«Kompetenzen von früher reichen nicht aus»
03.01.2020 Baselbiet, Wirtschaft, Bezirk LiestalBLKB-CEO John Häfelfinger über eine neue Guthabengebühr für sehr vermögende Kunden
John Häfelfinger hat als Chef der Basellandschaftlichen Kantonalbank 2019 gross angelegte Änderungen umgesetzt, was nicht nur Lob brachte. Ein Interview über ein Logo in Sprechblasenform, einen Wandel ...
BLKB-CEO John Häfelfinger über eine neue Guthabengebühr für sehr vermögende Kunden
John Häfelfinger hat als Chef der Basellandschaftlichen Kantonalbank 2019 gross angelegte Änderungen umgesetzt, was nicht nur Lob brachte. Ein Interview über ein Logo in Sprechblasenform, einen Wandel ohne Personifizierung, Negativzinsen und Währungen der Zukunft.
Severin Furter
Seit drei Jahren ist John Häfelfinger als Präsident der Geschäftsleitung der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB) tätig. Auch wenn er sich strikt gegen Personifizierungen wehrt, hat der 48-Jährige dem Unternehmen im vergangenen Jahr einen neuen Stempel aufgedrückt: Ein neuer Markenauftritt oder die Umgestaltung der Filialen sind nur zwei Beispiele dieses Wandels, der nicht überall positiv aufgenommen wurde. Besonders im Verband der Schweizerischen Kantonalbanken wurde Kritik laut, die noch nicht verstummt ist.
Daneben muss sich Häfelfinger mit den Themen des alltäglichen Bankengeschäfts auseinandersetzen. Während die Thematik Negativzinsen intensiv beobachtet wird und ab dem neuen Jahr Kunden mit sehr viel Vermögen eine Guthabengebühr zahlen, lösen digitale Währungen bei der BLKB noch keinen grösseren Handlungsbedarf aus.
Herr Häfelfinger, was beschäftigt Sie als CEO der Basellandschaftlichen Kantonalbank momentan am meisten, wenn Sie am Morgen ins Büro kommen? John Häfelfinger: Ein grosser Teil meiner Tätigkeit ist Führungsarbeit und die Umsetzung unserer auf fünf Jahre ausgelegten Strategie, die wir mit sehr vielen Ideen und einer starken Konsequenz verfolgen. Zudem ist momentan die Planung des Jahres 2020 natürlich ein wichtiges Thema.
Ist es schwierig, eine Bank wie die BLKB zu führen?
Nein, eine Schwierigkeit ist es nicht, ich empfinde es als eine grosse Verantwortung, die Bank zu führen. Ich habe dabei das Glück, dass wir 685 Mitarbeitende sind, die enorm motiviert sind und viel Energie in unseren Betrieb stecken.
Die BLKB hat 2019 einen neuen Markenauftritt lanciert, der vor allem im Verband der Schweizerischen Kantonalbanken (VSKB) für Kritik gesorgt hat. Haben Sie damit gerechnet, dass das neue Logo und der damit verbundene Auftritt derart Wellen schlägt?
Ich habe gehofft, dass die Neupositionierung der Marke Wellen schlägt. Wir wollen mit dem neuen Logo signalisieren, dass wir als Bank eine Meinung haben und dass wir die Kommunikation mit den Kunden intensivieren wollen. Das, was derzeit in den Medien zu lesen ist, ist eine Diskussion innerhalb des VSKB rund um das Signet und hat eigentlich nichts mit dem Kern der Sache zu tun: Unser Auftritt ist nicht nur ein neues Logo in Sprechblasenform, sondern Ausdruck einer grundlegenden Haltung. Diese ist sehr gut angekommen bei den Kunden, was sich in der Steigerung der Kundenkontakte und von Geschäftsabschlüssen zeigt.
Wurden Sie davon überrascht, dass der neue Markenauftritt im eigenen Verband derart für rote Köpfe sorgt?
Ja, davon sind wir nicht ausgegangen. Aber es hat auch den positiven Effekt ausgelöst, dass wir uns nun als Kantonalbanken-Gruppe damit auseinandersetzen, wo gemeinsame Stärken liegen.
Eine Kantonalbank ist also nicht gleich Kantonalbank?
Jede Kantonalbank ist eine eigenständige Firma. Der Verband wurde ursprünglich gegründet, um Synergien zu nutzen. Das war früher deutlich einfacher, weil sich der Tätigkeitsbereich jeder Kantonalbank jeweils auf eine bestimmte Region beschränkt hat. Mit dem Vertrieb über die digitalen Kanäle, aber auch durch Tochtergesellschaften wurde diese territoriale Einschränkung aufgelöst. So ist man heute unter den Kantonalbanken gleichzeitig Verbündeter und Konkurrent. Das ist eine neue Situation, die noch intensiver werden wird. Mit dieser Tatsache müssen wir umgehen können.
In einem Interview sagten Sie einmal, die Marke BLKB müsse auch ausserhalb der Region funktionieren. Warum ist das so?
