Ist Efeu im Wald ein Problem?
13.03.2020 Gelterkinden, NaturIllegale Eingriffe beschäftigen das Forstpersonal
Im Wald von Gelterkinden häufen sich durchgeschnittene Efeustränge an Bäumen. Revierförster Andreas Freivogel betont, Efeu schade den Waldbäumen nicht. Er behält sich rechtliche Schritte wegen dieser unerlaubten Eingriffe ...
Illegale Eingriffe beschäftigen das Forstpersonal
Im Wald von Gelterkinden häufen sich durchgeschnittene Efeustränge an Bäumen. Revierförster Andreas Freivogel betont, Efeu schade den Waldbäumen nicht. Er behält sich rechtliche Schritte wegen dieser unerlaubten Eingriffe vor.
Otto Graf
Immer wieder kommt es vor, dass im Wald Bäume vom Efeu «befreit» werden. Auch im Gelterkinder Wald stellt das Forstpersonal fest, dass sich derartige Aktionen häufen. Die «Volksstimme» hörte davon und unterhielt sich deswegen mit Andreas Freivogel, der seit vielen Jahren als Revierförster des Forstreviers Farnsberg für das operative Geschäft im Wald zuständig ist. «Efeu gehört zum Ökosystem und verursacht im Wald praktisch keine Schäden. Die Pflanze behindert ebenso wenig den Holzzuwachs», stellt der Fachmann klar.
Ein gesunder Waldbaum, sagt er weiter, wachse dem Efeu davon. Höchst selten gelinge es der Pflanze, die Krone eines Baums zu überwuchern und diesem das Licht zu entziehen. Nur einmal in 35 Jahren habe er beim Entasten einer Tanne festgestellt, dass Efeu den Stamm an einer Stelle so stark umklammert habe, dass der Stamm wegen des Würgegriffs nicht mehr dicker werden konnte. Das habe dann bei einem Sturm zum Bruch an der Schwachstelle geführt. Freivogel räumt ein, dass es auf der Hand liege, in Gärten und Obstkulturen, in denen die Bäume in der Regel kleiner als 20 Meter sind, und wo die Nutzung der Früchte Priorität hat, das Wachstum des Efeus zu begrenzen oder zu verhindern.
«Ein mit Efeu umsäumter Stamm ist doch ein schöner Anblick und gehört zum Waldbild», führt Freivogel aus und verweist auf den Nutzen der Pflanze. So dient das Gewächs Käfern sowie Bienen, Hummeln, Wespen und anderen Insekten als Lebensraum und Futterquelle. Zudem bietet es Nistmöglichkeiten und Schlafplätze für Vögel. Das Efeu, präzisiert er, hafte mit seinen Ranken lediglich an der Rinde und entziehe dem Baum keine Nährstoffe.
Für das Rehwild ist Efeu offenbar ein Leckerbissen. Dazu Freivogel: «Haben wir einen Baum mit Efeubewuchs gefällt, ist im Winter, wenn das Futterangebot knapp ist, vom immergrünen Laub am anderen Tag nichts mehr zu sehen.» Für den Baum, der intensiver Sonneneinstrahlung ausgesetzt ist, sei Efeu zudem ein wichtiger Sonnenschutz. «Eine nackte Buche holt sich schnell einen Sonnenbrand, wenn die Rinde nicht geschützt ist», sagt der Forstfachmann.
Illegal und strafbar
Der Revierförster streift ausserdem die rechtliche Seite. Jedes Grundstück habe einen Besitzer, der im Grundbuch eingetragen ist. Das treffe auch auf den Wald zu, obwohl dieser öffentlich ist und von jedermann betreten werden darf. Die Holznutzung und andere forstliche Eingriffe hingegen seien dem Eigentümer vorbehalten. «Wenn jemand willkürlich an fremdem Eigentum an den Stämmen Efeustränge mit der Säge oder dem Beil durchtrennt, dann macht sich diese Person strafbar», gibt Freivogel unmissverständlich zu verstehen.
Auf dem Gelterkinderberg verweist der Forstexperte auf eine Tanne, an der ein oberarmdicker Efeustrang baumelt, auf Brusthöhe vorsätzlich durchtrennt. «Dieser Strang», so Freivogel, «fällt früher oder später herunter.» Leider zeigten zahlreiche andere Bäume das gleiche traurige Schadbild. Beim Aufrüsten von Nutzholz verursache das Entfernen der Efeustränge nur einen geringen Aufwand, sagt der Revierförster. Das sei schon immer so gewesen, und das gehöre nun einmal zum Arbeiten im Forst. «Im Wald», stellt er abschliessend fest, «gibt es absolut keinen Grund, wegen des Efeus irgendwelche Eingriffe vorzunehmen. Wer anderer Ansicht ist, verkennt die Fakten.»