Wie gehts weiter?
Wir verlieren im Moment alle etwas. Wir verlieren Geld, sozialen Austausch, Freiheiten und schlimmstenfalls sogar unsere Liebsten. Wir sind und werden eingeschränkt. Das Coronavirus hält uns in Atem wie kaum ein Ereignis der vergangenen Jahrzehnte. Wie ...
Wie gehts weiter?
Wir verlieren im Moment alle etwas. Wir verlieren Geld, sozialen Austausch, Freiheiten und schlimmstenfalls sogar unsere Liebsten. Wir sind und werden eingeschränkt. Das Coronavirus hält uns in Atem wie kaum ein Ereignis der vergangenen Jahrzehnte. Wie beeinflusst die Krise mein Sportlerleben?
Erstens ist unsere Trainingshalle geschlossen, das übliche Gruppentraining im Nationalkader fällt aus. Zweitens finden keine Wettkämpfe mehr statt, weder international noch in der Schweiz. Drittens wurde die Olympia-Qualifikationsphase unterbrochen, ich konnte in diesem Jahr noch kein Einzel-Turnier bestreiten. Viertens sind meine nach dem eigentlichen Ende der Quali-Phase geplanten ersten «richtigen» Ferientage seit Dezember 2018 nicht mehr realisierbar.
Dass ich nicht mehr in der Halle Badminton trainieren kann, ist für mich einschneidend. Normalerweise verbringe ich täglich über fünf Stunden mit dem Racket. Jetzt mache ich einfach ein anderes Programm, Athletik-Training: Laufschule, Seilspringen, Gesundheitstraining mit «Sypoba», Kraft- und Beweglichkeitstraining, Footwork, Intervalle, Rennvelo-Fahren. Ich will bei einer Rückkehr nicht nur mein altes Level haben, sondern athletisch besser sein.
Dass nun die Turniere lange ausfallen, ist für mich kein neues Gefühl. Ich erlebte dies bereits 2018, als ich wegen meiner Lungen-OP keine Turniere bestreiten konnte. Jetzt ist es aber sehr herausfordernd, nicht zu wissen, wann es wieder losgeht. Ich kann keinen Saisonstart anpeilen oder einen steigernden Aufbau gestalten. Ich bin auf Stand-by.
Dass die Olympia-Quali unterbrochen wurde, ist für andere Athleten bestimmt schwieriger als für mich. Leider hatte es sich bei mir schon früher abgezeichnet, dass es nur noch rechnerisch reichen würde. Hoffnung und Glaube in mehrere Exploits nacheinander hatte ich, doch diese Möglichkeit wurde mir genommen. Wie die Qualifikation für die verschobenen Spiele 2021 aussieht, ist unklar.
Dass Ferien ein Luxusgut sind, dessen war ich mir schon immer bewusst, jetzt sind sie halt gestrichen.
Ich glaube, dass die Coronakrise überall ihre Spuren hinterlassen wird. Doch wie wird es im Sport sein? Werde ich meine Karriere im Profisport überhaupt weiterführen können? Es beschäftigt mich, zu glauben, dass die Normalität, die ich mir zurückwünsche, wohl anders aussehen wird, als ich sie bis jetzt kannte. Niemand weiss es, und es herrscht Ungewissheit. Mit einem Virus lässt sich leider nicht verhandeln. Es bleibt nur zu hoffen, dass wir alle mit möglichst wenig Verlust aus dieser Zeit herauskommen werden.
Der 24-jährige Joel König aus Titterten ist Badminton-Profi. 2014 beendete er das Sportgymnasium in Liestal. Er trainiert für den Schweizer Durchbruch im internationalen Badmintonsport.