Optimistisch dank Solidarität
02.04.2020 Bezirk Waldenburg, Niederdorf, WirtschaftDie Tschudin Haustechnik AG in der Corona-Zeit
Auch das Traditionsunternehmen Tschudin Haustechnik AG ist stark von der gegenwärtigen Ausnahmesituation betroffen. Doch den Kopf in den Sand stecken wollen die Niederdörfer deswegen nicht.
Elmar ...
Die Tschudin Haustechnik AG in der Corona-Zeit
Auch das Traditionsunternehmen Tschudin Haustechnik AG ist stark von der gegenwärtigen Ausnahmesituation betroffen. Doch den Kopf in den Sand stecken wollen die Niederdörfer deswegen nicht.
Elmar Gächter
Zweifellos hat das Unternehmen, das Erwin Tschudin 1876 gegründet hat, schon manche Stürme erlebt. Die beiden Weltkriege oder die Spanische Grippe mussten sehr einschneidend für das Firmengeschehen gewesen sein, aber es scheint, dass die jetzige Coronakrise mindestens so tiefe Spuren hinterlässt. Vor allem die Geschwindigkeit, die das Virus tagtäglich, ja stündlich und weltweit an den Tag legt, ist geradezu unheimlich.
Diese Lawine hat auch die Gewerbetreibenden überrollt. «Unsere Aufträge sind innert weniger Tage fast auf null zusammengebrochen. Sie beschränken sich praktisch nur noch auf Notreparaturen», sagt Michael Tschudin, der zusammen mit seinem Bruder Roger die Tschudin Haustechnik AG in Niederdorf leitet. Die beiden haben den auf Sanitär, Heizung und Wasserversorgung spezialisierten Betrieb 2010 übernommen und führen heute 25 Mitarbeitende auf der Lohnliste.
Es bleibe die Hoffnung, das stark schwindende Auftragsvolumen mit Arbeiten in Neubauten mindestens teilweise abzufedern. Allerdings werde auch dies mehr und mehr infrage gestellt. Grössere Baustellen würden sukzessive eingestellt, weil die Hygieneund Abstandsvorschriften nicht eingehalten werden könnten. «Gerade erst teilte uns ein Baumeister mit, dass er die Arbeit an einem Projekt, an dem wir beteiligt sind, bis auf Weiteres unterbrechen muss», so Michael Tschudin. Dies habe dramatische Folgen, auch für das Nebengewerbe, das damit ebenfalls zum Nichtstun verdammt sei.
Provisorische Handwaschbecken
Diese Situation fordert die Verantwortlichen in ganz besonderer Weise. Sie müssen sich zurzeit mehr darum kümmern, wie sie ihre Mitarbeitenden vor einer Ansteckung schützen, als um das rein Technische. «Wir wollen gesunde Mitarbeiter, dies ist in unserem Leitbild oberste Maxime», hält Tschudin fest. So würden sie ihre Mitarbeitenden nur mit Mundschutz und Desinfektionsmitteln ausgerüstet auf Einsätze schicken, auf Baustellen sogar mit provisorischen Handwaschbecken.
Vor jedem Einsatz, vor allem auch bei Notsituationen, werde das Risiko der Ansteckung abgeschätzt und erst dann entschieden, ob der Auftrag ausgeführt wird. In den allermeisten Fällen lasse sich eine Lösung finden. «Wir halten unsere Mitarbeiter an, wenn nötig Leute aus dem Arbeitsraum zu weisen, wenn der vorgeschriebene Abstand nicht eingehalten werden kann», so Tschudin. Da zeigten viele Kunden grosse Einsicht. Es gebe aber auch Kunden, die hätten zu Hause lieber ein verstopftes WC, als Handwerker ins Haus zu lassen.
Die Tschudin Haustechnik AG legt seit Jahren grossen Wert auf die Lehrlingsausbildung. Allein vier Lernende sollten im Frühling ihre Lehrabschlussprüfung (LAP) ablegen. Michael Tschudin hofft, dass dies auch heuer im normalen Rahmen möglich ist. Als ehemaliger Prüfungsexperte kennt er die Räumlichkeiten, in denen die LAP stattfinden. Sie bieten aus seiner Sicht genügend Platz, den nötigen Abstand zwischen den Prüflingen zu schaffen. «Unfair fände ich es, wenn die Lernenden nur eine eigentliche ‹Mini-LAP› absolvieren könnten. Eine solche würde den Wert des Lehrabschlusses zweifellos mindern», ist Michael Tschudin überzeugt.
Verzicht auf Lohn angeboten
Mühe bereitet Michael Tschudin das Verhalten gewisser Gemeinden. Im Gegensatz zu Bubendorf, das für später vorgesehene Arbeiten an den öffentlichen Gebäuden forciere, blieben andere Kommunen wie in einer eigentlichen Schockstarre. «Da fehlt mir das Verständnis, wenn man selbst einfache Arbeiten nicht jetzt, da wahrlich genügend personelle Kapazitäten vorliegen, nicht vorzieht», kritisiert er die öffentliche Hand.
Michael Tschudin ist Brunnmeister für verschiedene Gemeinden. Er gibt Entwarnung, es könnte hier personell zu Problemen kommen. «Wir sind vier Personen, die sich um die Wasserversorgung kümmern, darunter neben mir zwei weitere Mitarbeiter mit eidgenössischem Brunnmeisterdiplom.» Es werde praktisch nur noch in zwei Teams mit den jeweils stets gleichen Leuten gearbeitet, um einen allfälligen Virusübertrag auf andere Mitarbeiter zu vermeiden. Im Notfall könnten noch weitere Mitarbeitende für die Sicherheit der Wasserversorgung eingesetzt werden.
Michael Tschudin ist grundsätzlich optimistisch, die Krise bewältigen zu können. Er begründet dies einerseits mit der unbürokratischen Hilfe, die der Kanton Baselland zusammen mit der Kantonalbank offeriere. «Auch wenn wir sie im Moment nicht benötigen, ist es doch ein gewisses Ruhekissen», meint Tschudin. Am meisten beeindruckt ihn jedoch die Solidarität seiner Mitarbeitenden. «Da kommen doch wirklich Angestellte zu mir und bieten an, bei Liquiditätsproblemen der Firma vorläufig auf die Auszahlung ihres Lohns zu verzichten.» Dies sei ein ganz wichtiges Zeichen, dass alle im gleichen Boot sässen. «Dabei müssen wir Chefs zwar steuern, aber es ist die Mannschaft, die den Motor am Laufen hält», ist Michael Tschudin überzeugt.