MEINE WELT
10.01.2020 GesellschaftThe same procedure as every year
Das war es! Jahresrückblicke, so weit das Auge reicht. The same procedure as every year! James weiss es seit bereits fünf Jahrzehnten, in denen er sich und Miss Sophie mitsamt ihren imaginären Gästen regelrecht ...
The same procedure as every year
Das war es! Jahresrückblicke, so weit das Auge reicht. The same procedure as every year! James weiss es seit bereits fünf Jahrzehnten, in denen er sich und Miss Sophie mitsamt ihren imaginären Gästen regelrecht abfüllt. Ein Millionenpublikum kriegt sich nicht mehr ein vor Lachen, zu komisch stolpert der Alte über den ausgestopften Tiger. Tatsächlich, für den vergossenen Wein und das geschundene Fell schämt sich keiner. Na so was. Ich frage mich jedes Jahr, ob all jene, die sich vor Lachen kugeln, auch über die Silvesterleichen lachen, die über die Strasse kugeln.
Eine Freundin vom Blauen Kreuz klagte mir, es wäre ein Kreuz mit dem Blausein. Gefährlich, sage ich Ihnen. Vor allem auf der Strasse. Seit Beginn des neuen Jahres müssen Neulenker realitätsnahe Fahrsituationen, insbesondere Vollbremsungen, üben. Natürlich nicht auf der Strasse. Wir üben irre Szenen im Simulator. Das ist etwa dasselbe, wie wenn ich von Basel nach Zürich fliege und zur Kompensation ein paar Franken nach Ruanda überweise, damit die Affen im Dschungel auf den Bäumen bleiben können. Keine Strasse soll von irgendwo nach nirgendwo das ökologische Gleichgewicht stören. Apropos Gleichgewicht. Während des Velofahrens telefonieren ist seit diesem Jahr auch verboten und wird gebüsst. War das vorher erlaubt?
Überhaupt befinden wir uns auf der Überholspur, technisch gesehen. Wer heute kein Internet, kein Handy oder noch keinen Tesla besitzt, wird gnadenlos überfahren, übersehen oder gar nicht beachtet. Ich kenne ältere Menschen, die haben nichts von all dem. Die wissen auch nicht, dass der Weltpostverein bestimmt hat, dass Päckli ins Ausland künftig im Internet vorangemeldet werden müssen. Wohl dem, der sich in die Schlange vor dem Schalter stellt, nur um zu erfahren, er sei zu alt, zu hinterwäldlerisch und vor allem ein technisches Relikt aus früheren Zeiten.
Etwas Gutes bringt das neue Jahr dennoch. Ich kann meine alten Nötli dann umtauschen, wann ich will. Und es wird sportlich. In Japan finden diesen Sommer die Olympischen Spiele statt. Der Grossteil der Wettkämpfe wird in der Hauptstadt Tokio ausgetragen. Um das Ballungszentrum der Spiele zu entlasten, hat die japanische Tourismusorganisation eine Werbeaktion aufgegleist. Die Japan Airlines verlosen für diesen Sommer 50 000 kostenlose Hin- und Rückflugtickets für Inlandflüge an internationale Touristen. Ausgenommen Klimajünger. Die reisen nach dem Anflug mit der Bahn weiter. Ist das nicht toll?
Wissen Sie, wie viele Affen in Ruanda so auf ihren Bäumen sitzen bleiben können? Ich weiss es auch nicht, die Flüge sind ja kostenlos. Bevor wir nun alles Neue schlechtreden: Es gibt auch Good News. Die Welt ging nicht unter. Im Winter ist es nach wie vor kalt und der Tag lässt sich noch immer nur nachts verdrängen. Bildlich gesprochen wünsche ich Ihnen jetzt schon den Frühling ins Haus, mit einem Emoji, einem Pfirsichsymbol, das Richter auch schon als anzügliche Anspielung infrage gestellt haben. Happy new Year!
Claude Lachat ist Schriftsteller, 55 Jahre alt und wohnhaft in Nunningen. Er arbeitet als Programmleiter von Tandem 50 plus Baselland.