«Der Zustand des Waldes ist labil»
25.06.2020 Baselbiet, Landwirtschaft, RegionFrenkendorf | Kantonsbeiträge an Waldbesitzer sollen steigen
gfe. «Vor acht Wochen haben wir noch gedacht, dass das heute eine Krisen-Pressekonferenz wird.» Ueli Meier, Leiter des Amts für Wald beider Basel, erinnert an die aussergewöhnlich trockenen ...
Frenkendorf | Kantonsbeiträge an Waldbesitzer sollen steigen
gfe. «Vor acht Wochen haben wir noch gedacht, dass das heute eine Krisen-Pressekonferenz wird.» Ueli Meier, Leiter des Amts für Wald beider Basel, erinnert an die aussergewöhnlich trockenen Monate März und April, als die Situation in den Baselbieter Wäldern so früh wie noch nie schon wieder heikel wurde. Die Niederschläge im Mai und Juni hätten die Situation aber wieder beruhigt, ergänzte Regierungsrat Thomas Weber (SVP). Der aktuelle Waldzustand sei besser, als von vielen Fachleuten erwartet.
Es sei aktuell kein alarmierender Zustand. Doch es gebe viele Unsicherheiten und Wissenslücken. «Der Zustand des Waldes ist labil und kann jederzeit wieder kippen», so Weber. Zudem stünden die wärmsten Monate ja noch bevor. Auch Ueli Meier warnte vor einer zu frühen Entwarnung. «Zwar ist die Momentaufnahme relativ entspannt, aber es braucht eine bis zwei Wochen Trockenheit und es sieht wieder ganz anders aus.»
Zur Analyse des Waldzustands nutzen das Amt für Wald beider Basel und die Forstbetriebe seit einem halben Jahr auch Satellitendaten, die einen objektiven Überblick über das Ausmass der Mortalität im Zusammenhang mit der Trockenheit aufzeigen sollen. Diese Daten zeigen eingefärbt unter anderem das Vorhandensein der Fotosynthese und so die Vitalität der Wälder. Die aktuellsten Daten geben im Vergleich zum August 2019, als fast keine Vitalität mehr erkennbar war, Grund zur Hoffnung. Die Vitalität ging im vergangenen Sommer derart stark zurück, dass der Satellit den Wald nicht mehr als Wald erkannte. Das Potenzial solcher Satellitendaten sei immens. «Unsere Vorlaufzeit wird dadurch besser. Wir können den Zustand des Waldes besser beobachten und Veränderungen frühzeitig erkennen», erklärt Weber. Die Satellitenbilder seien ein weiteres Beobachtungsinstrument und ergeben eine objektivierte Aussage.
Zum wiederholten Mal betonten die Verantwortlichen des Amts für Wald beider Basel, dass sich der regionale Wald in einem klimabedingten Wandel befinde. Die Forstreviere und mit ihnen die Waldbesitzer – zumeist sind dies Bürgergemeinden – handeln dabei zweigleisig mit einer akuten Krisenbewältigung und der langfristigen Waldpflege, der Anpassung der Baumarten- und -sorten auf die gestiegenen Temperaturen und die verstärkte Trockenheit. 1,2 Millionen Franken wurden in den vergangenen 18 Monaten für die Erneuerung der Baselbieter Wälder ausgegeben. 73 Hektaren Wald wurden so wiederhergestellt.
Unerklärliche Schäden
«Das ist ein Tropfen auf den heissen Stein», macht Ueli Meier klar. Aktuell bestehen 87 Prozent der Fläche der Baselbieter Wälder aus Bäumen, die schlecht mit den steigenden Temperaturen und der Trockenheit zurechtkommen. Nur gerade 13 Prozent sind Baumarten, die wohl auch in Zukunft bestehen können. «Dieses Verhältnis wollen wir kippen», so Meier. Im Oberbaselbiet sei die Situation mit den Buchen nicht ganz so dramatisch wie in den Agglomerationsgemeinden. «Im Oberbaselbiet haben wir 200 bis 400 Millimeter mehr Niederschlag im Jahr. Das bietet den Buchen die Möglichkeit, noch etwas länger überleben zu können.» Im Oberbaselbiet sei die Weisstanne die grössere Herausforderung. Obwohl deren Wurzeln im Gegensatz zum Beispiel zur Fichte tief in den Boden reichen und sie dadurch mehr und länger Wasser aufnehmen können, gebe es bei Weisstannen enorme Schäden. Weshalb das so ist, könne man sich noch nicht erklären.
Die Kosten für diese Walderneuerungen sind immens. Seit 2012 hat die Bürgergemeinde Pratteln auf 8 Hektaren Fläche 5000 neue Bäume gesetzt und dafür 180 000 Franken ausgegeben. «Wenn wir die Hälfte unserer gesamten Waldfläche gezielt mit klimaresistenten Pflanzen ersetzen würden, kostet uns das 8 Millionen Franken», rechnet Prattelns Bürgerratspräsidentin Verena Walpen vor. Die Ausgaben für die Waldbesitzer steigen nicht nur wegen der Klimaerwärmung, sondern auch wegen der intensiveren Waldnutzung laufend an.
Die Waldbesitzer hoffen auf den Landrat, der heute entscheidet, ob der Kanton in den kommenden vier Jahren 4 Millionen Franken mehr an die Waldbesitzer zahlen soll. Die zuständige Kommission stimmte dem Vorhaben ohne Gegenstimme zu. «Der Wald wird anteilsmässig mehr öffentliche Ressourcen benötigen», mahnt auch Regierungsrat Thomas Weber. Die Frage sei aber, wie viel uns das vom Gesamtkuchen wert ist.