldungen darüber sind aber unterschiedlich, in der Mehrheit herrscht wieder so etwas wie Normalität.
Tobias Gfeller
Das Bedürfnis zu wissen, woher kommt, was man isst, war während der vergangenen Monate besonders gross. Regionale Produkte genossen grosse Beliebtheit. Hofläden in der ganzen Schweiz verzeichneten Rekordumsätze. Die Frage ist, ob die Bauern langfristig von einer gesteigerten Nachfrage nach regionalen und saisonalen Produkten direkt ab Hof profitieren können, oder ob die Absätze nach den Lockerungen der Corona-Massnahmen bereits wieder rückläufig sind.
Eine nicht repräsentative Umfrage bei Oberbaselbieter Betrieben kommt nicht zu einem eindeutigen Schluss: Bei den einen hält der Boom noch immer an, bei den meisten herrscht jedoch wieder mehrheitlich Normalbetrieb. Zu Letzteren zählt der Hofladen der Familie Weber auf dem Hof Baregg in Hemmiken. «Wir wurden jetzt nicht gerade von Kunden überrannt, aber eine Zunahme haben wir schon verspürt. Wir hofften, es hält etwas länger an. Doch die Verkäufe gingen schneller wieder zurück, als wir gedacht haben», resümiert Christian Weber.
Der Bauer glaubt, dass der Standort und damit die Erreichbarkeit des Hofladens mitentscheidend seien, ob der Boom anhält oder nicht, da während der Krise auch mehr Menschen im Grünen unterwegs gewesen seien als üblich.
Zu Beginn Hamsterkäufe
Einen leichten Rückgang im Vergleich zu den Monaten April und Mai verspürt auch Helen Itin vom gleichnamigen Hofladen in Ormalingen. «Wir sind jetzt in etwa wieder auf dem Stand von vor der Krise. Wir sind damit aber sehr zufrieden.» Da sie nur einen leichten Anstieg der Nachfrage gespürt haben, sei der Rückgang in den vergangenen Wochen auch nicht so stark ausgefallen, berichtet sie.
Ähnlich tönt es bei Stefanie Spycher aus Oltingen. Es lägen vom Hofladen zwar noch keine Zahlen vor, aber ihr Gefühl sage ihr, dass gerade bei Milch und Eiern, die in dieser Zeit besonders gefragt waren, die Nachfrage wieder etwas zurückgegangen ist. «Die Leute kaufen die Produkte des täglichen Bedarfs wohl wieder vermehrt dort ein, wo sie arbeiten, da nicht mehr so viele im Homeoffice sind.»
Wer für die steigende Nachfrage während der Krise verantwortlich war – ob Leute aus dem Dorf oder von ausserhalb – kann Stefanie Spycher nicht genau abschätzen, da sich die Kundinnen und Kunden im Hofladen selber bedienen könnten. Grundsätzlich sei ihr Hofladen in den letzten Jahren auch durch eine Sortimentserweiterung stetig beliebter geworden.
Auch bei den Freivogels in Gelterkinden herrscht wieder so etwas wie Normalbetrieb. Vor allem zu Beginn des Lockdowns sei der Ansturm enorm gewesen, erinnert sich Valentine Freivogel. Am ersten Wochenende nach dem Ausrufen der ausserordentlichen Lage durch den Bundesrat sei es sogar zu regelrechten Hamsterkäufen gekommen. Vor allem Eier und Äpfel waren während des Lockdowns gefragt.
«Man hat viele neue Gesichter im Hofladen angetroffen. Die meisten davon kommen jetzt zwar nicht mehr, aber vereinzelt konnten wir dadurch neue Kunden gewinnen», bilanziert Freivogel. Sie habe immer wieder aktiv das Gespräch gesucht, um so etwas wie eine Kundenbeziehung aufzubauen.
Bei Marianne Gysin vom Spielhof in Oltingen, die in kleinem Umfang Waren direkt ab Haustür verkauft, hält die hohe Nachfrage weiterhin an. «Wir verkaufen noch immer mehr als vor der Krise», verrät sie. Wieso es ihr gelingt, die Nachfrage auf hohem Niveau zu halten, kann sie aber nicht abschliessend begründen. «Ich denke einfach, dass die Leute beim Kauf den direkten Kontakt zu uns schätzen und dadurch auch erkennen, woher ein Produkt kommt.»
Entscheidend für den Erfolg des Direktverkaufs ab Hof sei aber die Qualität der Produkte, ist Gysin überzeugt. Das sieht auch Sonja Degen, Präsidentin des «Bure Märt» in Sissach so. «Die Qualität ist die oberste Prämisse.» Von den Anbietern erhalte sie vorwiegend positive Rückmeldungen über die Verkäufe direkt ab Hof. «Von einem wirklichen Rückgang habe ich noch nichts vernommen, eher dass sich das Kaufverhalten normalisiert und das anfängliche Hamstern aufgehört haben.» Degen ist guter Hoffnung, dass die hohe Nachfrage auch weiterhin anhält. «Die Qualität und direkt ab Feld in den Hofladen sind das grosse Plus des Direktverkaufs. Das müssen wir hochhalten und genau das wird von den Konsumenten auch geschätzt.»
Alltagsprodukte gefragt
Marc Brodbeck, Präsident des Bauernverbands beider Basel, ist guter Dinge, dass regionale Produkte auch längerfristig im Trend sein werden. Davon könnten insbesondere die vielen Hofläden im Oberbaselbiet profitieren, glaubt der Buusner Landwirt. «Jene, die während der Krise zum ersten Mal in einem Hofladen eingekauft haben und zufrieden waren, werden wiederkommen.»
Es komme aber immer darauf an, was für Produkte angeboten werden. «Ich glaube, dass eher die alltäglichen Produkte mehr gefragt waren als die etwas teureren Genussmittel.» Der Betrieb eines Hofladens sei aber keine garantierte Einnahmequelle, gibt Marc Brodbeck trotz aller Euphorie zu bedenken. «Der Aufbau eines erfolgreichen Hofladens dauert Monate oder sogar Jahre. Je nach Betriebsform ist ein Hofladen sehr personalintensiv und daher aufwendig. Jeder Betrieb muss sich gut überlegen, ob sich das rentiert, gerade dort, wo die Frequenzen eher tief sind. Doch wenn alles stimmt – die Lage und die Produkte –, kann die Ertragskraft eines Hofladens sehr gross sein.»