Wie gefährlich ist ein Spaziergang?
24.03.2020 BubendorfWarum Senioren trotz Covid-19 draussen unterwegs sind
Trotz des Appells der Behörden, die eigenen vier Wände nicht zu verlassen, zog es am Sonntagnachmittag viele nach draussen. Nicht wenige davon gehören laut BAG zur Risikogruppe. Warum gehen sie das Risiko ein, am ...
Warum Senioren trotz Covid-19 draussen unterwegs sind
Trotz des Appells der Behörden, die eigenen vier Wände nicht zu verlassen, zog es am Sonntagnachmittag viele nach draussen. Nicht wenige davon gehören laut BAG zur Risikogruppe. Warum gehen sie das Risiko ein, am Coronavirus zu erkranken?
Lara Uebelhart
Es ist Sonntagnachmittag. Die Sonne scheint und der Veloweg und der Spazierweg entlang der Frenke zwischen Bubendorf und Liestal eignen sich für einige Schritte an der frischen Luft. Dies trotz der eindringlichen Appelle der Behörden an die Bevölkerung, zu Hause zu bleiben. Es scheinen weniger Passanten unterwegs zu sein als sonst, die Wege sind aber keineswegs menschenleer. Unter den Spaziergängern befinden sich auch Männer und Frauen über 65, bei denen eine Coronaerkrankung einen sehr schweren Verlauf nehmen und sogar tödliche Folgen haben könnte.
Sie würden den empfohlenen Abstand von zwei Metern einhalten, erklären die Senioren, die wir bei ihrem Spaziergang ansprechen. Auf die frische Luft und das schöne Wetter wollten sie nicht verzichten. Ein Paar, er ist 72 und sie 70 Jahre alt, erklärt: «Es tut uns gut und hält uns auch seelisch zusammen. Wir wissen ja nicht, wie lange das noch andauern wird.» Die Abstandsregel würden sie einhalten.
Abstand halten
Einer anderen Seniorin geht es ähnlich: «Hinausgehen tut gut, vor allem, wenn man daran denkt, dass die Einschränkungen noch ein paar Wochen andauern.» Sie findet, den Abstand einzuhalten funktioniere gut. Ausserdem seien nicht zu viele Leute unterwegs; man komme aneinander vorbei. In die Stadt würde sie aktuell nicht mehr gehen, sagt die 67-Jährige. Aber sie sehe keinen Grund, darauf zu verzichten, in der Natur etwas frische Luft zu tanken. Dieser Meinung sind alle Befragten. Der Spaziergang wird von niemandem als Risikosituation eingestuft. Eine Seniorin aus Liestal meint sogar: «Wir machen uns eher Sorgen um junge Familien, die in beengten Verhältnissen leben. Wir haben Glück, wir wohnen in einem grossen Haus mit einem Garten.»
Auf dem Spazierweg gehen sich die Leute aus dem Weg. Bei engen Kreuzungen verlassen einige auch einmal den Pfad und weichen auf die Wiese aus, um den vorgegebenen Abstand einzuhalten. Ein 78-Jähriger erzählt: «Vorhin haben wir eine Frau gesehen und sind daraufhin ausgewichen und erst 20 Meter später wieder auf diesen Weg zurückgegangen.» Er und seine Frau würden Vorsicht walten lassen.
Andere Themen scheinen die älteren Frauen und Männer stärker zu beschäftigen als die eigene Sicherheit: Dass Grosseltern ihre Enkel nicht mehr «hüten» dürfen, ist für einige keine einfache Situation. Eine 70-jährige Liestalerin findet: «Ich kann nicht einfach daheim sitzen und einrosten. Ich komme mir eh schon unnütz vor, wenn ich nicht mehr helfen kann.»
Die Senioren, die wir ansprechen, erzählen von der Unterstützung ihres Umfelds und dessen Bereitschaft zu helfen. Einem Paar greifen für Einkäufe die Enkelkinder unter die Arme, eine Frau aus Liestal sagt: «Man schaut zueinander. Die Jüngeren denken an die Älteren.» So seien es oft die Kinder oder Enkelkinder, aber auch die Nachbarn, die von sich aus ihre Hilfe anböten. Eine 66-jährige Frau sagt, sie wisse noch nicht, ob sie nicht einfach weiterhin selber einkaufen solle. Sie sei erst am Tag zuvor von Costa Rica nach Hause gekommen und müsse noch «abtasten, was ich darf und soll». Ihr Problem sei, dass sie sich noch mehr informieren müsse. Sie sagt auch: «Ich bin keine ängstliche Person. Aber man muss an andere denken und mit gesundem Menschenverstand leben. Es ist wichtig, jetzt für sich, aber auch für andere Verantwortung zu übernehmen.»