Früher Start mit höheren Preisen
05.06.2020 Baselbiet, LandwirtschaftObstbauern erwarten gute Kirschenernte
Etwas früher als üblich ist diese Woche die Kirschenernte angelaufen. Trotz guter Witterung wird mit einer geringeren Menge als in den Vorjahren gerechnet. Schuld daran ist der Frost. Die Erntehelfer aus Osteuropa dürfen ...
Obstbauern erwarten gute Kirschenernte
Etwas früher als üblich ist diese Woche die Kirschenernte angelaufen. Trotz guter Witterung wird mit einer geringeren Menge als in den Vorjahren gerechnet. Schuld daran ist der Frost. Die Erntehelfer aus Osteuropa dürfen einreisen.
Christian Horisberger
Nicht ganz so üppig wie in den beiden vergangenen Jahren, aber immer noch gut: Das ist die Prognose für die bevorstehende Kirschenernte. In tieferen Lagen wurden die ersten Früchte schon diese Woche von den Bäumen geholt und grösstenteils direkt vermarktet. Ab der kommenden Wochen werden einheimische Tafelkirschen auch in den Supermärkten zu kaufen sein. Das ist fast zwei Wochen früher als im Vorjahr.
Mit der Ernteprognose ist Hansruedi Wirz, Präsident des Produktezentrums Kirschen/Zwetschgen beim Schweizerischen Obstverband, zufrieden. Der durchschnittliche Ertrag der vergangenen 5 Jahre werde aufgrund der aktuellen Schätzungen leicht übertroffen. Zu den in der ganzen Schweiz erwarteten 2200 Tonnen Tafelkirschen würden die beiden Basel, das Schwarzbubenland und das Fricktal gegen 700 Tonnen beisteuern. Im sehr ertragreichen 2019 waren es rund 900 von 2600 Tonnen landesweit.
Als Grund für die tiefere Prognose gegenüber 2019 und auch 2018 nennt der Reigoldswiler Obstbauer Wirz mehrere Frostnächte während der frühen Blüte. Diese hätten insbesondere den Sorten Merchant und Kordia zugesetzt. Da es sich bei Kordia um eine der mengenmässig bedeutendsten Sorten handle, wiegen die Frostschäden bezogen auf den Gesamtertrag ziemlich schwer. Anstatt damit zu hadern, sieht Wirz das Positive: Durch den geringeren Behang würden die Früchte eher grösser. Das kommt bei den Konsumentinnen und Konsumenten gut an.
80 Prozent unter Regendächern
Abgesehen vom Frost während des «Blueschts» herrschten für den Kirschenanbau dieses Jahr beste Bedingungen: Der warme Frühling habe den Bäumen gutgetan, sagt Wirz. Und durch die geringe Feuchtigkeit sei der Druck durch Pilzbefall gering. «Die Bäume sehen gut und gesund aus.» Die Regenfälle, die nun einige Tage andauern dürften, hätten kaum Einfluss auf die Kirschen. Rund 80 Prozent der Schweizer Tafelkirschen würden unter Regendächern angebaut, damit seien sie vor Fäulnis und Aufplatzen geschützt.
Durch die frühe Blüte wird sich dieses Jahr die gesamte Ernte gegenüber einem Durchschnittsjahr um einige Tage nach vorne verschieben. Sie nimmt nun Fahrt auf und wird in der Woche ab dem 15. Juni richtig in Schwung kommen. Die grössten Erträge sind von der vierten Juniwoche bis Mitte Juli zu erwarten. Die letzten Baselbieter Kirschen werden voraussichtlich Ende Juli geerntet. Dann sind auch schon die Zwetschgen reif.
Frühe Ernten seien für den Markt von Vorteil, erklärt Wirz. Je mehr Kirschen vor den Sommerferien auf den Markt kommen, desto besser, «denn ab dem Bündelitag hat es weniger Menschen in den Läden». Da wegen Corona viele Schweizer die Sommerferien in der Heimat verbringen dürften, herrsche nun eine neue Ausgangslage. Wirz ist gespannt, welche Auswirkungen das Reiseverhalten in diesem Jahr auf die Kirschenverkäufe haben wird.
Kirschenbus auf Tour de Suisse
Selbst unter idealen Bedingungen und grösster Lust auf Frucht hat die Baselbieter Spezialität in den Supermärkten einen immer schwereren Stand. Kirschen müssen sich gegen Aprikosen, Pfirsiche, Melonen und exotische Früchte behaupten. Deshalb seien gute Qualität sowie grosse und prominente Verkaufsplätze in den Läden für einen guten Absatz elementar. Die Präsentation sei in seinen Gesprächen mit dem Detailhandel ein «Dauerthema», sagt der Kirschen-Lobbyist.
Um den Konsumenten mehr Lust auf die Kirsche zu machen, lanciert der Obstverband einen «Kirschenbus». Dieser wird gemäss Wirz in Schweizer Tourismusregionen unterwegs sein und Früchte zum Degustieren anbieten sowie Einkaufsgutscheine von Coop und Migros verteilen.
Der Preis für Kirschen dürfte dieses Jahr leicht anziehen. Gemäss Wirz wurden die Richtpreise für die Produzenten zum Saisonstart gegenüber dem Vorjahr um jeweils 20 Rappen erhöht – auf 6 Franken für das Kilo Kirschen mit 24 Millimetern Durchmesser und auf 7.40 Franken für das Kaliber 28. Als Gründe für die Preiserhöhung nennt Wirz die geringere Erntemenge gegenüber den Vorjahren und leicht höhere Preise im europäischen Umfeld.
Darüber, dass auf den Bauernhöfen nicht genügend Hände zur Verfügung stehen, um die Kirschen zu pflücken, brauchen sich die Obstbauern keine Sorgen zu machen. Erntehelfer können unter Vorlage einer Arbeitsbewilligung und eines Arbeitsvertrags problemlos einreisen, erklärt Wirz. Neben fest angestellten Mitarbeitenden befänden sich seine polnischen Erntehelfer bereits in Reigoldswil.