Ein weiterer gescheiterter Anlauf
19.06.2020 BaselbietEine Initiative mit dem Ziel Vollkanton wird zurückgezogen
Die Kantonsregierung sollte aufgefordert werden, eine eidgenössische Volksinitiative für die Aufwertung des Baselbiets zu einem Kanton mit zwei Standesstimmen zu lancieren. Die kantonale Volksinitiative, die dies ...
Eine Initiative mit dem Ziel Vollkanton wird zurückgezogen
Die Kantonsregierung sollte aufgefordert werden, eine eidgenössische Volksinitiative für die Aufwertung des Baselbiets zu einem Kanton mit zwei Standesstimmen zu lancieren. Die kantonale Volksinitiative, die dies forderte, wurde nun zurückgezogen.
David Thommen
Hinter der bereits 2012 eingereichten kantonalen Volksinitiative stand federführend der ehemalige Nationalrat Hans Rudolf Gysin (FDP). In seinem Komitee engagierten sich unter anderem alt SVP-Nationalrat Caspar Baader und FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger, aber auch alt Landratspräsident Hannes Schweizer (SP). Dem längst in der Kantonsverfassung festgeschriebenen Ziel eines «Vollkantons» Baselland mit zwei Standesstimmen sollte endlich zum Durchbruch verholfen werden. Dies, nachdem mehrere Anläufe für die Aufwertung im eidgenössischen Parlament bereits gescheitert waren.
Die Forderung der kantonalen Initiative nach der Art des Vorgehens war mutig, manche meinten auch: übermütig. Gysin und Konsorten wollten die Baselbieter Kantonsregierung per kantonalem Volksentscheid dazu ermächtigen und ermuntern, nötigenfalls eine eidgenössische Volksinitiative zu lancieren und zu finanzieren, damit Schweizer Volk und Stände über den Baselbieter Wunsch nach Vollwertigkeit befinden können.
Die Baselbieter Politik taxierte dies allerdings gemeinhin als Versuch mit der Brechstange: Es sei nicht an einer Kantonsregierung, eidgenössische Volksinitiativen zu lancieren, lautete die Antwort. Und gewichtiger: Eine Umfrage der Baselbieter Regierung unter den umliegenden Kantonen zeigte, dass das Anliegen vor allem aus staatspolitischen Gründen so höflich wie deutlich abgelehnt wird. Bereits in den Jahrzehnten zuvor hatte es sich gezeigt, dass die restliche Schweiz keinerlei Interesse daran hat, der Nordwestschweiz mehr Gewicht im Ständerat zu geben.
Rückzug vor der Abstimmung
Überdies stellte sich unweigerlich die bange Frage, ob von anderen – deutlich kleineren – Halbkantonen die gleiche Forderung zu erwarten ist. Und stets war ein «Killerargument», dass sich Basel-Stadt dem Baselbieter Wunsch mehr oder weniger offen widersetzte, weil damit die Kantonstrennung wohl auf alle Zeiten hinaus zementiert würde. Da Basel nie ernsthaftes Interesse an der Vollkantonsfrage zeigte, scheint der Baselbieter Wunsch hoffnungslos zu sein. Eine einseitige Aufwertung wäre undenkbar. Hätte Baselland seine Vollkantonsinitiative tatsächlich an die Schweizer Urnen bringen wollen, hätte Basel-Stadt zwingend kraftvoll am gleichen Strick ziehen müssen.
Angesichts der Chancenlosigkeit des Unterfangens wurde die Initiative mit Einwilligung des Initiativkomitees zuerst auf die lange Bank geschoben. Und jetzt, da die Abstimmung über das Begehren auf den 27. September hätte angesetzt werden sollen, zieht das Komitee die Initiative zurück. Gysin schreibt im Communiqué: «Tatsache ist leider, dass es trotz zweimaliger Verlängerung der Behandlungsfrist der Initiative bis heute den dafür in Frage kommenden politischen Institutionen und Instanzen nicht gelungen ist, die politischen Kräfte kantonsübergreifend von einem gemeinsamen Vorgehen der Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt für Massnahmen zur Erreichung der Aufwertung beider Kantone mit je zwei Ständeratssitzen zu überzeugen.»
Mit dem Rückzug der Initiative gebe man «den in Frage kommenden politischen Institutionen und Instanzen des Baselbiets den Weg frei, kantonsübergreifend neue Wege zu suchen und zu finden», heisst es in Gysins Schreiben weiter. Damit dürfte die Vollkantonsfrage für einige Zeit wieder vom Tisch sein.