Schnell, schneller, Schreiber
07.04.2020 Fussball, Gelterkinden, SportBeim FCG sorgt Trainer Roger Schreibers Sohn Kevin für Tempo
Seit zwei Jahren trainiert der ehemalige FCB-Spieler Roger Schreiber den Zweitligisten FC Gelterkinden. Eine der Teamstützen dort ist dabei sein Sohn Kevin. Im Sommer wechselt dieser jedoch in die 1. Liga ...
Beim FCG sorgt Trainer Roger Schreibers Sohn Kevin für Tempo
Seit zwei Jahren trainiert der ehemalige FCB-Spieler Roger Schreiber den Zweitligisten FC Gelterkinden. Eine der Teamstützen dort ist dabei sein Sohn Kevin. Im Sommer wechselt dieser jedoch in die 1. Liga Promotion.
Daniel Schaub
Es ist Dienstagabend auf der Sportanlage Wolfstiege. Ein grauer und trüber Tag neigt sich seinem Ende zu, der Eibach unterhalb des Kunstrasenfelds führt viel Wasser. Am Abend ist ein letztes Testspiel des FC Gelterkinden vor dem ursprünglich geplanten Rückrundenstart in der 2. Liga regional angesagt, gegen den SC Fulenbach.
Auf dem kleinen Mergelparkplatz hält ein Auto, Kevin Schreiber sitzt am Steuer, sein Vater Roger sitzt auf dem Beifahrersitz, so wie meistens, seit er sich im Jahr 2002 mit einer Fahrschule selbstständig gemacht hat.
Roger Schreiber, 44-jährig, war beim FC Gelterkinden nach dem legendären Beat Sutter, der es zum Schweizer Nationalspieler gebracht hatte, das nächste grosse Talent, das es auf die höchste nationale Stufe schaffte. Mit 15 Jahren hatte er sich der Nachwuchsabteilung des FC Basel angeschlossen, in der Aufstiegssaison 1993/94 stand er im Kader von Trainer Claude Andrey, das nach fünf Jahren in der Nationalliga B die lang ersehnte Rückkehr in die oberste Schweizer Liga schaffte. Er machte dort noch zwei Spiele, ehe er 1996 zum SV Muttenz in die 1. Liga wechselte.
Der 1,66 Meter grosse Flügelspieler hatte eine grosse Qualität: die Schnelligkeit. Noch zwei Mal spielte er in der Nationalliga B: beim FC Baden und zum Abschluss der ausserregionalen Karriere 2001/02 beim FC Concordia Basel. Danach kehrte er zurück, zum FC Gelterkinden, spielte später noch einmal zwei Jahre in Liestal, ehe er die Laufbahn mit einer Saison beim örtlichen FC Galaxy ausklingen liess. Es war eine Gefälligkeit an seinen langjährigen Förderer Daniel Senn, der dort Trainer war.
Die nächste Hoffnung
Kevin Schreiber, 20-jährig, ist so etwas wie die nächste Hoffnung beim FC Gelterkinden. Vom Vater hat er die Schnelligkeit geerbt. «Er ist sogar noch etwas schneller als ich», räumt Roger Schreiber ein. Was er seinem Sohn nicht von Natur aus mitgegeben habe, sei die Schusstechnik, die eine weitere Stärke von Kevin sei. Deshalb sei er sowohl ein guter Vorbereiter als auch ein guter Torschütze. Sieben Mal hat er in der laufenden 2.-Liga-Meisterschaft getroffen.
Roger Schreiber kennt seinen Sohn fussballerisch wie kein Zweiter. Die meisten Nachwuchsjahre haben sie gemeinsam verbracht. Schon bei den F-Junioren war der Vater der Trainer des Sohns, später auch bei den D-, C- und B-Junioren. Auf den beiden älteren Stufen gelang dem Team jeweils der Aufstieg in die interregionale «Coca-Cola Junior League». «Im Nachwuchs war ich nichts Besonderes», sagt Kevin Schreiber. Immerhin aber hat er bei der FE-13 des FC Liestal ein Jahr lang im Footeco-Projekt mitgespielt, mit der U17 des FC Basel 1893 war eine Doppellizenz angedacht. Doch dazu kam es schliesslich nicht.
