MUNDART
02.04.2020 RegionGuetschyyn
Isch jo grad e gueti Zyt zum d Wohnig äntlig mol richtig usmischte. Aber wo söll me do nummen aafoo? Nach langem Hi-und-Härstudiere han i mi für myni Guetschyyn entschiide. I ha ebe drum e sones schwarzes Kartonchischtli mit sämtlige ...
Guetschyyn
Isch jo grad e gueti Zyt zum d Wohnig äntlig mol richtig usmischte. Aber wo söll me do nummen aafoo? Nach langem Hi-und-Härstudiere han i mi für myni Guetschyyn entschiide. I ha ebe drum e sones schwarzes Kartonchischtli mit sämtlige Guetschyyn drinn, won i während myne 27 Johr uf däm Planet scho zämmegsammlet ha.
I drääih s Chischtli aso um und leer die öbbe 500 Guetschyyn uf my Schrybtisch. Der erscht Guetschyyn, won i us däm Bärg usepflück, isch en Yydritt für es Kino. Der Guetschyyn weer no gültig, aber s Kino gits sit drüü Johr nümm. I ghei en in Chübel und nimm en andere: Dä isch vo myner chlyne Schwöschter. Hani 2002 uf my nüünte Geburtstag überchoo. «Einmal dein Zimmer aufräumen», stoht uf däm lycht vergilbte Papyyrli. Ich drääihs um: Kei Ablaufdatum.
Ich wirf e Blick uf my chaotischi Wohnig und denn lüt i myner Schwöschter aa. Cha se jo mol froge, öb si am erschte Wuchenänd, wo die Pandemie verby isch, scho öbbis plant het. Mit em Delifon am Ohr wart i druf, ass si abnimmt und entdeck derby en Yyladig für e Geburtstags-Party, wo hüt zobe stattgfunde hätt. Hüt macht aber sicher niemer e Party. Numme s Coronavirus macht e Party. Wil s Coronavirus dört isch, wos immer aane welle het. In der «Hall of Fame» vo de Pandemie.
Wohrschyynlig macht das Virus grad e richtigi Pandemie-Party, wo alli VIPs us der Pandemie-Szenen yyglade sy. Unter em Blitzgwitter vo de Pandemie-Paparazzi stolziert d Schweinegrippen im ene sautüüre Gucci-Aazug über e rote Teppich. D Vogelgrippe erschynt im ene muetige Fäderchleid. Und d Pescht, wo scho sehr jung sehr erfolgrych gsi isch, aber mittlerwyle numme non e Lachnummeren isch in der Communitiy, stolperet imene z groossen Aazug über e rote Teppich. Und wie an jedem Cüpli-Aalass, wird au bi der Pandemie-Party vornedure gschlyymt und hindedure so richtig aabegleschteret. D Masere, wo scho der dritt Campari Soda hinter d Rüschtig grömeret het, leit der Pocke beschwipst der Arm um d Schulteren und lallt ihren ins Ohr, ass dä Newcomer aso scho chly yybildet derhärchiem. Em Corona syg jo nid bewusst, was sonen Erfolg bedüti. Das isch nämlig e Druck, nonstop in der Öffentligkeit z stoh und presänt z blybe. «Muesch numme luege», meint d Masere, «au s Corona schiebt bald e Burnout.»
«Was isch los?», frogt my Schwöschter, wo si s Delifon äntlig abnimmt und mi derby mit eme Ruck us myne Pandemie-Gedanke rysst. Öb si ächt nach dere Corona-Gschicht my Wohnig würd cho ufruume, frog i se. I häig do ebe non e Guetschyyn vo ihre. Churz isch es rueig uf der andere Syte, denn ghör i öbbis raschlen und denn erklärt si mir, ass ich ihre Guetschyyn gärn chönni yylöse. Numme müess i mir bewusst sy, ass si denn myni Guetschyyn au yylöst. Si häig do no öbbe 10 Brunch-Guetschyyn, acht für es Znacht, zwöi Mol Städtereis und 15 Mol Zimmer-Ufruume. Dasch ebe s Brobleem bi dene Guetschyyn, si häi immer neumen e Hogge!
Dominik Muheim ist in Reigoldswil aufgewachsen und lebt in Liestal. Er ist freischaffender Kabarettist und Slam-Poet. Er ist Poetry-Slam-Schweizer-Meister 2017 und gewann im selben Jahr den Baselbieter Kulturpreis.