Über Pioniere des Mundartdichtens
06.02.2020 Bezirk LiestalSonder-Doppelausstellung über Jonas Breitenstein und Johann Peter Hebel
Das Dichter- und Stadtmuseum Liestal widmet sich zwei schreibenden Pfarrern: Dem Alemannen Johann Peter Hebel und dem Baselbieter Jonas Breitenstein. Wie der eine den anderen prägte und was die beiden verbindet, zeigt ...
Sonder-Doppelausstellung über Jonas Breitenstein und Johann Peter Hebel
Das Dichter- und Stadtmuseum Liestal widmet sich zwei schreibenden Pfarrern: Dem Alemannen Johann Peter Hebel und dem Baselbieter Jonas Breitenstein. Wie der eine den anderen prägte und was die beiden verbindet, zeigt die neue Sonderausstellung.
Barbara Saladin
Mundart sei ein «Kauderwelsch, das in die Literatur Einlass begehrt», echauffierte sich ein Kritiker über ein Buch, das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erschien. Der Autor dieses Buches (das übrigens gemäss den vernichtenden Angaben jenes Kritikers eine «hässliche Pflanze» sei): Jonas Breitenstein. Geboren 1828 in Ziefen, gestorben 1877 in Basel. Pfarrer, Armenhelfer, Schriftsteller. Und Hebel-Bewunderer.
Dialekt zwischen Buchdeckeln war damals selten. Über den Pionier der Baselbieter Mundartdichtung, Jonas Breitenstein, und dessen Vorbild Johann Peter Hebel wurde am Dienstag eine neue Sonderausstellung im Dichter- und Stadtmuseum Liestal eröffnet. Ihr Name: «Zeitzeugen und Pioniere der Mundartdichtung». Anlässlich der Vernissage erfuhr das interessierte, vor allem ältere Publikum viel Interessantes über die beiden Dichter.
Ein Teil der aktuellen Doppelausstellung besteht aus der Wanderausstellung, die vom Dreiländermuseum und vom Hebelbund Lörrach konzipiert wurde und von Hebels Schweizerreise im Jahr 1805 handelt. Dieser hatte seine «Grand Tour» als Begleiter von zwei adligen Zöglingen vor allem per Postkutsche und zu Fuss hinter sich gebracht. Der andere Teil der Ausstellung bringt den Binninger Pfarrer Jonas Breitenstein ins Spiel, der 46 Jahre später seinerseits während eines Studienjahrs in Göttingen durch Deutschland reiste. Zu sehen ist auch eine Auswahl von Handschriften, Briefen und Zeichnungen aus Breitensteins Nachlass. Dazu kommen Hör- und Lesestationen.
Vater aller Mundart-Autoren
Stadtrat Franz Kaufmann sorgte mit seinem launigen Grusswort für viel Heiterkeit. «Sprache ist viel mehr als Wörter, sie ist ein Stück Erlebnis und kann auch ein Stück Heimat sein», sagte er im Hinblick auf seine eigene, Hebel zitierende Grossmutter. Markus Moehring, der Leiter des Dreiländermuseums Lörrach, erzählte, dass Hebel in seiner Geburtsstadt Basel für sein alemannisches Werk in Wiesentäler Dialekt zuerst keinen Verleger fand und darum in Karlsruhe veröffentlichen musste.
Hebels Bewunderer Jonas Breitenstein griff gemäss dem Leiter des Dichter- und Stadtmuseums Liestal, Stefan Hess, die Form des alemannischen Gedichts von Hebel auf. Auch dessen Humor stand der gebürtige Oberbaselbieter nahe, der in einfachen Verhältnissen aufgewachsen war und dank Schulinspektor Kettiger eine höhere Schule in Basel besuchen konnte. Während 18 Jahren war er später Pfarrer in Binningen, das damals ein armes Dorf vor den Toren der Stadt war. «Jonas Breitenstein war der Vater aller Mundart-Autoren, egal, ob Traugott Meyer, Hans Gysin, Schnitzelbänkler oder Slam-Poeten», betonte Hess. Aber nicht nur ein Abbild des Dialekts des 19. Jahrhunderts schuf Breitenstein, sondern er zeigte auch die Alltagsrealität der damaligen Zeit, und wie sein Berufskollege Gotthelf wollte er die Leute mit seinen Geschichten auch erziehen.
Begleitende Veranstaltungen
Die Sonderausstellung über Hebel und Breitenstein wird von verschiedenen Veranstaltungen begleitet. Die erste findet bereits diesen Freitag im Dichter- und Stadtmuseum statt. Die Vernissage wurde musikalisch umrahmt vom «Stimmbänder-Quartett» unter der Leitung von Imogen Jans, und zwar mit a cappella gesungenen Gedichten Breitensteins.
Wichtiger Nachtrag: Der vernichtende Buchverriss zu Beginn dieses Artikels blieb ein Einzelfall. Ansonsten waren die vier Bücher, die Breitenstein im 19. Jahrhundert veröffentlichte, allseits beliebt. Sie liegen in Neuauflagen und zum Teil sogar als Hörbücher vor und seien allen ans Herz gelegt, die Mundartliteratur mögen.
Vortrag von Franz Littmann: «Johann Peter Hebel als Aufklärer», Freitag, 6. Februar, 19.30 Uhr Dichter- und Stadtmuseum Liestal.