«Ich habe die Vereine und Verbände als sehr kreativ erlebt»
11.06.2020 Baselbiet, SportLeiter Thomas Beugger zu den Auswirkungen des Lockdowns auf den Sport
Thomas Beugger ist seit 19 Jahren Leiter des Sportamts. In der Coronakrise war sein Team primär in beratender Funktion stark gefordert. Neu war für den im Sport omnipräsenten Zeglinger aber vor allem etwas anderes: ...
Leiter Thomas Beugger zu den Auswirkungen des Lockdowns auf den Sport
Thomas Beugger ist seit 19 Jahren Leiter des Sportamts. In der Coronakrise war sein Team primär in beratender Funktion stark gefordert. Neu war für den im Sport omnipräsenten Zeglinger aber vor allem etwas anderes: Freie Abende und Wochenenden.
Herr Beugger, was bedeutet es für das Baselbiet, dass drei Monate kein Sport stattgefunden hat?
Thomas Beugger: Wie für alle anderen Bereiche war diese Zeit auch für den organisierten Sport im Baselbiet, der fast ausnahmslos dank Freiwilligenarbeit funktioniert, sehr aussergewöhnlich. Niemand war auf diese Situation vorbereitet. Im Zentrum stand für alle, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, um die Bevölkerung und die Gesundheitsversorgung zu schützen. Wir als Sportamt mussten unsere geplanten Veranstaltungen wie die Tagung Freiwilligenarbeit oder das «Spiel ohne Grenzen» sowie die Ausbildungskurse in Jugend+Sport und Erwachsenensport absagen. Wir waren vor allem in beratender Funktion sehr gefragt. Dass die Baselbieter Sportorganisationen weder Trainings noch Anlässe durchführen durften, stellte viele vor organisatorische und finanzielle Herausforderungen. Ich habe zahlreiche Sportvereine und Sportverbände als sehr kreativ erlebt. Sie haben ihre Vorstandssitzungen mittels Telefon- oder Videokonferenzen durchgeführt. Einige Vereine boten ihren Mitgliedern auch Trainingseinheiten in Form von Videokonferenzen an. So etwas wurde vorher nicht einmal in Erwägung gezogen. Den grössten Aufwand hatten die Sportorganisationen, als sie per 11. Mai oder 8. Juni ihren Trainingsbetrieb wieder aufnehmen wollten und sich mit ihren Schutzkonzepten und den damit verbundenen organisatorischen Fragen beschäftigen mussten.
Welche Sportarten wurden während dieser Zeit am meisten ausgeübt?
Zwei Sportbereiche erlebten einen regelrechten Aufschwung: Die Ausdauersportarten in der Natur und das Krafttraining zu Hause, das über eine Vielzahl von Apps und Videos beworben worden ist. Sehr viele Personen haben in den vergangenen drei Monaten das Velofahren, Wandern oder das Laufen wieder oder neu entdeckt.
Sie verbringen als Sportamtleiter sonst jeden dritten Abend und viele Wochenenden an öffentlichen Anlässen. Haben Sie mehr Freizeit genossen?
Seit ich als 17-Jähriger beim Turnverein Zeglingen als Jugendriegenleiter und bei der «Volksstimme» als freier Mitarbeiter angefangen hatte, gab es das nie mehr, dass ich unter der Woche mehrere freie Abende hatte und während zweier Monate weder Sportveranstaltungen besuchte noch aktiv an Sportwettkämpfen teilnahm. Diese freien Zeitfenster waren schon speziell, vor allem an den Wochenenden. So viel wie in diesem Frühjahr war ich beispielsweise noch nie mit dem Rennrad oder dem Mountainbike unterwegs. Allerdings war es auch so, dass die Führung des Sportamts im Homeoffice-Betrieb sehr anspruchsvoll war. Auch am Abend und am Wochenende gab es oft berufliche Aufgaben zu erledigen.
Wie geht es den Baselbieter Sportvereinen, Sportanbietern und Sportinfrastrukturen nach dem Lockdown?
Die Baselbieter Sportorganisationen sind zunächst einmal dankbar, dass aufgrund der Lockerungen der Massnahmen des Bundesrats der Trainingsbetrieb mit entsprechenden Schutzkonzepten wieder möglich ist und das sportliche Baselbiet allmählich wieder Fahrt aufnimmt. Schon viele Vereine bieten ihre Trainings wieder an und zahlreiche Organisatoren beschäftigen sich mit der Planung ihrer Veranstaltungen. Auch die kommerziellen Anbieter und die Betreiber der Infrastrukturen freuen sich, dass sie wieder öffnen und ihre Besucherinnen und Besucher empfangen dürfen. Im finanziellen Bereich traf es diejenigen Sportorganisationen am härtesten, die in den vergangenen drei Monaten grössere Anlässe absagen mussten und dadurch einen substanziellen finanziellen Schaden erlitten haben. Die meisten Organisationen verfügen aber über eine solide finanzielle Reserve und sind dadurch in der Lage, den finanziellen Schaden einigermassen aufzufangen.
Das Sportamt hat Anlässe wie das «Spiel ohne Grenzen» abgesagt. Planen Sie einen Ersatz?
Die Absage des «Spiels ohne Grenzen», an dem mehr als 100 Primarschulklassen mit mehr als 2000 Schülerinnen und Schülern angemeldet waren, hat uns am meisten «wehgetan». Eine Verschiebung auf den Spätsommer oder Herbst kam für uns deshalb nicht infrage, weil ja Grossanlässe verboten bleiben. Deshalb freuen wir uns schon jetzt darauf, das «Spiel ohne Grenzen» im Juni 2021 wieder durchführen zu dürfen.
Wie sieht es beim Baselbieter Team-Orientierungslauf von Ende Oktober aus? Den Klassiker gibt es seit 1953.
Bis auf Weiteres können nur Sportveranstaltungen mit bis zu 300 Personen stattfinden. Am Team-OL in Laufen erwarten wir 1500 Personen aller Alterskategorien am Start. Deshalb müssen wir uns aktuell mit verschiedenen Szenarien auseinandersetzen, auch mit einer Absage oder mit einer reduzierten Form. Klar ist, dass auch Ende Oktober Sportgrossanlässe nur mit Schutzkonzepten ausgetragen werden dürfen. Wir hoffen aber, dass wir den Baselbieter Team-OL durchführen dürfen. Interview Willi Wenger