Der Eiche gefällt‘s, der Buche weniger
03.06.2020 Baselbiet, LandwirtschaftAllschwil | Waldentwicklungsplan wird nach 18 Jahren revidiert
Derzeit erfassen Forstfachleute den Waldbestand im Forstrevier Allschwil/vorderes Leimental. Dabei werden auf der 523 Hektaren haltenden Waldfläche insgesamt 260 Stichprobenflächen nach 18 Jahren erneut ...
Allschwil | Waldentwicklungsplan wird nach 18 Jahren revidiert
Derzeit erfassen Forstfachleute den Waldbestand im Forstrevier Allschwil/vorderes Leimental. Dabei werden auf der 523 Hektaren haltenden Waldfläche insgesamt 260 Stichprobenflächen nach 18 Jahren erneut vermessen.
Otto Graf
Der Wald muss heute vielfältigsten Ansprüchen genügen. Er ist Lieferant für Nutz- und Energieholz. Er speichert und liefert Trinkwasser. Er entzieht der Luft CO2, und setzt im Gegenzug Sauerstoff frei. Zudem dient er zunehmend als Erholungs- und Freizeitraum. Damit der Wald seine Funktionen erfüllen kann, ohne Schaden zu nehmen, braucht es jedoch klare Regeln. Denn das Ökosystem Wald ist streng geschützt. Grundsätzlich darf dem Wald auf Dauer nicht mehr Holz entnommen werden, als nachwächst.
Details, beispielsweise wie viel Holz pro Jahr geschlagen werden darf oder welche Pflanzen in die Schlagflächen einzubringen sind, regelt der Waldentwicklungsplan (WEP). Dieser ist auf eine Dauer von etwa 15 Jahren ausgelegt und ist periodisch zu revidieren. Nun wird im Forstrevier Allschwil/vorderes Leimental, das die Gemeinden Allschwil, Biel-Benken, Binningen, Bottmingen und Oberwil umfasst, wiederum eine Revision fällig. Die Medien hatten vergangene Woche Gelegenheit, im Allschwiler Forst im Gebiet Spitzwald den Fachleuten über die Schulter zu blicken, wie das Waldinventar aufgenommen wird.
Wurde früher in den damaligen Waldwirtschaftsplänen jeder Stamm ab einem bestimmten Durchmesser manuell erfasst, so ist heute das Stichprobenverfahren die Norm. Dabei kommen GPS-gestützte Methoden und elektronische Distanzmessgeräte zum Einsatz. Und der Tablet-Computer hat den Holzrodel abgelöst. Halfen einst ganze Schulklassen mit, so genügen heute zwei Fachleute, um das Inventar zu erfassen. Einzig die Kluppe zum Ermitteln des Stammdurchmessers hat überlebt.
GPS sucht Stämme
In jeder Kontrollstichprobenfläche, ein Kreis mit einem Radius von 9,77 Metern, steckt im Zentrum als Fixpunkt ein Metallrohr im Boden. Dank GPS und Metalldetektor lassen sich die Fixpunkte rasch wieder auffinden, selbst wenn sich der Wald in fast zwei Jahrzehnten stark verändert haben sollte. «Darüber hinaus hat der Metalldetektor im Waldboden manches, was die Zivilisation achtlos liegen gelassen hat, wieder zutage befördert», beschreibt Andreas Gabriel vom Ingenieurbüro Guaraci forest consulting SA die Effizienz des Detektors.
Nach wenigen Sekunden zeigt das Gerät die genaue Position des Metallrohrs an. Mit dem Distanzmessgerät peilt Gabriel eine Eiche an, während sein Assistent Philipp Lischer mit der Kluppe den Stammdurchmesser auf einer Höhe von 1,3 Metern ab Boden ermittelt. Gabriel tippt die Zahl in den Computer, der das Holzvolumen der Eiche errechnet und mit der vergangenen Erhebung vergleicht.
260 Stichprobenflächen
So werden nach und nach alle Stämme mit einem Brusthöhendurchmesser (BHD) von 12 Zentimetern und mehr auf der 3 Aren messenden Kreisfläche erneut inventarisiert oder erstmalig aufgenommen. Ebenso wird das Totholz, liegendes inbegriffen, erfasst. Danach wiederholt sich das ganze Prozedere auf allen anderen der total 260 Stichprobenflächen des Forstreviers.
Wie Kreisforstingenieur Luzius Fischer erklärte, werden die Messwerte statistisch ausgewertet und mit den Daten des vorhergehenden Inventars verglichen. Dadurch lassen sich wichtige Kriterien herauslesen, die in den WEP einfliessen und für die künftige Bewirtschaftung massgebend sind. Eine wichtige Komponente ist der Holzvorrat, die Basis für den amtlich festgelegten Hiebsatz. Zwangsnutzungen durch Windwurf, Borkenkäfer, Schneedruck, Blitzschlag und so weiter sind dabei zu berücksichtigen.
Sturmwinde, zum Beispiel Lothar, rechnet Fischer vor, könnten innert Stunden ein Mehrfaches der ordentlichen Nutzung zu Boden bringen. In der Praxis ist der Zuwachs jedoch seit Jahrzehnten deutlich höher als die Holzernte. Das bewirkt, dass die Bestände überaltern und für Ereignisse anfälliger sind als ein junger Wald.
Der Forstingenieur geht davon aus, dass die klimatischen Veränderungen und die biologischen Einflüsse die Zusammensetzung der Waldgesellschaft langsam verändern werden. Messbare Resultate werden jedoch erst in 15 bis 20 Jahren vorliegen, wenn die kleinen Bäume einen BHD von minimal 12 Zentimetern aufweisen. So dürfte der Anteil der wärmeliebenden Eiche ansteigen und derjenige der Buche sinken. Einen starken Rückgang erwartet Luzius Fischer hingegen bei der Esche, der ein Pilz – die Eschenwelke – dermassen zusetzt, dass die Mehrheit der Bäume abgeht. Immerhin, so Fischer, sei ein kleiner Anteil der Eschen gegen den Pilz resistent, sodass sich der Baum aus unseren Wäldern kaum gänzlich verabschieden dürfte.
Waldgesellschaft verändert sich
og. Im Forstrevier Allschwil/vorderes Leimental dominiert die Eiche, die einen Drittel des Bestandes ausmacht. Die Esche bringt es auf einen Anteil von 20 Prozent, knapp vor der Buche. Der Ahorn ist mit 6 Prozent vertreten. Die Nadelhölzer machen bescheidene 4 Prozent aus. Die verbleibenden 18 Prozent verteilen sich auf andere Laubhölzer wie etwa Linde, Birke, Weide, Erle, Kirsche, Pappel, Robinie oder den Nussbaum.