Flug über die Grenzen
13.02.2020 BaselbietSeit 1972 war der Wiedehopf in der Nordwestschweiz nur noch als Durchzügler anzutreffen. Vergangenen Sommer wurde erstmals wieder ein Brutpaar festgestellt. Damit sich die Vogelart bei uns dauerhaft wieder ansiedeln kann, gibt es aber noch viel zu tun.
Brigitt ...
Seit 1972 war der Wiedehopf in der Nordwestschweiz nur noch als Durchzügler anzutreffen. Vergangenen Sommer wurde erstmals wieder ein Brutpaar festgestellt. Damit sich die Vogelart bei uns dauerhaft wieder ansiedeln kann, gibt es aber noch viel zu tun.
Brigitt Buser
Lange sah es in der Nordwestschweiz sowie im grenznahen Ausland für den Wiedehopf schlecht aus. Wegen der industrialisierten und zunehmend monotonen Landwirtschaft fehlten dem Zugvogel zunehmend Nistgelegenheiten und Nahrungsgrundlage.
Ähnlich ging es der Rackenart mit prächtiger Federhaube im angrenzenden Ausland. In unserer Region galt der Wiedehopf um die Jahrtausendwende als so gut wie ausgestorben, kleine Restpopulationen gab es nur noch am Fuss der Vogesen (F) und am Kaiserstuhl (D).
Seit dem Jahr 2000 besteht das trinationale Bird-Life-Artenförderungsprogramm Steinkauz, Wiedehopf und weitere Arten von Bird-Life Schweiz in Zusammenarbeit mit Vogelschutzorganisationen in Südbaden und im Elsass. In unserer Region werden die Massnahmen unter anderem vom Basellandschaftlichen Natur- und Vogelschutzverband (BNV) und zahlreichen Landwirten umgesetzt. Ein erster Meilenstein ist geschafft: Im vergangenen Jahr hat ein Paar in der Nordwestschweiz gebrütet und mindestens drei Jungvögel aufgezogen.
Wie weiter?
Am Fuss der Vogesen im Elsass wird mit dem Einsatz von Nisthilfen in Trockensteinmauern und Komposthaufen dafür gesorgt, dass sich die Wiedehopfpopulation weiter erholen kann. Es werden nicht nur die Lebensräume des Vogels laufend gepflegt, sondern auch verbessert. Dazu gehört das Öffnen von verbuschten Magerwiesen, die Erhaltung von altem Hochstammobst oder die Sanierung von Trockensteinmauern. Es hat sich gelohnt: Von zwei Brutpaaren um die Jahrtausendwende ist der Bestand auf aktuell 78 angestiegen.
Eindrücklich ist auch die Entwicklung der Wiedehopfpopulation am Kaiserstuhl und Tuniberg (D): Hier brüten nach ähnlicher Aufwertung der Lebensräume seit einigen Jahren rund 120 Brutpaare.
Auch in der Nordwestschweiz ist man vielerorts daran, den Lebensraum für den Langstreckenzieher, der in der Sahelzone Westafrikas überwintert, ökologisch aufzuwerten. Dies ist schneller gesagt als getan, denn der Wiedehopf stellt hohe Ansprüche: Als fast ausschliesslicher Insektenfresser verlangt er ein üppiges Angebot an Grossinsekten wie Feld- und Maulwurfsgrillen, Engerlinge von Mai- und Junikäfer, verschiedene Raupenarten, darunter auch Larven von Nachtfaltern sowie Käfer, die er stochernd mit seinem langen, gebogenen Schnabel aus dem Boden zieht. Häufig erbeutet er seine Nahrung, indem er die Tiere am Boden laufend verfolgt. Gelegentlich fängt er langsam fliegende Insekten auch im Flug. Grössere Insekten bearbeitet er mit Füssen und Schnabel oder schlägt sie gegen einen Stein, um ihre Chitinpanzer aufzubrechen.
Auch muss ein geeignetes Nistangebot vorhanden sein. Dieses umfasst neben Ganz- oder Halbhöhlen (zum Beispiel in Bäumen, Bruchsteinmauern oder Holzstössen) auch Höhlungen unter Wurzeln oder andere Erdhöhlen. Als Brutbäume bevorzugt er hochstämmige alte Obstbäume, insbesondere Apfelbäume.
Wo keine natürlichen Höhlen vorhanden sind, werden auch Nistkästen angenommen, vorausgesetzt sie haben ein ausreichendes Raumvolumen und ein Einschlupfloch von sechs Zentimetern Durchmesser. Die Neststandhöhe liegt meistens in einem Bereich von bis zu fünf Metern Höhe.
Sichtung in Oberdorf
Laut Lukas Merkelbach von Bird-Life Schweiz wurde der Wiedehopf auf seinem Durchzug Richtung Norden schon einzeln in Oberdorf am Dielenberg-Südhang und in Waldenburg gesichtet. Im Rebberggebiet am Dielenberg wurden laut Thomas Amiet, Präsident des Natur- und Vogelschutzvereins Oberdorf, auch Nistkästen angebracht, da es dort ein gutes Nahrungsangebot gebe. Ebenfalls konnte man im vergangenen Frühjahr in Tenniken einen Wiedehopfdurchzügler bei seiner Rast beobachten. Sind die richtigen Voraussetzungen für eine Brut auch hier gewährleistet, wird er sich vielleicht bald bei uns zum Brüten niederlassen.