Drin, was draufsteht
09.06.2020 Baselbiet, Wirtschaft, LandwirtschaftFrenkendorf | Milch, Rahm, Joghurt, Käse – alles echt Baselbiet
Im Industriegebiet von Frenkendorf produziert die Regio Molkerei beider Basel AG den Baselbieter Käse. Kaum jemand weiss, wie authentisch die Bezeichnung ist.
Ueli Frei
«Wie ...
Frenkendorf | Milch, Rahm, Joghurt, Käse – alles echt Baselbiet
Im Industriegebiet von Frenkendorf produziert die Regio Molkerei beider Basel AG den Baselbieter Käse. Kaum jemand weiss, wie authentisch die Bezeichnung ist.
Ueli Frei
«Wie viel Baselbiet steckt in diesem Käse?» Das Thema Regionalität beschäftigt nicht nur die «Volksstimme», sondern auch Martin Ineichen, wie die Antwort des Betriebsleiters der Regio Molkerei beider Basel AG in Frenkendorf vermuten lässt. «Das ist unser Problem, kaum jemand weiss das», gesteht er. Denn: Im Baselbieter Käse ist tatsächlich drin, was draufsteht.
«Wir verwenden zu 100 Prozent Baselbieter Milch», betont Ineichen. Im Gegensatz zu einem Emmentaler oder Gruyère, die bis zum Verkauf mindestens drei Monate reifen müssen, handelt es sich beim «Baselbieter» um einen jungen Halbhartkäse. «Milde Käse sprechen ein breites Publikum an, vom Kind bis zur Grossmutter», erklärt Ineichen. Nach demselben Rezept entstehen auch die Geschmacksrichtungen rezent und surchoix. Den Unterschied macht die Reifedauer im Keller der Regio Molkerei. Besonders zu erwähnen ist das Baselbieter Fondue, bei dem die Kellerei Buess aus Sissach den Riesling x Sylvaner und Hansruedi Wirz aus Reigoldswil den Kirsch beisteuert.
Etwa ein Fünftel der jährlich angelieferten Milch – rund 3 Millionen Liter – verarbeiten Ineichen und sein zehnköpfiges Team zu Käse. Rund 60 Prozent der Milchmenge werde als Pastmilch verkauft, gibt Ineichen zu Protokoll. Wichtigste Kunden der Regio Molkerei sind die Grossverteiler Coop und die Migros-Genossenschaft Basel. Aber auch kleinere Detaillisten der Region vertreiben Pastmilch, Rahm, Joghurt und Käse aus Frenkendorf. «Die Spezialitäten der Regio Molkerei passen in ein hochwertiges Sortiment», sagt Ineichen.
Bekanntheitsgrad fehlt
Für die Grösse des Verkaufsgebiets gilt einerseits die Produktionsmenge als limitierender Faktor. Andererseits setzt der mangelnde Bekanntheitsgrad der Baselbieter Milcherzeugnisse Grenzen. «Bündner Bergkäse wird gekauft, weil er Ferienerinnerungen weckt», nennt Ineichen ein Beispiel.
Die Produktion erfolgt abhängig vom Bestellungseingang. Denn leicht verderbliche Produkte verlangen kurze Produktionszyklen. «Pastmilch und Joghurt lassen sich nicht auf Vorrat produzieren», erklärt Ineichen. Portionierung und Verpackung der in Frenkendorf hergestellten Produkte erfolgen im Werk der Muttergesellschaft in Emmen.
Auch in Frenkendorf war die Coronakrise spürbar – allerdings im positiven Sinn. Durch die eingeschränkte Mobilität und den weggefallenen Einkaufstourismus stieg der Absatz von regionalen Milchprodukten unmittelbar und markant. Eine für Ineichen erfreuliche Tatsache. Denn in den vergangenen zehn Jahren habe sich der Verbrauch von Trinkmilch fast halbiert. Dafür verantwortlich sei das veränderte Konsumverhalten. «Es gibt immer mehr Tankstellenshops und Take-aways», sagt Ineichen. Zugenommen habe hingegen der Absatz von Milchdrinks, wie zum Beispiel Caffè Latte. In diesen Segmenten sei die Regio Molkerei jedoch nicht aktiv.
Ineichen hofft, die Konsumenten von der Qualität seiner Produkte überzeugt zu haben und dadurch zumindest einen Teil der zusätzlichen Verkäufe in die Zukunft mitzunehmen.
Seit 2010 ist die Regio Molkerei beider Basel AG ein Tochterunternehmen des Emmi-Konzerns.Von der konkursiten Regio Milch AG erbte Ineichen vor allem die Qualitätsprobleme. Dieses Kapitel gehöre definitiv der Vergangenheit an, betont er. Die kurzen Wege ermöglichen eine schnelle Verarbeitung. Eine Zentrifuge trennt allfällige Bakterien von der Milch. Für Emmi sei die Investition sinnvoll, sagt Ineichen. «Wir besetzen eine Nische, und die Nachfrage ist vorhanden», erklärt er.
Neben der Regio Molkerei produzieren das Wohn- und Werkheim Dietisberg und die Käz Käserei in Allschwil Käsespezialitäten aus der Region.
Vollsortiment an Milchprodukten
Denn in der Nordwestschweiz gibt es keine weiteren industriellen Verarbeiter, welche die Grossverteiler mit einem Vollsortiment an regionalen Milchprodukten beliefern können. Der Mutterkonzern mit einem Umsatz von 3 Milliarden Franken stehe daher voll und ganz hinter der kleinen Molkerei im Baselbiet.
Vor zehn Jahren zog der heute 40-jährige Milchtechnologe Martin Ineichen aus dem luzernischen Neudorf nach Sissach. Nach der Schliessung der Coop- und Miba-Molkereien wurde die Nordwestschweiz aus der übrigen Schweiz mit Milchprodukten versorgt. 2001 gründeten die Baselbieter Landwirte den Verein Pro Regio Milch. Im Juni 2006 erfolgte der Spatenstich für den Neubau in der Industriezone von Frenkendorf.