Corona-Zentren halten sich für Ansturm bereit
27.03.2020 Baselbiet, LausenSeverin Furter
«Zurzeit ist es ruhig», sagt Arzt Reto Misteli, medizinischer Leiter der Abklärungsstation für Corona-Verdachtsfälle in Lausen, im Auftrag des Kantonalen Krisenstabs (KKS). In der Tat ist bei der Sporthalle Stutz in Lausen gestern Vormittag wenig ...
Severin Furter
«Zurzeit ist es ruhig», sagt Arzt Reto Misteli, medizinischer Leiter der Abklärungsstation für Corona-Verdachtsfälle in Lausen, im Auftrag des Kantonalen Krisenstabs (KKS). In der Tat ist bei der Sporthalle Stutz in Lausen gestern Vormittag wenig Betrieb, das Personal jedoch ist auf seinen Posten bereit. Angefangen beim Parkdienst und der Eintrittskontrolle durch den Zivilschutz bis hin zum medizinischen Fachpersonal, Ärzten und Angehörigen der Armee. Einzelne Personen, die sich abklären wollen, werden nach einem klar definierten Ablauf Schritt für Schritt durch die Abklärungsstation geführt. «Der Betrieb ist sehr gut angelaufen», sagt Misteli, der ansonsten als Hausarzt in Zunzgen seine eigene Gemeinschaftspraxis führt.
Besonders der allererste Betriebstag der beiden Abklärungsstationen – der Mittwoch vor einer Woche – war intensiv. Rund 600 Personen haben dabei die Zentren in Lausen und Münchenstein besucht. Dabei kam es zeitweise zu längeren Wartezeiten. «Einen solchen Betrieb von 0 auf 100 hochzufahren benötigt einfach seine Zeit», sagt Misteli. So habe es beispielsweise am ersten Tag noch einige Unklarheiten in gewissen Abläufen oder Probleme mit der IT-Infrastruktur gegeben, die es heute nicht mehr gibt.
Bescheid innert 24 Stunden
Als grösstes Problem habe sich aber die Wartezeit auf die Analyse der gemachten Corona-Abstriche herausgestellt: «Unser zuständiges Labor wurde mit Proben überflutet», sagt Misteli. So habe es sich als unrealistisch herausgestellt, dass Patienten mit Verdacht auf das Coronavirus Covid-19 innerhalb von fünf bis sechs Stunden eine Rückmeldung bekommen, ob der Abstrich positiv oder negativ ausgefallen sei. Das Konzept musste entsprechend angepasst werden. Heute sei es realistisch, innerhalb von 24 Stunden Bescheid zu erhalten, aber: «Zeitversprechen können wir keine machen», so Misteli.
In der ersten Betriebswoche der Abklärungsstation wurden total 3500 Personen betreut, wovon bei 55 Prozent ein Abstrich gemacht wurde. Aussagen, wie viele Patienten aus den Abklärungsstationen schliesslich positiv auf das Coronavirus getestet wurden, können derweil keine gemacht werden. «Die publizierten Zahlen sind Summen aller gemachten Tests», erklärt Misteli. So seien in diesen Statistiken auch die Befunde der mobilen Testteams oder des Kantonsspitals enthalten.
Die Abklärungsstation in Lausen ist im Vergleich zu Münchenstein etwas weniger ausgelastet. Rund 40 Prozent der Personen, die eine Abklärungsstation aufsuchen, besuchen jene im Oberbaselbiet. Die gestrige Ruhe weckt bei Verantwortlichen aber noch keine Hoffnungen: «Wir rechnen damit, dass wir in der kommenden Woche einen deutlichen Anstieg der Behandlungen verzeichnen werden», sagt Misteli. Diese Erwartung stütze sich auf die gemachten Erfahrungen in Italien, im Tessin oder auch in der Romandie. Einen konkreten Verlauf vorauszusagen, sei aber schlicht nicht möglich.
Für einen eventuellen Ansturm ist die Abklärungsstation in Lausen laut Misteli gerüstet. Nicht zuletzt, weil das notwendige Personal problemlos gefunden werden konnte. Rund 2000 Bewerbungen konnte der Kanton verzeichnen. Eingesetzt werden in Lausen bei Vollbetrieb maximal 52 Personen, die in drei Schichten rund um die Uhr arbeiten. Momentan sei aber noch kein Vollbetrieb notwendig, insbesondere nachts sei der Personalbestand auf ein absolutes Minimum reduziert. Entsprechend ist es auch noch kein Thema, die Abklärungsstation in Münchenstein ebenfalls während 24 Stunden zu betreiben, die Öffnungszeiten von 8 bis 20 Uhr bleiben dort weiterhin bestehen.
Geduld und Verständnis
Dass die Stationen nicht vollständig ausgelastet sind, gebe die Möglichkeit, weiterhin Optimierungen am Betrieb vorzunehmen und das Personal exakt zu schulen. Auch hat das Personal genügend Zeit, um sich beispielsweise um ängstliche Patienten zu kümmern. «Viele sind geduldig und bringen eine grosse Dankbarkeit zum Ausdruck, dass es eine solche Anlaufstelle gibt», sagt Lia Jeker, ärztliche Leiterin in Lausen. So würden die Patienten mehrheitlich auch Verständnis zeigen, wenn kein Abstrich auf das Coronavirus gemacht wird, weil dies von den zuständigen Ärzten und anhand der Richtlinien des Bundesamts für Gesundheit (BAG) als nicht notwendig angesehen wird. «Zudem bedeutet ein Abstrich noch nicht, dass man sich danach sicher fühlen kann», sagt Jeker. Und Misteli verdeutlicht: «Wir sind keine Abstrich-, sondern eine Abklärungsstation.»
Auch wenn es Ausnahmen gebe, die gemachten Erfahrungen seien durchaus positiv. Misteli lobt dabei die Arbeit aller Beteiligten: Der Kantonale Krisenstab, das Kantonsspital Baselland, die Ärztegesellschaft Baselland, der Zivilschutz und die Armee sowie private Organisationen wie Security- oder Reinigungsfirmen oder das Verpflegungsteam der AC Rossoneri müssen zusammenarbeiten, damit alles funktioniert. «Wir dürfen nicht vergessen, dass wir es hier mit einer hochkomplexen Angelegenheit zu tun haben.» Und schliesslich spüren Misteli und sein Team auch einen grossen Rückhalt und ein positives Echo aus der Bevölkerung: «Wir werden mit Kuchenspenden für unser Personal überhäuft», so Misteli mit einem Schmunzeln.