Ein wichtiger Grund dafür sind die digitalen Kanäle. Kunden holen sich heute ihre Informationen vielfach im Internet – auch zum Bankengeschäft. Dabei gibt es keine geografischen Grenzen mehr, entsprechend fahren wir eine Multikanal-Strategie. Das heisst, für uns sind im Kontakt mit den Kunden drei Bereiche wichtig: Die Beratung vor Ort in den Filialen, der Kontakt per Telefon und das Internet. Es gibt bereits jetzt Kunden, die ihr Bankgeschäft nur noch elektronisch abwickeln. Es gibt Geschäftsbereiche, beispielsweise jene der Online-Hypotheken und -Vermögensverwaltung, in denen wir mit Partnerschaften eine landesweite Ausstrahlung erreichen. Zudem ist es so, dass wir in unserer Region automatisch in benachbarte Gebiete wie die Stadt Basel, das Fricktal oder den Kanton Solothurn ausstrahlen.
Die BLKB hat in den vergangenen Monaten einen ziemlich umfassenden Wandel vollzogen: Begriffe wie neuer Markenauftritt, neue Organisationsstruktur, die Stärkung der Fachkarriere oder Hierarchieabbau sind nur ein paar Beispiele dafür. Ist das die Handschrift von John Häfelfinger?
Ich mag Personifizierungen nicht. Der Erfolg eines Unternehmens hängt nicht von einer Person ab. Es ist das Resultat aller Beteiligten: Vom Bankrat, der die Strategie festlegt, und der Geschäftsleitung, welche die Umsetzung verantwortet. Von unserem Haupteigentümer, dem Kanton Basel-Landschaft, der Vertrauen in uns hat. Und von den Mitarbeitenden, die tagtäglich für das Unternehmen und die Kunden arbeiten. Gemeinsam haben wir die BLKB zu einer agileren Organisation entwickelt. Das war auch mein klarer Auftrag, als ich zur BLKB gestossen bin.
Warum war diese Neuausrichtung notwendig? Haben Sie von Ihrem Vorgänger eine veraltete BLKB übernommen?
Jene Kompetenzen, die uns in der Vergangenheit als Bank erfolgreich gemacht haben, reichen nicht mehr aus, damit wir auch in Zukunft erfolgreich sein werden. Die Kundenbedürfnisse verändern sich und zwar in einer Geschwindigkeit wie nie zuvor. Das Geschäft ist komplexer geworden und die Kunden haben viel höhere Erwartungen. Ein Beispiel: Früher gab es eine Variante, sich pensionieren zu lassen, heute existiert eine Vielzahl an Möglichkeiten. Dies zählt für viele Bereiche des Bankengeschäfts.
Ein aktuelles Thema ist die Einführung von Negativzinsen. Die Zürcher Kantonalbank hat Negativzinsen für Konten mit Barguthaben ab 100 000 Franken eingeführt. Wann zieht die BLKB nach?
Wir sind weit von dieser Grenze entfernt. Anfang 2020 schauen wir bei Kunden mit Bargeldbeständen ab 1 Million Franken genauer hin.
Dennoch nochmals zurück zur Frage: Wann führt die BLKB die Negativzinsen ein?
Für uns ist es wichtig, dass wir eine Hausbank für unsere Kunden sind. Den bestehenden Kleinsparern belasten wir keine Negativzinsen. Das werden wir verteidigen, so lange es uns irgendwie möglich ist. Wir finden, dass sparen belohnt werden sollte. Allerdings wollen wir nicht, dass Kunden von Konkurrenten, die Negativzinsen einführen, «Wartegelder» bei uns parkieren. Nur Neukunden, die hohe Liquiditätsbestände bei uns deponieren, und punktuell gewisse bestehende Kunden mit sehr hohen Spareinlagen zahlen neu eine Guthabengebühr. Wir berücksichtigen dabei die Gesamtbeziehung. Der Freibetrag liegt bei 1 Million Franken.
Eine neuartige Entwicklung sind auch digitale Währungen: Was hält die BLKB davon?
Wir beobachten diese Entwicklung sehr genau und sind auch im Austausch mit Anbietern von solchen Währungen. Im Moment sehen wir noch keinen Einfluss auf den Zahlungsverkehr unserer Kunden. Digitale Währungen werden zurzeit primär als Spekulationsobjekt verwendet. Die Bedeutung solcher Währungen ist schwer einzuschätzen: Die Volatilität, sprich die Schwankungen der Währungskurse und des Marktes, sind enorm hoch. Es gibt noch keinen konkreten Nutzen hinter solchen Währungen, ausser die Anlage des Geldes an sich. Wir verfolgen das Thema, glauben aber, dass Geld im klassischen Sinn weiterhin wichtiger bleibt. Die Rahmenbedingungen, gerade punkto Sicherheit, müssen sich in diesem Bereich noch deutlich entwickeln. Es gibt zu viele offene Fragen in dieser Hinsicht.
Denken Sie, dass digitale Währungen Banken einmal ersetzen können?
Ganz und gar nicht, im Gegenteil. Die Komplexität und die Geschwindigkeit im Bankensektor hat derart zugenommen, dass vor allem der Beratungsbereich einer Bank noch wichtiger wird. Deshalb werden wir in diesem Sektor weiter aufrüsten.
Zur Person
sf. John Häfelfinger ist Präsident der Geschäftsleitung der Basellandschaftlichen Kantonalbank. Der 48-Jährige hat sein Amt im Jahr 2017 angetreten und von Beat Oberlin übernommen. Zuvor war er bei der Credit Suisse tätig.