Jungbäume und Förster im Stress
17.04.2020 Baselbiet, LandwirtschaftDie Trockenheit setzt dem Wald zu – wieder
Die Trockenheit dieses Frühlings hat die Waldbrandgefahr massiv erhöht. Die oberflächlich ausgetrockneten Waldböden machen insbesondere Jungpflanzen zu schaffen.
Christian Horisberger
Im ansonsten so regnerischen ...
Die Trockenheit setzt dem Wald zu – wieder
Die Trockenheit dieses Frühlings hat die Waldbrandgefahr massiv erhöht. Die oberflächlich ausgetrockneten Waldböden machen insbesondere Jungpflanzen zu schaffen.
Christian Horisberger
Im ansonsten so regnerischen April ist es so trocken wie sonst meistens erst im Sommer. Gefährlich trocken: Während der vergangenen Wochen hat es im Wald mehrmals gebrannt. Die Baselbieter Polizei registrierte im Zeitraum vom 23. März bis zum 11. April im Kanton sieben Waldbodenbrände. Alle wurden ausgelöst durch Glut von Feuerstellen, die Laub entzündeten. Die Brände verliefen dank raschem Handeln der Feuerwehr glimpflich. Die Gefahrenlage dürfte sich so rasch nicht entspannen: In den beiden kommenden Wochen sind keine Regenfälle vorhergesagt.
Der Kantonale Krisenstab hat reagiert und am Dienstag die Waldbrandgefahrenstufe 4 (von 5) ausgerufen. Das heisst, dass im Wald, in Waldnähe und im Freien nur noch in fest eingerichteten Feuerstellen «gebrätelt» werden darf – mit aller gebotenen Vorsicht. Dem Sissacher Gemeinderat geht das nicht weit genug: Er hat am Mittwoch ein generelles Feuerverbot auf dem ganzen Gemeindegebiet erlassen – feste Feuerstellen inklusive.
Die erhöhte Waldbrandgefahr sei umso ernster zu nehmen, da im Wald noch viele dürre Bäume stünden, denen die Trockenheit vom Sommer 2018 den Garaus gemacht haben, sagt Ueli Meier. Der Leiter des Amts für Wald beider Basel sorgt sich zudem um Jungbäume, die erst im vergangenen Herbst gepflanzt worden sind. Deren Wurzeln reichten noch nicht tief genug in die Erde, um ausreichend Feuchtigkeit aus dem Waldboden zu ziehen. Bleibe es weiterhin trocken, würden die Bäumchen absterben und die Pflanzungen müssten wiederholt werden. Eine Bewässerung der Jungpflanzen via Schläuche oder mit der Unterstützung der Feuerwehr löse das Problem nicht, erklärt Meier. Da sei bestenfalls «ein Tropfen auf den heissen Stein».
Setzlinge im Kühlschrank
«Jetzt Jungbäume zu pflanzen, kann man an den meisten Stellen vergessen», ergänzt Balz Recher, Chef des Forstreviers Riedbach (Bubendorf, Lupsingen, Seltisberg, Ziefen). Der Boden sei dafür zu trocken. Manche Forstbetriebe beliessen die bestellten Setzlinge in den Kühlhäusern der Baumschulen. Sollte es im Mai ausgedehnt regnen, würden die Pflanzungen noch im Frühling stattfinden, sagt Recher, wenn nicht, seien die Pflänzchen kaputt und es müssten für einen neuen Anlauf im Herbst neue gezogen werden.
Als ob dem nicht genug wäre: Wegen Wärme und Trockenheit befürchtet Recher eine starke Zunahme der Borkenkäfer-Population. «Der Käfer vermehrt sich derart, dass es dem Teufel graust.» Borkenkäfer befallen Nadelbäume, deren Anteil im Baselbiet bei rund 30 Prozent liegt. Für betroffene Waldeigentümer ist der wirtschaftliche Schaden gross.
Klares Bild nach Dürre-Sommer
«Ein trockener Frühling ist gar nicht so selten», sagt Amtsleiter Meier, um eine Einordnung der aktuellen Lage bemüht. «Den hatten wir bereits 2016, 2014 oder auch 2012.» Durch reichlich Regen im vergangenen Winter stünde es um die Wasserversorgung des Waldes zur Zeit gar nicht schlecht. Sollten aber ausgedehnte Regenfälle über eine längere Dauer ausbleiben, drohe ein Szenario wie schon 2019 mit weiteren absterbenden Bäumen von Arten, die mit der Wasserknappheit schlecht zurechtkommen.
Kommt dieser Regen nicht, fürchtet Meier Trockenheitschäden, wie sie 2019 aufgetreten sind. Aufgrund der in den vergangenen Jahren gemachten Untersuchungen, weiss man, dass die Auswirklungen und Trockenperioden erst im zweiten Jahr nach dem Ereignis wirklich sichtbar werden. Demnach sind für 2020 noch einmal Schäden wie 2019 zu erwarten. Regnet es im Mai nicht, könne es noch schlimmer kommen. Es sei deshalb eine Auswertung von Satellitenbildern in Vorbereitung, die eine erste Beurteilung des Zustands des Waldes ermögliche.
Die Forstbetriebe bleiben gefordert. Zum einen gelte es weiterhin, die Waldbesucher vor herunterfallenden Ästen dürrer Bäume zu schützen. Zum anderen müssten Baumarten gefördert werden, welche die Trockenheit vertragen. Diese seien bei Auslichtungen stehen zu lassen und bei Neupflanzungen zu forcieren. «Man kann einiges bewirken, wenn man sich überlegt, welche die Bäume der Zukunft sind.»
Unberührt lässt die Situation des Waldes keinen der beiden Forstspezialisten. Recher sagt, dass es ihm weh tue, wenn sein Wald kaputtgehe. Er fühle sich für ihn verantwortlich. Meier nimmt es mit einem Augenzwinkern: «Da wegen Corona alle Banntage abgesagt sind, darf es im Mai so richtig schütten – zum Wohl des Waldes.»
Wieder eine dürre Heuernte?
ch. Die ausbleibenden Niederschläge im April treiben auch den Landwirten die Sorgenfalten auf die Stirn: Das Gras wächst nur spärlich, die Halter von Rindvieh bangen ums Heu für den Winter. «Falls in den kommenden drei Wochen kein Regen fällt, wird es praktisch kein Heu geben», zitiert die BaZ Pascal Simon vom Zentrum Ebenrain.
In dem Fall müssten Bauern entweder ihre Viehbestände verkleinern oder Heu zukaufen.