Landauf, landab verhüllte Sträucher
Ende der 1990er-Jahre verhüllten Christo und Jeanne-Claude die Bäume der Fondation Beyeler in Riehen. Jeden Mai tut dies die Pfaffenhütchen-Gespinstmotte mit dem Pfaffenhütchen.
Brigitt Buser
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Landauf, landab verhüllte Sträucher
Ende der 1990er-Jahre verhüllten Christo und Jeanne-Claude die Bäume der Fondation Beyeler in Riehen. Jeden Mai tut dies die Pfaffenhütchen-Gespinstmotte mit dem Pfaffenhütchen.
Brigitt Buser
In den vergangenen Wochen konnte man in Gärten, öffentlichen Anlagen, an Waldrändern oder an Gewässern Sträucher beobachten, deren Äste oder sogar der ganze Strauch in ein gräuliches Gespinst gehüllt sind, als wären wieder die beiden Verhüllungskünstler Christo und Jeanne-Claude unterwegs, um ihre Installationen in bescheidener Form zu wiederholen.
Dem ist aber nicht so. Betrachtet man die Sträucher etwas genauer, so entdeckt man in den Gespinsten teils unzählige Raupen, die nur eines tun, nämlich fressen. Und zwar so extrem viel, dass ihr Wirt in kürzester Zeit fast kahl ist, wobei auch die Rinde oft nicht verschont bleibt. Wer jetzt aber denkt, dass dieser Strauch dabei abstirbt, hat sich geirrt. Nur serbelnde oder noch ganz junge Pflanzen überleben diese Art der Gemeinschaft nicht.
Beim Wirt handelt es sich um das Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus), uns bekannt durch die auffallenden pink-orangefarbenen Früchte im Herbst. Der gierige Gast ist die Raupe (Larve) der Pfaffenhütchen-Gespinstmotte (Yponomeuta cagnagella). Zunächst in Platzminen der Futterpflanze lebend, bildet sie bald weitläufige Gespinste, in denen im Juni und Juli die Verpuppung stattfindet. Der ansonsten graue Nachtfalter mit einer Flügelspannweite von 18 bis 24 Millimetern hat reinweisse Vorderflügel, die mit 3 schwarzen Punktreihen besetzt sind.
Er fliegt von Juni bis August. Nach knapp 15 Tagen paaren sich die weiblichen Falter mit mehreren Männchen und legen ihre Eier in Gruppen von 50 bis 100 Stück an die Zweige des Wirts. Bis dann hat sich das Pfaffenhütchen wieder erholt und treibt auch willig aus. Eine Bekämpfung der Raupen ist daher nicht nötig.
Übrigens: Der Falter bildet nur eine Generation pro Jahr und ist unter anderem Nahrung für nachtaktive Tiere wie beispielsweise Fledermäuse.