Leere Worte sollen gefüllt werden
12.03.2020 ZiefenRamon Martin beschäftigt sich in seiner neuen Ausstellung mit dem Klimawandel
Garten und Kunst: Zwei Leidenschaften, die Ramon Martin aus Ziefen tagtäglich begleiten und viel miteinander gemeinsam haben. Wie kommt ein Gärtner dazu, Kunst aus herumliegenden ...
Ramon Martin beschäftigt sich in seiner neuen Ausstellung mit dem Klimawandel
Garten und Kunst: Zwei Leidenschaften, die Ramon Martin aus Ziefen tagtäglich begleiten und viel miteinander gemeinsam haben. Wie kommt ein Gärtner dazu, Kunst aus herumliegenden Gegenständen zu schaffen? Ein Blick hinter das Schaffen des Baselbieter Gartenkünstlers.
Lara Uebelhart
Seit 15 Jahren stellt Ramon Martin nun seine Werke aus. Sich selbst als Künstler und seine Kreationen als Kunst zu bezeichnen, damit habe er immer noch Mühe, erklärt der Ziefner. Kunst bedeute für jeden etwas anderes und komme auf den Betrachter an. Seit er auch öffentlich, wie zum Beispiel bei «Visionen 19», ausstelle, gewöhne er sich aber immer mehr an den Begriff.
Für Ramon Martins Schaffen spiele Spiritualität eine grosse Rolle. Seine Werke entstehen durch Inspiration. Woher diese komme, könne er nicht sagen, so der 57-Jährige. Er erklärt: «Zufall ist nicht das richtige Wort dafür. Zugefallen vielleicht eher.» So käme er in einen «Flow» und das seien die besten Momente. «Ich bin sehr dankbar, wenn das passiert. Es flasht mich», sagt er.
Jung ins Gefängnis
Ramon Martins Karriereweg verläuft mit Kurven, unerwarteten Wendungen und Sackgassen. Er habe das Gymnasium mit Schwerpunkt Sprachen besucht. Schon damals habe er gerne gemalt, sein jetziger Beruf sei aber nicht absehbar gewesen. Darauf folgte ein Jahr Praktikum in der Arbeit mit Behinderten. «Meide Idee war eigentlich, Krankenpfleger zu werden», so Martin. Doch aufgrund seiner Militärdienstverweigerung sei dies nicht mehr möglich gewesen. Der genannte Grund: Er habe ein Autoritätsproblem. Deswegen musste Ramon Martin fast ein halbes Jahr ins Gefängnis. Mit 22 Jahren wurde er daraufhin jung Vater. «Studieren war dann überhaupt nicht denkbar», so der Künstler. Um irgendwie Geld zu verdienen, suchte er eine Stelle als Hilfsarbeiter. So kam es, dass er bei einem Gärtner anfing und eine verkürzte Gärtnerlehre absolvierte. «Direkt nach der Lehre habe ich mich selbstständig gemacht», erklärt er. Seither habe er seinen Gartenbaubetrieb und ist mittlerweile dreifacher Vater.
Mit «Gartenart» habe er seine Kreativität in die Gärten einbauen können, so Martin. Und das kam an. Beim Gärtnern gehe er auf den Ort ein und zeige Respekt vor dem, was schon da ist. Achtsamkeit und Intuition seien ihm wichtig. Aufgrund von Rückenschmerzen habe er sich vom «Bauen» etwas zurückgezogen, ist aber in der Planung und in begleitender Rolle noch dabei. Dies sei eine Umstellung, schaffe aber auch mehr Raum für die freie, kreative Arbeit.
Kunst aus Gesammeltem
Der 57-Jährige macht seit 30 Jahren Kleinskulpturen oder Einrichtungsgegenstände, zuerst als originelle Geschenke. «Ohne Idee oder Zeit, diese auszustellen», sagt er. Seit er im Liestaler Schild-Areal einen neuen Ort für «Gartenart» und damit auch ein grösseres Atelier habe, könne er sich mit seinem «Sammlertum» richtig ausleben. Ramon Martins Werke bestehen aus Material, das er unterwegs beim Spaziergang im Wald oder im Bach findet. Aus den Ferien bringe er Schwemmholz nach Hause und auch aus Mulden sammle er Gegenstände. «Das hat sich gelohnt. Unterdessen habe ich einen riesigen Fundus, angesammelt über die Jahrzehnte», sagt er. So käme er auch in einen Flow beim Erschaffen eines neuen Werks: «Ich kann einfach meine Kiste öffnen.» Mit dem grösseren Atelier kam auch ein Raum, um auszustellen. Und so stellt Ramon Martin seit 15 Jahren regelmässig seine Werke aus. Auf Anfrage von Peter Thommen habe er im Tonwerk Lausen dann zum ersten Mal in der «ungeschützten Öffentlichkeit» seine Kunst gezeigt.
Inspiriert von Greta
Bis zum 9. Mai ist in der «Visionen 19»-Ausstellung ein Kunstwerk von Ramon Martin zu sehen. Vom 13. bis 20. März stellt der Künstler zudem im Schild-Areal selbst aus. «Leere Worte und Wandel-Füller, Fake-News, Fakten und Fokus» heisst seine neue Ausstellung. Sie greift Themen auf, die viele beschäftigen: Klimawandel, Taten statt Worte, wo geht es hin? Empty Words, «Leere Worte», habe er aus der WEF-Rede von Greta mitgenommen. «Das ist genau mein Empfinden: Hört auf zu reden, fangt mal an!», erklärt Martin. Es sei Zeit, diese leeren Worte zu füllen. Mit «Wandel-Füller» will er eine Variante anbieten, wie dem Zustand begegnet werden kann. Wandel-Füller sind Menschen, die etwas anders machen und versuchen, etwas zu verändern. «Der Wandel ist nötig, früher oder später. Aber lieber jetzt», sagt der Ziefner.
In der Ausstellung befinden sich rund 99 Einzelstücke, 60 bis 70 davon sind seit Anfang Jahr entstanden. Der Raum, der sonst leer steht, wurde in Eigenregie ausgeleuchtet, verkabelt und eingerichtet. Der Aufwand sei ziemlich gross gewesen, aber der leere Raum sei auch eine Chance und biete eine gewisse Freiheit.
Die Ausstellungsstücke sind nach den Themen «Leere Worte, Wandel-Füller, Fake-News, Fakten und Fokus» geordnet und bilden eine Mischung aus schweren und leichten Themen. Wie es nach dieser Ausstellung weitergeht, sei noch ungewiss. Aber Martin betont: «Ich will sicher dieses Jahr noch etwas machen.»