Für «Fehlleistungen» entschuldigt
16.06.2020 Bezirk Waldenburg, Justiz, Polizei, DiegtenKathrin Schweizer will Schlussstrich unter die Spielgeldaffäre ziehen
Nachdem sie am Donnerstag noch von einem zweiten Vorfall in der Diegter Spielgeldaffäre sprach, rudert Regierungsrätin Kathrin Schweizer nun zurück. Er sei nicht Bestandteil der Anzeige gewesen und habe sich nicht ...
Kathrin Schweizer will Schlussstrich unter die Spielgeldaffäre ziehen
Nachdem sie am Donnerstag noch von einem zweiten Vorfall in der Diegter Spielgeldaffäre sprach, rudert Regierungsrätin Kathrin Schweizer nun zurück. Er sei nicht Bestandteil der Anzeige gewesen und habe sich nicht erhärtet. Es gebe wie auch im ersten Vorfall kein Verfahren.
Tobias Gfeller
Mittlerweile kennt man das beschauliche Diegten fast in der ganzen Welt. So berichteten die renommierte «New York Times», das deutsche Boulevardblatt «Bild» oder der englische «Guardian» über das seltsame Vorgehen der Baselbieter Polizei im Fall des Achtjährigen, der in der Volg-Filiale fragte, ob er auch mit Spielgeld zahlen könne. Eigentlich wollte Kathrin Schweizer schon am Donnerstag im Landrat mit der für sie ärgerlichen Affäre aufräumen. Doch das gelang ihr mehr schlecht als recht.
Sie nahm als ganz loyale Chefin zwar die involvierten und in der Öffentlichkeit vehement kritisierten Polizisten in Schutz und betonte mehrfach, dass deren Vorgehen aufgrund der Unklarheit der Sachlage und vor allem des Alters der Beteiligten richtig und notwendig war. Sie räumte jedoch ein, dass das Fotografieren des Achtjährigen «nicht unbedingt erforderlich» gewesen wäre.
Polizei will genauer prüfen
Schweizer sagte aber auch, dass die Sache eben doch nicht so harmlos gewesen sei, und sprach dabei von einem angeblich zweiten Vorfall, zu dem es im Dorfladen mit den drei involvierten Kindern gekommen sei. Damit heizte Schweizer die Spekulationen weiter an. Gab es einen Diebstahl? Haben die Kinder doch etwas mit dem Spielgeld gekauft?
Anstatt dass die Geschichte zu den Akten gelegt werden konnte, gingen die Diskussionen munter weiter. Bereits im Landrat sparten Parlamentarierinnen und Parlamentarier nicht mit Kritik an der Polizei und Kathrin Schweizer persönlich. Am Freitagabend ruderte die Sicherheitsdirektion zurück: «Der erwähnte zweite Vorfall war nicht Bestandteil der Anzeige, hat sich nicht erhärtet und demzufolge gibt es wie auch beim ersten Vorfall kein Verfahren», liess die Sicherheitsdirektion verlauten.
Kathrin Schweizer habe sich persönlich am Telefon und per Post bei der Familie des Knaben entschuldigt – unter anderem für das viel diskutierte Foto des Achtjährigen. Die Sicherheitsdirektorin entschuldigte sich auch für die Falschinformation zur angeblichen Datenspeicherung bis 2032. Diese Information hätte so nie herausgegeben werden dürfen. «Künftig würden solche Abklärungen intern noch genauer geprüft, bevor sie an die Öffentlichkeit gelangen», stellt Kathrin Schweizer klar und sprach sogar von «Fehlleistungen» seitens der Polizei.
Beim Diegter SVP-Landrat Matthias Ritter, der in der Nachbarschaft der Familie des Knaben wohnt und arbeitet, löst die Affäre noch immer Kopfschütteln aus. «Die Andeutung eines angeblich zweiten Vorfalls war nicht gut», kritisiert er Schweizers Auftritt im Landrat. Dies habe nur unnötig Fragen aufgeworfen. Ritter hat im Nachgang zur Landratsdebatte mit dem Schweizer Volg-Chef telefoniert. «Er hat mir erklärt, dass es zu keinem zweiten Vorfall gekommen sei. Die Kinder kamen nochmals in den Laden zurück und haben mit richtigem Geld bezahlt», gibt Ritter die Version des Volg-Chefs wieder.
«Der Knabe ist verängstigt»
Erst am Donnerstagabend habe Ritter den Knaben im Dorf angetroffen. «Er wirkte sehr verängstigt.» Auch bei der Familie zu Hause sei die Stimmung «alles andere als gut». «Die Mutter ist schon den Tränen nah, wenn sie nur schon an den Anruf der Polizei denkt.» Er spüre auch eine «saumässige Unruhe» im Dorf, berichtet der Diegter Landrat. Er bedauert es auch, dass jetzt Teile der Bevölkerung den wichtigen Volg-Laden boykottieren würden.
Zum Ende hat Matthias Ritter noch einen Rat an die Polizei: «Der Polizist hätte doch in Uniform vorbeigehen können, fragen, was passiert ist, und dann klarstellen, dass man so etwas nicht macht. Dann hätte er den Kindern noch ein kleines Erinnerungsstück der Polizei mitgeben können und gut ist’s.» Ritter ist überzeugt, dass dies bei den Kindern viel mehr bewirkt hätte als das Drohen mit einer Anzeige und das Fotografieren. «Das Vertrauen dieser Kinder in die Polizei ist nun erschüttert.»