Auch als es darum ging, beim FC Gelterkinden den Schritt zu den Aktiven zu machen, entschied sich Kevin Schreiber, zunächst eine Saison in der zweiten Mannschaft zu machen, um sich an die Anforderungen zu gewöhnen. «Ich wollte einen besseren Einstieg haben.» 23 Tore und einen Aufstieg in die 3. Liga später war allerdings der Schritt in die erste Mannschaft, mit der er zuvor einmal die Woche schon mittrainiert hatte, die logische Konsequenz.
Der Ausbildner
Roger Schreiber sieht seine Stärken als Trainer primär im Ausbildungsbereich. Deshalb hat er sich über viele Jahre im Nachwuchs bewegt. Schreiber ist kein Lautsprecher, aber er versteht den Fussball aus vielschichtigen Erfahrungen heraus. Dennoch begab er sich im Jahr 2017 in den Aktivbereich, wurde zunächst Assistent des damaligen Coaches Jonas Uebersax. Das Duo harmonierte und war erfolgreich.
Als Uebersax ein Jahr später zum SC Binningen in die 2. Liga interregional wechselte, wollte er Assistent Schreiber gleich mitnehmen. Dieser entschloss sich indes, das Angebot des FC Gelterkinden als neuer Cheftrainer anzunehmen. «Einerseits aus beruflichen Gründen und aufgrund der Distanz, andererseits aus Verbundenheit zum Verein.»
Der Einstieg in die neue Aufgabe war nicht ganz einfach. Schreiber führte eine Dreierabwehrkette ein. Das funktionierte nicht wie gewünscht, «wir waren zu anfällig», sagt er. Nach der Vorrunde lag er nur einen Punkt vor dem SV Sissach und damit auf einem Abstiegsplatz. Die Rückrunde hingegen war das pure Gegenteil, die Rettung bald gewährleistet. Schreiber hatte den Turnaround geschafft. «Ich wusste, dass wir solid genug sind, um in der 2. Liga im Mittelfeld zu spielen. Wichtig war damals auch die Rückendeckung durch den Vorstand.»
Ab Sommer bei den Black Stars
Kevin Schreiber hat seinen Vater in dieser Phase bestärkt: «Es liegt nicht an dir», hat er ihm immer wieder versichert. Das Verhältnis der beiden ist eng. «Wir hatten es immer gut», sagt der Sohn. «Ich bin glücklich, dass er sich in der 2. Liga zum Leistungsträger entwickelt hat», so der Vater. Auf dem Fussballplatz sprechen sie sich normal mit Vornamen an, das war immer schon so. Probleme sehen sie in diesem besonderen Verhältnis keine. Zu lange sind sie nicht nur privat eine Familie, sondern auch auf dem Fussballplatz. Kevins jüngerer Bruder Loris bringt auch viel Talent mit: Er spielt bei der U14 des FC Basel unter Trainer Werner Mogg.
Kevin Schreiber ist ein Spieler, der auf dem Platz sofort auffällt. Er hatte schon diesen Winter viele Anfragen, auch von höherklassigen Klubs. Er hat sich aber zunächst gegen einen Wechsel entschieden. «Ich will das hier in Gelterkinden sauber zu Ende führen», sagt er. Im Sommer wechselt er zu den Black Stars nach Basel – in die 1. Liga Promotion. «Ich bin froh, dass er bereit war, uns als einer der Torgaranten in der Rückrunde noch zu helfen, auch wenn das momentan nicht möglich ist», sagt Roger Schreiber. Mit gutem Grund. Im Testspiel an jenem trüben Dienstagabend gegen den SC Fulenbach erzielt Kevin Schreiber vier Tore zum 5:0-Erfolg.
Der FC Gelterkinden hätte noch einiges vorgehabt in der zweiten Saisonhälfte. Einerseits wollte das heimstarke Team die bisher sehr bescheidene Auswärtsbilanz (nur 3 Punkte) aufpolieren, andererseits wäre der Nepple Basler Cup ein grosses Ziel gewesen. Für Kevin Schreiber, der derzeit bei der Spitex Sissach eine Weiterbildung zum diplomierten Pflegefachmann absolviert, hätte das ein glanzvoller Abschluss sein können. Doch noch ist ungeklärt, ob und wie der Cup diese Saison abschliessen kann.
Und für Roger Schreiber? Er lässt seine Zukunft noch offen. Grundsätzlich würde ihn das 2.-Liga-Team in Gelterkinden weiterhin reizen, aber er würde auch seine Söhne gerne spielen sehen – eine grosse Herausforderung für den Terminkalender.